So sah Laila Amaral nach dem Angriff aus
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Opfer von häuslicher Gewalt:So sah Laila Amaral nach dem Angriff aus

Laila Amaral wurde Opfer von häuslicher Gewalt
«Mein Ex hat mich spitalreif geschlagen»

Sie wollte eine Familie, er die volle Kontrolle: Laila Amaral lebte fünf Jahre lang in einer toxischen Beziehung. Anfang Juni eskaliert die Situation. Ihr damaliger Freund prügelt auf die junge Frau ein.
Publiziert: 22.06.2023 um 00:57 Uhr
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Aktualisiert: 24.06.2023 um 14:53 Uhr

Sirenen heulen auf. Sie werden immer lauter, als sich die Ambulanz am späteren Freitagnachmittag Anfang Juni einem Wohnhaus in der Nähe der Schweizerhalle in Pratteln BL nähert. Eine Nachbarin hat die Notrufnummer gewählt, nachdem sie Schreie gehört und eine verletzte Frau gesehen hat. Auch die Polizei Baselland trifft ein.

Blick-Recherchen zeigen: es geht um häusliche Gewalt. Das Opfer: Laila Amaral. Die Spanierin stand bereits Anfang 2018 in den Schlagzeilen. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion entführte ihr Ex-Verlobter den gemeinsamen Sohn nach Spanien. Es vergingen Monate, bis Amaral und ihr Sohn wieder vereint waren.

Kurz darauf lernt Amaral ihren neuen Freund, einen Italiener und Kampfsportler, kennen. «Ich dachte, er sei mein Seelenverwandter», sagt Amaral. «Doch in den fünf Jahren bin ich durch die Hölle gegangen.» Nie habe sie erwartet, dass die Liebe zu einem Mann sie in einen solchen Zustand bringt: «Mein Ex hat mich spitalreif geschlagen.»

Laila Amaral aus Pratteln BL wurde von ihrem Freund geschlagen.
Foto: STEFAN BOHRER
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«Er trainiert Muay Thai»

Amaral erinnert sich: «Es kriselte in unserer Beziehung. Ich wollte mich schrittweise von ihm lösen.» Dann droht der Ex, sich etwas anzutun – Amaral zeigt den SMS-Verlauf. «Das wollte ich verhindern, also ging ich an diesem Freitag zu ihm.» Sie habe sich den ganzen Tag um ihn gekümmert. «Doch auf einmal kippte die Stimmung und er ging auf mich los.»

Sie habe versucht, sich zu wehren. «Ich hatte keine Chance. Er ist grösser, stärker und trainiert Muay Thai.» Die Spanierin wird mit der Ambulanz ins Kantonsspital Baselland nach Liestal gefahren. Ihr Ex kommt in U-Haft.

Mehrere Faustschläge

«Noch am selben Tag besuchte mich die Polizei auf der Notfallstation», sagt Amaral. «Ein Polizist hielt mir dann einen Spiegel vors Gesicht. Bis dahin hatte ich mich noch gar nicht gesehen.»

Amaral ist vom eigenen Anblick geschockt. Tränen fliessen. «Ich sah mein geschwollenes Gesicht, mein gerissenes Ohrläppchen, die Einblutungen am Hinterkopf durch die vielen Faustschläge. Ich hatte kahle Stellen am Kopf. Mein ganzer Körper war voller Flecken.»

Als ihr Sohn sie im Spital besucht, bringt Amaral es nicht übers Herz, ihm die unschöne Wahrheit zu sagen. «Mama hatte einen Unfall – das habe ich gesagt.» Weil sie verhindern wolle, dass ihr Sohn mit solchen Erinnerungen aufwachse, sei nun endgültig Schluss mit ihrem Freund.

Nicht der erste Vorfall

So soll der Ex sie bereits im Sommer 2020 geschlagen und gefesselt haben. «Ich wollte flüchten und schnitt mir dabei das Kinn auf. Nach der Behandlung im Spital bin ich nicht mehr in die gemeinsame Wohnung zurück, sondern direkt in ein Frauenhaus», sagt Amaral und zeigt Bilder aus dieser Zeit.

Nach wenigen Monaten zieht die junge Frau mit ihrem Sohn in eine eigene Wohnung. Sie will in die Zukunft schauen. Doch kurz darauf kommt sie wieder mit ihrem Freund zusammen. «Er konnte mich immer schon gut um den Fingern wickeln», begründet Amaral. «Und ich hatte die Hoffnung, dass es besser wird. Man redet sich das irgendwie immer wieder ein. Ich meine: Alles, was ich je wollte, war eine eigene Familie zu haben. Er hingegen wollte vor allem die Kontrolle über mich.»

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Toxische Beziehung

Ihr Ex soll sie so weit gebracht haben, dass Amaral an sich selbst zweifelt. «Er meinte: ‹Hol dir Hilfe! Du bist crazy und machst mich zu diesem bösen Menschen! Du bist an allem schuld› – sogar wenn er mich geschlagen hat», erinnert sich Amaral.

Also holt sie sich Hilfe. Die psychologische Behandlung sei enorm aufschlussreich gewesen: «Ich weiss jetzt, dass ich all die Jahre in einer toxischen Beziehung mit einem Narzissten gelebt habe», sagt Amaral. «Und nach dem Vorfall weiss ich ganz klar: Ich bin das Opfer von häuslicher Gewalt.»

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Ex wieder frei

Amaral hat sich als Influencerin dazu entschieden, das Erlebte auf ihren Social-Media-Kanälen zu teilen. «Es hilft mir bei der Verarbeitung. Ausserdem will ich anderen Frauen, die gerade Ähnliches erleben, Mut machen, sich Hilfe zu holen.»

Inzwischen ist der Ex-Freund von Amaral auf freiem Fuss. Die Staatsanwaltschaft Baselland hat ihm ein Annäherungs- und Kontaktverbot auferlegt. Gegen ihn wird wegen schwerer Körperverletzung und Gefährdung des Lebens ermittelt.

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