Brauchts die Höflichkeitsform noch?
Sollten wir uns einfach alle Du sagen?

In immer mehr Unternehmen herrscht eine konsequente Du-Kultur. In manchen Betrieben werden selbst Kunden nicht mehr zwingend mit der Höflichkeitsform angesprochen. Unsere Redaktion ist gespalten – deshalb geben wir die Frage an die BLICK-Community weiter.
Publiziert: 19.02.2021 um 07:33 Uhr
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Aktualisiert: 19.02.2021 um 07:41 Uhr
Das Du gehört in immer mehr Firmen zum guten Ton: Post-CEO Cirillo dürfen alle Mitarbeitenden Roberto nennen.
Foto: Keystone
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Community-Team

In vielen Schweizer Betrieben herrscht zumindest intern die Du-Kultur. Teilweise werden auch Kunden auf Wunsch geduzt. Damit soll ein lockeres Verhältnis geschaffen und Vertrauen aufgebaut werden.

Doch längst nicht alle sind damit einverstanden – auch in der BLICK-Redaktion nicht. Soll das Du künftig zum Standard werden? Darüber scheiden sich die Geister. Unten liest du zwei Meinungen aus unserem Community-Ressort. Im Anschluss geben wir die Frage an die BLICK-Leserinnen und -Leser weiter.

Pro Duzis: «Man kann auch anders Respekt zeigen»

Sprache wandelt sich. Schon immer. Hat man früher sogar noch seine Eltern gesiezt, sprechen sich jüngere Menschen heute fast automatisch mit Du an. Im Netz verwendet kaum jemand die Höflichkeitsform und auch ich persönlich käme nicht im Traum darauf, jemanden, den ich im Ausgang kennenlerne, zu siezen.

Auch im professionellen Umfeld ist mir das lockere Du lieber. Von mir aus kann mich sogar der Bankangestellte mit Vornamen ansprechen. Dieses aufgesetzt devote Sie in Verkaufsgesprächen empfinde ich im besten Fall als unangenehm, im schlechtesten als anbiedernd. Ich trage Trainerhosen und du einen Designer-Anzug, also tu doch bitte nicht so, als wäre ich Hochadel, nur weil du mir eine Versicherung andrehen möchtest.

Abgesehen davon, dass die Höflichkeitsform zu Unsicherheiten im Alltag führen kann – darf ich meinen neuen Vorgesetzten, mit dem ich künftig acht Stunden täglich verbringe, am ersten Tag duzen? – verkompliziert sie unsere Sprache unnötig. Vielleicht steht es einem vertrauensvollen Umgang sogar eher im Weg.

In manchen Kulturkreisen existiert die Höflichkeitsform gar nicht, trotzdem geht man sich dort nicht an die Gurgel. Mit Manieren hat das also nichts zu tun. Ob ich mein Gegenüber als anständig empfinde, hängt in meinen Augen nicht davon ab, ob wir mit einem sprachlichen Relikt künstliche Distanz erzeugen. Es gibt andere, weniger umständliche Wege, gegenseitigen Respekt auszudrücken.

Neil Werndli (29), Community Editor

Kontra Duzis: «Das gehört für mich zum schweizerischen Anstand»

«Hoi Andy! Du, miär sötten emol über dini dritt Sülä redä …» – sobald meine Bank irgendwann auf die Idee kommt, mich so anzusprechen, ist für mich ein Wechsel unerlässlich. Ich bin 24 Jahre alt. Eigentlich «jung» und «aufgeklärt». Man könnte meinen, mich sollte das eigentlich nicht stören.

Ich sag aber ganz klar: In gewissen Lebenssituationen ist die Höflichkeitsform unumgänglich. Wie eben bei einer Bank oder der Lehrerin gegenüber in der obligatorischen Schule. Das gehört für mich zum schweizerischen Anstand und zeugt von Respekt.

Im Alltag, da bin ich mich mit meinem Kontrahenten einig, ist duzen adäquat. Aber auch hier sollte gelten: Gibts beispielsweise in einem Grossraum-Büro nicht eine allgemeine Du-Politik, wird zuerst einmal gesiezt.

Mir gefällt das System, dass die ältere Person der jüngeren das Duzis anbietet. Auch diese Situation hat für mich mit Respekt zu tun. Und seien wir mal ganz ehrlich: Tuts uns Jüngeren so weh, eine ältere, erfahrenere Person aus Anstand zuerst einmal sitzen? Fällt uns da wirklich ein Zacken aus der Krone? Nein, im Gegenteil: In den meisten Fällen freuts das Gegenüber – und danach wird geduzt. Win-Win für beide.

Es stört mich manchmal schon, dass wir «Jungen» immer das Gefühl haben, die Weisheit mit Löffel gefressen zu haben und alles immer besser wissen (müssen). «Never change a winning team», sagt man im Sport. Warum also unbedingt ein System anpassen wollen, welches gut funktioniert?

Andy Hobi (24), Community-Editor

Nun möchten wir deine/Ihre Meinung hören. Braucht es die Höflichkeitsform oder sollte das Du zum Standard werden? Sag(-en Sie) es uns im Voting und diskutier(-en Sie) unten mit!

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