Zürcher Apotheker weigert sich, von der Pharma-Industrie Geld anzunehmen
«Ich lass mich nicht kaufen»

Pharma-Unternehmen zahlen viel Geld an Apotheken – als Spenden, Sponsorings und Ähnliches. Heikle Zahlungen, wie manche in der Branche finden.
Publiziert: 11.04.2019 um 23:11 Uhr
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Aktualisiert: 09.05.2019 um 16:10 Uhr
Vinzenz Greiner, Simon Huwiler
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Das Gesundheits-Business ist ein Ellbogen-Geschäft. Viele Medikamente verschiedener Hersteller heilen dieselben Wehwehchen und Krankheiten. Kein Wunder also, dass Pharma-Unternehmen Millionen an Spitäler und Ärzte zahlen (BLICK berichtete). Und dass sie versuchen, sich auf dem hart umkämpften Markt genau dort in gute Position zu bringen, wo sie ganz nah am Kunden sind: in Schweizer Apotheken.

Zum Beispiel am Zürcher Bellevue. Viel schweizerische und ausländische Laufkundschaft, ÖV-Knotenpunkt, kurz: Top-Lage. «Immer wieder kommen Pharma-Unternehmen auf mich zu und bieten mir Spenden oder Sponsorings an», sagt Roman Schmid (64), Inhaber der Bellevue Apotheke. Doch Schmid bleibt stark, lehnt jedes Angebot ab. «Ich will mich und unsere Arbeit nicht beeinflussen lassen. Ich lasse mich nicht kaufen!»

«Schaufenster sehr teuer verkaufen»

Aber auch Schmid hat schon Pharmageld angenommen: Einmal bekam er 600 Franken von Pfizer, wie die BLICK-Datenbank «pharmagelder.ch» zeigt. Dies war aber ein Beraterhonorar für einen halben Tag Arbeit, wie der Vertrag, den Schmid dem BLICK zeigt, belegt. Für Arbeit bezahlt zu werden, findet Apotheker Schmid angemessen. Einfach Geld in Form von Sponsoring zu erhalten, hingegen nicht.

Schweizer Apotheken bekommen von Pharma-Firmen immer wieder Spenden und Sponsoring.
Foto: Keystone
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Schmid erklärt BLICK, wie die Pharmafirmen vorgehen: Gegen Geld würden nicht rezeptpflichtige Medikamente etwa auf Augenhöhe platziert, sodass deren Verkaufschancen stiegen. Oder die Firma werde prominent ausgestellt. Schmid: «Ich könnte meine Schaufenster sehr teuer verkaufen, wenn ich das wollen würde.»

Tausende Franken Sponsoring

Andere sind da nicht so zimperlich. Apotheken von Chur bis La Chaux-de-Fonds NE bekommen jedes Jahr Geld. Auch die Online-Apotheke Zur Rose wurde in drei Jahren mit über 25'000 Franken, Spitalapotheken mit rund 54'000 Franken beglückt. Pharmacieplus, das Apotheken berät und etwa Marketingdienstleistungen erbringt, wurde 2017 mit 5000 gesponsert.

Die Apotheken-Kette Benu bekam im selben Jahr Sponsoringgelder in Höhe von 12'000 Franken von der Pharmafirma Servier. 2018: die gleiche Summe, wie Benu auf Anfrage mitteilt. Es handle sich um «Referenzdienstleistungen, Schulungen und interne Informationen» zu rezeptfreien Produkten von Servier. Der Rechtsdienst habe abgeklärt, dass dieses Sponsoring den Artikel 33 des Heilmittelgesetzes in vollem Umfang einhalte.

Das ist das Recherche-Netzwerk

Sehen Sie selbst, welche geldwerten Leistungen die Pharmaindustrie Ärzten, Spitälern und anderen Institutionen der Gesundheitsbranche zukommen liess: Auf www.pharmagelder.ch machen die Schweizer Medien des Ringier Axel Springer Research Network entsprechende Daten zugänglich und für jeden durchsuchbar. Die Daten stammen von 60 Pharmafirmen, die sie gemäss Pharma-Kooperations-Kodex des Verbands Scienceindustries offengelegt haben.

«Pharmagelder Schweiz» ist ein Projekt des Ringier Axel Springer Research Network. Im Netzwerk arbeiten Journalisten verschiedener Medien bei transnationalen, datengetriebenen oder investigativen Projekten zusammen. Teil davon sind: Beobachter, «Blick»-Gruppe, «Handelszeitung» und «Le Temps» (Schweiz), «Welt» und «Bild» (Deutschland), «Pulse» (Nigeria), «Politico» (Belgien), «Onet» (Polen), «Aktuality.sk» (Slowakei), «Libertatea» (Rumänien), «Blic» (Serbien), «Blikk» (Ungarn), «Business Insider» (Vereinigtes Königreich).

Sehen Sie selbst, welche geldwerten Leistungen die Pharmaindustrie Ärzten, Spitälern und anderen Institutionen der Gesundheitsbranche zukommen liess: Auf www.pharmagelder.ch machen die Schweizer Medien des Ringier Axel Springer Research Network entsprechende Daten zugänglich und für jeden durchsuchbar. Die Daten stammen von 60 Pharmafirmen, die sie gemäss Pharma-Kooperations-Kodex des Verbands Scienceindustries offengelegt haben.

«Pharmagelder Schweiz» ist ein Projekt des Ringier Axel Springer Research Network. Im Netzwerk arbeiten Journalisten verschiedener Medien bei transnationalen, datengetriebenen oder investigativen Projekten zusammen. Teil davon sind: Beobachter, «Blick»-Gruppe, «Handelszeitung» und «Le Temps» (Schweiz), «Welt» und «Bild» (Deutschland), «Pulse» (Nigeria), «Politico» (Belgien), «Onet» (Polen), «Aktuality.sk» (Slowakei), «Libertatea» (Rumänien), «Blic» (Serbien), «Blikk» (Ungarn), «Business Insider» (Vereinigtes Königreich).

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«Heikle Zone»

Dieser Artikel will, dass Konsumenten auf objektive und neutrale medizinische Beratung und Versorgung zählen können. Er stellt klar: Nicht nur Personen, die Medikamente verschreiben, sondern auch jene, die sie abgeben, «dürfen für die Verschreibung oder die Abgabe eines Arzneimittels geldwerte Vorteile weder gewährt noch angeboten noch versprochen werden». Nur geldwerte Vorteile von «bescheidenem Wert» und «handelsübliche» Rabatte sind erlaubt.

Dennoch fliessen grosse Geldbeträge von Pharmafirmen in die Apotheker-Branche. «Da dieser Bereich auf Gesetzesebene national explizit geregelt ist, handelt es sich offenbar um eine heikle Zone», erklärt Samuel Steiner. Er ist Präsident der Kantonsapothekervereinigung und Berner Kantonsapotheker – und damit oberster Apotheker-Kontrolleur im Kanton Bern. Die Problematik liege «in der Abgrenzung zwischen den handelsüblichen Rabatten und der Definition von geldwerten Vorteilen».

«Das ist nicht sauber»

Was sich zeigt: Je einflussreicher eine Apotheke oder Organisation ist, desto mehr Pharmagelder fliessen. Die Spezialapotheke Mediservice, die Medikamente nach Hause liefert, bekam 900'000 Franken, in den letzten drei Jahren insgesamt fast zwei Millionen. Der Schweizerische Verein der Amts- und Spitalapotheker kann sich für die rund 200'000 Franken pro Jahr bei den Pharmafirmen bedanken. Der Schweizerische Drogistenverband wurde mit 9'300 Franken gesponsert. Diverse Apotheker-Verbände bekamen auch Geld.

«Ein Apotheker- oder Drogistenverband sollte sich nicht von der Pharma-Branche sponsern lassen», findet Gesundheitsökonom Heinz Locher (75). «Das ist nicht sauber.» Pharmasuisse, der Dachverband der Schweizer Apotheker, sieht die Pharma-Zahlungen an Apotheken nicht kritisch. «Generell sind Apotheker frei in der Gestaltung ihrer Schaufenster und Präsentationsflächen», so Pharmasuisse auf Anfrage. Der Verband selbst bekam von 2015 bis 2017 rund 96'000 Franken von der Pharma-Industrie.

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