Bäcker Daniel Hächler tüftelte fünf Jahre lang am perfekten Croissant-Rezept
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«Jetzt bin ich zufrieden»:Bäcker Daniel Hächler tüftelte fünf Jahre lang am perfekten Croissant-Rezept

Bäcker Daniel Hächler (34)
«Gipfeli sind das feinste Gebäck, das es gibt»

Beissen Sie gerade in ein Gipfeli? Nein? Wenn Sie dieses Interview gelesen haben, wird es Sie gluschten. Der Bäcker Daniel Hächler (34) verrät, was ein gutes Gipfeli ausmacht, warum er hin und wieder eines von der Tankstelle isst und wann er es mit Sauce Béchamel füllt.
Publiziert: 06.11.2022 um 09:34 Uhr
Interview: Alexandra Fitz

Wir treffen den Mann, der wohl die besten Gipfeli der Schweiz bäckt. Beziehungsweise Croissants. Was der Unterschied ist und ob es einen gibt, klären wir später. Ob wir erst einen Blick in die Backstube werfen wollen oder einen Kafi trinken, fragt uns Daniel Hächler (34) bei der Begrüssung. «Also wir wollen ein Gipfeli», sagen wir. Deswegen sind wir in Seengen AG im Seetal.

Herr Hächler, was ist eigentlich der Unterschied zwischen Gipfeli und Croissants?
Daniel Hächler: Meine Croissants sind handgerollt und haben eine süssliche Note.

Sie haben doch auch mehr Fett?
Ja, etwa zehn Prozent. Wenn sie frisch aus dem Ofen kommen, sind sie richtig buttrig. Dann schmecken sie am besten.

Mit dieser Maschine wallt Bäcker Daniel Hächler den Teig aus.
Foto: Thomas Meier
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Also sind Gipfeli langweiliger?
Gipfeli sind ein Standardprodukt. Sie sind weniger aufwendig und werden von einer Maschine gerollt. Aber eines Tages will ich meine Gipfeli auch von Hand rollen.

Daniel Hächler sitzt an einem Tisch seines eigenen Cafés. Vor ihm zwei Teller mit je einem Gipfeli und einem Croissant. Er schneidet beide in der Mitte durch. Das Gipfeli sieht innen kompakter aus, brotiger. Das Croissant luftiger, fluffiger. Hächler zeigt auf die Teigschichten: «Beim Croissantbacken geht es darum, diese Butterteigschichten zu erhalten. Es geht um die Blättrigkeit», erklärt Hächler. Ein Gipfeli hat 27 Butterteigschichten, ein Croissant 12.

Der Gipfeli-Mann

1875 gründete Ludwig Hächler II die Bäckerei in Seengen am Hallwilersee im Kanton Aargau. Daniel Hächlers Vater übernimmt als fünfte Generation Ende der 70er-Jahre. Damals gab es in Seengen noch drei Bäckereien, das Geschäft war kleiner, erzählt Daniel Hächler, der heute über 40 Mitarbeitende beschäftigt. Er macht die Bäckerlehre und schliesst diese 2007 ab. Er gewinnt zahlreiche Meisterschaften der Bäckerjugend. 2018 gewinnt er mit seinem Croissant Gold an der Swiss Bakery Trophy, in der Branche ist das die höchste Auszeichnung, die erreicht werden kann. Im selben Jahr übernimmt er auch die Bäckerei seines Vaters. Hächler lebt im Aargauer Seetal und hat zwei Kinder.

Thomas Meier

1875 gründete Ludwig Hächler II die Bäckerei in Seengen am Hallwilersee im Kanton Aargau. Daniel Hächlers Vater übernimmt als fünfte Generation Ende der 70er-Jahre. Damals gab es in Seengen noch drei Bäckereien, das Geschäft war kleiner, erzählt Daniel Hächler, der heute über 40 Mitarbeitende beschäftigt. Er macht die Bäckerlehre und schliesst diese 2007 ab. Er gewinnt zahlreiche Meisterschaften der Bäckerjugend. 2018 gewinnt er mit seinem Croissant Gold an der Swiss Bakery Trophy, in der Branche ist das die höchste Auszeichnung, die erreicht werden kann. Im selben Jahr übernimmt er auch die Bäckerei seines Vaters. Hächler lebt im Aargauer Seetal und hat zwei Kinder.

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Sie haben fünf Jahre an Ihrem Croissant-Rezept getüftelt. Wie kommt man da drauf?
Schon in der Lehre dachte ich: Gipfeli sind das beste Gebäck, aber sie werden einfach zu wenig gepflegt. In der Schweiz war die Gipfeliherstellung lieblos. Für die Meisterprüfung habe ich dann handgerollte Croissants gemacht und immer weiterentwickelt.

Und 2018 an der Swiss Bakery Trophy eine Goldmedaille für Ihre Croissants gewonnen.
Ich weiss nicht, ob ich heute Croissants machen würde, wenn ich nicht an Wettbewerben teilgenommen hätte. Ich habe dabei viel gelernt.

Sie haben sicher auch viele gegessen.
Ja, und am Wochenende gebacken und versucht, die Croissants zu verkaufen – ich wollte sie ja nicht wegschmeissen. Es gab immer wieder Rückschläge: Hat die Butter die richtige Temperatur? Ist der Teig genug lang aufgegangen? Ist es die richtige Wassermenge?

Wie lange brauchen Sie für Ihre Croissants?
Drei Tage. Das Wichtige ist, diese Schichten hinzubekommen. Sie werden dann von Hand gerollt, damit die Schichten nicht zerdrückt werden. Deswegen kosten sie auch mehr.

Wie finden denn Ihre Kunden die Croissants? Rümpfen Sie nicht die Nase, weil Sie den Schweizern die Gipfeli wegnehmen?
Wir nehmen ihnen die Gipfeli nicht. Wir haben ja nach wie vor die klassischen im Sortiment, wie beispielsweise Laugengipfeli.

Nimm einem Schweizer ja nicht sein Laugengipfeli! Wer kauft also Croissants?
Mehrheitlich Jüngere. Wir verkaufen die meisten Croissants am Wochenende.

Ich esse gern und viel! Gipfeli. Aber irgendwie hat man danach immer ein schlechtes Gewissen.
Ja, sie enthalten auch viel Butter. Aber deshalb schmecken sie auch so gut. Ich esse fast jeden Tag eines. Dann verzichte ich lieber auf was anderes.

Wenn Croissants übrig bleiben, macht Hächler Croque-Monsieurs daraus. Also mit Schinken und Käse belegen und überbacken. Oder er schneidet sie auf und füllt sie mit Sauce Béchamel und Pilzen.

Sauce Béchamel in einem Croissant? Das klingt falsch. Es ist ja schon so viel Butter drin.
Ja, gute Butter ist wichtig. Leider ist es nicht Standard, dass Bäcker ausschliesslich mit Butter arbeiten. Butter ist heikel, aber das Produkt wird 100-mal besser.

Wie viel Hefe ist eigentlich in Ihren Croissants?
30 bis 40g pro Kilo Mehl. Aber je mehr Butter, desto mehr Hefe braucht es. Weil die Butter den Gärprozess hemmt. Ich habe auch etwas Sauerteig in meinen Croissants.

Ihr Ernst? Dieser Sauerteig ist wirklich überall.
Ja, es ist auch faszinierend, was aus Mehl und Wasser entstehen kann. Und er verstärkt den Buttergeschmack.

Essen Sie auch Gipfeli vom Grossverteiler? Oder ganz mutig: von der Tankstelle?
Ich probiere zwischendurch. Es nimmt mich ja wunder, wie die schmecken, wenn sie so lange im Tiefkühler lagern, bis sie dann in vorprogrammierten Öfen gebacken werden. Diese Gipfeli haben vorher keine Hand gesehen.

Apropos Hand. Kann man Gipfeli selber machen oder schmiert man da eh nur ab?
Ja, das geht. Wichtig ist, dass man diese Schichten hinbringt …

… schon wieder diese Schichten!
Die Butter und der Teig müssen die gleiche Konsistenz haben, sie dürfen sich nicht verbinden.

Gipfeli gleich feinste Teigschichten, säuberlich aufgerollt: Dafür legt Hächler ein Riesenstück Butter auf den Teig und wickelt dieses im Teig ein. Diese Teigbutterschicht wird immer wieder zusammengeschlagen und ausgerollt. So entstehen unzählige Schichten. Wenn Hächler die Teigbahn in lange Dreiecke schneidet, sieht man einen Teigstapel bestehend aus Schichten. Beim Backen entsteht Dampf im Gipfeli, die Fettschichten schliessen ihn ein, die Teiglagen trennen sich – das Gipfeli wird luftig und geht auf.

Wussten Sie eigentlich immer, dass Sie Bäcker werden möchten?
Nein, zuerst nicht. Ich fing die Lehre an und wurde immer begeisterter vom Bäckerberuf.

Ist auch naheliegend, Sie wurden in eine Bäckerei hineingeboren. Die Bäckerei Hächler wurde 1875 von Ihrem Urururgrossvater aufgebaut. Redete Ihr Vater viel rein bei der Übernahme?
Wir haben sehr ähnliche Einstellungen. Und wenn er nicht meiner Meinung war, habe ich es trotzdem gemacht (lacht). Wenn die ältere Generation zu viel reinredet, ist eine Übernahme schwierig.

Die Bäcker sind gerade im Fokus bezüglich Energiesparen.
Das Kafi ist seit einem Jahr offen, die Backstube seit eineinhalb. Deswegen konnten wir schon energiesparend planen. Aber klar, Ofen und Kühlanlagen brauchen viel Energie. Ich heize derzeit den Ofen später ein, damit er weniger lange läuft. Aber was soll ich machen? Wir brauchen Strom, um zu backen!

So kannst du die Croissants von Daniel Hächler nachbacken

Um Croissants herzustellen, braucht es einige Handgriffe. Aber es lohnt sich!

Zutaten

Sauerteig
5 g aktiver Sauerteig-Starter (1 TL)
25 g Weizen-Weissmehl
25 g Wasser

Zum Tourieren (siehe unten)
250 g kalte Butter

Hauptteig
500 g Weizen-Weissmehl
Sauerteig von oben
1 Ei
60 g Zucker
50 g weiche Butter
42 g frische Hefe
10 g Salz
200 g Wasser

Eistreiche
1 Ei, verquirlt

Zubereitung

1 Für den Sauerteig alle Zutaten miteinander vermischen und zugedeckt etwa 8 Stunden bei Raumtemperatur reifen lassen.

2 Den Sauerteig mit den restlichen Zutaten des Hauptteigs vermischen. Dabei entsteht ein geschmeidiger Teig. Diesen zugedeckt etwa 1 Stunde bei Raumtemperatur gehen lassen, anschliessend zugedeckt 12 bis 16 Stunden im Kühlschrank lagern.

3 Für die Herstellung der Butterplatte zum Tourieren die Butter in Backpapier einschlagen und mit dem Wallholz zu einem Quadrat von 15 x 15 cm formen. Die Butterplatte anschliessend etwa 12 Stunden im Kühlschrank festigen lassen.

4 Die Butterplatte in den Hauptteig einarbeiten (siehe unten).

5 Aus dem fertig tourierten und gekühlten Teig sechs Croissants formen (siehe unten). Die Croissants auf einem mit Backpapier belegten Blech zugedeckt etwa 5 Stunden bei Raumtemperatur gehen lassen.

6 Backofen auf 180 Grad Umluft vorheizen.

7 Die Croissants mit dem verquirlten Ei bestreichen und im vorgeheizten Ofen etwa 17 Minuten goldbraun backen.

8 Die Croissants aus dem Ofen nehmen und auf einem Gitter auskühlen lassen.

Tourieren und Croissants formen

Das schichtweise Einarbeiten von Fett in einen Teig nennt man Tourieren. Bei den meisten Bäckern übernimmt das die Maschine. Wer es von Hand macht, muss zügig arbeiten. Wichtig ist, dass Butter und Teig nicht zu kalt oder warm sind.

1 Den Hauptteig mit einem Wallholz zu einem Rechteck (15 x 20 cm) rollen.

2 Die Butterplatte (Herstellung gemäss Rezept siehe oben) in die Mitte des Teigs legen und diesen von links und rechts zur Mitte falten, sodass die Butterplatte ganz bedeckt ist. (A)

3 Den Teig mit dem Wallholz flach drücken und auf 30 cm Länge ausrollen.

4 Erste Tour: Das linke Drittel des Teigs einschlagen und das rechte Drittel darüberlegen.

5 Den Teig in Backpapier einschlagen und 20 Minuten im Kühlschrank lagern.

6 Zweite Tour: Den Teig auf 40 cm Länge ausrollen und dann von links und rechts zur Mitte falten. Anschliessend die linke Seite zusätzlich nach rechts klappen.

7 Den Teig in Backpapier einschlagen und 90 Minuten im Kühlschrank lagern.

Formen

1 Den Teig auf 20 cm Breite und 30 cm Länge ausrollen.

2 Mit einem scharfen Messer in Dreiecke mit einer Basis von 10 cm und einer Länge von 20 cm schneiden.

3 Jedes Dreieck von der Basis zur Spitze aufrollen.

4 Die Teiglinge gemäss Rezept (siehe oben, Punkt 5) gehen lassen. Weiter mit Rezept (siehe oben, Punkt 6).


Rezept von Daniel Hächler aus dem Buch «Brothandwerk» von Sasa Noël und Heike Grein, AT Verlag.








Thomas Meier

Um Croissants herzustellen, braucht es einige Handgriffe. Aber es lohnt sich!

Zutaten

Sauerteig
5 g aktiver Sauerteig-Starter (1 TL)
25 g Weizen-Weissmehl
25 g Wasser

Zum Tourieren (siehe unten)
250 g kalte Butter

Hauptteig
500 g Weizen-Weissmehl
Sauerteig von oben
1 Ei
60 g Zucker
50 g weiche Butter
42 g frische Hefe
10 g Salz
200 g Wasser

Eistreiche
1 Ei, verquirlt

Zubereitung

1 Für den Sauerteig alle Zutaten miteinander vermischen und zugedeckt etwa 8 Stunden bei Raumtemperatur reifen lassen.

2 Den Sauerteig mit den restlichen Zutaten des Hauptteigs vermischen. Dabei entsteht ein geschmeidiger Teig. Diesen zugedeckt etwa 1 Stunde bei Raumtemperatur gehen lassen, anschliessend zugedeckt 12 bis 16 Stunden im Kühlschrank lagern.

3 Für die Herstellung der Butterplatte zum Tourieren die Butter in Backpapier einschlagen und mit dem Wallholz zu einem Quadrat von 15 x 15 cm formen. Die Butterplatte anschliessend etwa 12 Stunden im Kühlschrank festigen lassen.

4 Die Butterplatte in den Hauptteig einarbeiten (siehe unten).

5 Aus dem fertig tourierten und gekühlten Teig sechs Croissants formen (siehe unten). Die Croissants auf einem mit Backpapier belegten Blech zugedeckt etwa 5 Stunden bei Raumtemperatur gehen lassen.

6 Backofen auf 180 Grad Umluft vorheizen.

7 Die Croissants mit dem verquirlten Ei bestreichen und im vorgeheizten Ofen etwa 17 Minuten goldbraun backen.

8 Die Croissants aus dem Ofen nehmen und auf einem Gitter auskühlen lassen.

Tourieren und Croissants formen

Das schichtweise Einarbeiten von Fett in einen Teig nennt man Tourieren. Bei den meisten Bäckern übernimmt das die Maschine. Wer es von Hand macht, muss zügig arbeiten. Wichtig ist, dass Butter und Teig nicht zu kalt oder warm sind.

1 Den Hauptteig mit einem Wallholz zu einem Rechteck (15 x 20 cm) rollen.

2 Die Butterplatte (Herstellung gemäss Rezept siehe oben) in die Mitte des Teigs legen und diesen von links und rechts zur Mitte falten, sodass die Butterplatte ganz bedeckt ist. (A)

3 Den Teig mit dem Wallholz flach drücken und auf 30 cm Länge ausrollen.

4 Erste Tour: Das linke Drittel des Teigs einschlagen und das rechte Drittel darüberlegen.

5 Den Teig in Backpapier einschlagen und 20 Minuten im Kühlschrank lagern.

6 Zweite Tour: Den Teig auf 40 cm Länge ausrollen und dann von links und rechts zur Mitte falten. Anschliessend die linke Seite zusätzlich nach rechts klappen.

7 Den Teig in Backpapier einschlagen und 90 Minuten im Kühlschrank lagern.

Formen

1 Den Teig auf 20 cm Breite und 30 cm Länge ausrollen.

2 Mit einem scharfen Messer in Dreiecke mit einer Basis von 10 cm und einer Länge von 20 cm schneiden.

3 Jedes Dreieck von der Basis zur Spitze aufrollen.

4 Die Teiglinge gemäss Rezept (siehe oben, Punkt 5) gehen lassen. Weiter mit Rezept (siehe oben, Punkt 6).


Rezept von Daniel Hächler aus dem Buch «Brothandwerk» von Sasa Noël und Heike Grein, AT Verlag.








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Tourieren: Die Butterplatte (Herstellung gemäss Rezept siehe oben) in die Mitte des Teigs legen und diesen von links und rechts zur Mitte falten, sodass die Butterplatte ganz bedeckt ist.
Foto: Noël & Grein, AT Verlag
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