Editorial über die steigenden Kosten des Wintersports
Skifahren ist das neue Golfen

Geht das mit der Preisentwicklung so weiter, wird der Pistenspass vom Breitensport zum Luxusgut für Besserverdienende.
Publiziert: 03.12.2023 um 10:22 Uhr
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Reza RafiChefredaktor SonntagsBlick

Schnee ist ein Segen, der von oben kommt: Er verlangsamt das Leben, er dämpft den Lärm, er überzuckert die Zivilisation. Deshalb eignen sich Winterlandschaften am allerbesten für Historienfilme. Meisterregisseure wie David Lean («Doktor Schiwago») oder Xavier Koller («Das gefrorene Herz») wussten das.

Vor allem weckt die weisse Pracht Kindheitserinnerungen. An Schneeballschlachten, Iglus bauen, Schlittelplausch – und natürlich an die Skilager, als sie noch zum Standardprogramm der Heranwachsenden in der Schweiz gehörten. Skifahren war Volkssport, der Mittelstand tummelte sich zur Hochsaison geschlossen zwischen Les Diablerets und Wildhaus, zwischen Mürren und Lenzerheide. Der Vico-Torriani-Hit «Alles fährt Ski» hat diesen Nachkriegsmoment, als der Pistenspass vollends zum Breitensport wurde, verewigt: «Schii fahrt die ganzi Nation.»

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Heute ist es Schnee von gestern. Skilager finden immer seltener statt. Was zum einen an Lehrerinnen und Lehrern liegt, die keine Lust mehr haben, für zunehmende Sicherheitsansprüche und Verhaltensprobleme ihrer Zöglinge hinzustehen. Zum anderen hat – dank Migration und gestiegener Kosten – der Fussball das Skifahren vom Thron gestossen. Der Skizirkus hingegen ist zum Luxusgut geworden. Einer Studie aus dem Jahr 2016 zufolge muss eine vierköpfige Familie 4760 Franken für einwöchige Skiferien hinblättern. Das sind zwei Drittel eines durchschnittlichen Schweizer Monatslohns. Der Betrag dürfte seither nicht abgenommen haben.

Schön und schön teuer: Skipiste in St. Moritz.
Foto: Valentin B. Kremer / Unsplash
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Der viel beschworene Dichtestress ist nirgendwo spürbarer als in einer vollgestopften Gondelbahn oder einer überhitzten Après-Ski-Bar. Überdies nimmt das Angebot durch den Klimawandel ab: Kleine Destinationen in den Voralpen müssen schliessen. Was nicht mehr als schneesicher gilt, verschwindet vom Markt. Dass das Internationale Olympische Komitee diese Woche die Schweizer Hoffnungen auf Winterspiele im Jahr 2030 zerschlagen hat, passt zu dieser Entwicklung.

Geht die Preisentwicklung so weiter, wird Skifahren zum Exklusivvergnügen, zum neuen Golfen sozusagen. Nur der Schnee, dieser Segen von oben, gehört noch allen.

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