Beat Hofer (47) ist der Eis-Pionier der Schweiz
«Eis ist schon lange kein Saisongeschäft mehr»

Eiswürfel für eiskalte Drinks – die Firma Icemaker in Uetendorf bei Thun BE liefert sie en gros.
Publiziert: 20.07.2018 um 14:44 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 17:21 Uhr
Beat Hofer (47), Schweizer Eis-Pionier und Gründer der Firma ICE Factory bei Thun BE.
Foto: zvg
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Christiane Binder

Was für eine Hitze! Am schönsten ist jetzt ein eiskalter Drink in der Hand. Leise knacken die Eiswürfel im beschlagenen Glas – cool. Das Eis gibt es heutzutage an der Tankstelle, fertig im Beutel. Belieferer ist die ICE Factory Switzerland bei Thun BE. Sie beliefert an die 2800 Tankstellen mit Eiswürfeln und Crushed Ice aus Schweizer Bergquellwasser. Chef Beat Hofer (47) ist der Eis-Pionier im Land. «Als wir vor 20 Jahren anfingen, waren wir europaweit die Ersten.»

Eis wurde im Winter aus Gewässern gesägt

Ein eiskaltes Bier, ein klirrender Drink – vor 100 Jahren war das purer Luxus. Der Arme trank lau. Ausserdem galten kalte Getränke als ungesund. Eis wurde mühsam im Winter aus Seen, Teichen und Weihern «geerntet», wie man damals sagte. Starke Männer, Tagelöhner oder Bauern, die sich etwas dazuverdienen wollten, sägten riesige Eisblöcke aus den zugefrorenen Gewässern. Mit Haken zogen sie sie ans Ufer, wo sie zerkleinert und per Pferdefuhrwerk oder Bahn abtransportiert wurden. Das war rutschig, kräftezehrend, lebensgefährlich. 

Ältere Leute nennen den Kühlschrank heute noch Eisschrank. Das Wort erinnert daran, dass Schlachthöfe, Hotels und Gaststätten früher die Eisblöcke oder -stangen in blechernen Schränken lagerten. Ein Wirt, der im Hochsommer kühles Bier servierte, war der König. Eiswürfel ins Glas zu geben, war völlig unbekannt. Man kühlte die Flaschen von aussen. War auch besser so. Denn das Eis aus den Gewässern war nicht immer das sauberste.

Heute haben es auch die Schweizer gern kalt

Als Ice-King Beat Hofer vor 20 Jahren mit seiner ICE Factory anfing, glaubte keiner, dass sie ein Erfolg würde. Da will einer mit gefrorenem Wasser Geld machen? Aber der gelernte Koch hatte zwei Jahre in Beverly Hills gelebt und die eisverrückten Amerikaner erlebt. «Denen kann nichts kalt genug sein», sagt er. In auf Polartemperaturen unterkühlten Wohnungen schlürfen sie eisgekühlte Drinks, das grösste Gerät in der Küche ist der Kühlschrank mit integriertem Icemaker. Amerikaner trinken sogar Rotwein on the Rocks. 

Hofer hatte eine gute Nase. In der globalen Welt pflegt man internationale Sitten, und so lieben es die Schweizer jetzt kalt. Vor allem haben sie das Feiern gelernt. Eine Terrassenparty hier, ein Festival da, Public Viewing reiht sich an Strassenfest. In den Gläsern schwappen Gespritzter und Caipirinhas. Die Eiswürfel dürfen nicht ausgehen, «in einen Caipirinha gehören 150 Gramm Eis», sagt Hofer. Geschäftszahlen nennt er nicht, gibt aber zu, dass sein Eis von Jahr zu Jahr besser läuft. Nach einem geplanten Grossumbau soll die ICE Factory die modernste Eisfabrik in Europa sein.

Eismachen läuft das ganze Jahr über

Drei Wochen tolles Wetter wie jetzt sind für Hofer ein Segen. Doch auch winters legen seine elf Leute die Hände nicht in den Schoss, «da kommen die Herbstfeste und die Weihnachtsfeiern und die Geschäftsanlässe, Eis ist in der Schweiz schon lange kein Saisongeschäft mehr».

Die Sommerattraktion der Gassenkinder in der alten Schweiz ist Geschichte. Sie lauerten an heissen Sommertagen vor den Wirtschaften auf den Brauereiwagen, der mit dem Bier auch die Eisstangen lieferte. Die Kinder stürzten sich auf heruntergefallene Splitter und lutschten sie. 

Übrigens hatten die Alten mit ihrer Warnung vor kalten Getränken nicht ganz unrecht. Mediziner behaupten, wer den Körper wirklich runterkühlen wolle, solle lieber Lauwarmes trinken. Aber das ist natürlich nicht so cool.

Bitte nur Würfel

Klassische Martini-Cocktails sind die Ausnahme. Sonst gehört in einen guten Drink Eis. Das Schmelzwasser bringe bestimmte Inhaltsstoffe erst richtig zum Tragen, «zum Beispiel in einem Manhattan», erklärt David Bandak (33), Barkeeper im Zürcher Luxus-Hotel Widder. Niemals dürfen bei ihm Hohleiskörper ins Glas. Die sind zwar billiger in der Herstellung, aber enthalten Luft und schmelzen schnell – der Drink verwässert. Bandak duldet nur Würfel-Blocks, Masse: drei mal drei Zentimeter. Die schmelzen kaum, der Drink bleibt kalt, wie er soll, wird aber nicht wässrig. War früher Crushed Ice total in, kommen Top-Bars davon ab. Auch das geschredderte Eis macht den Cocktail wässrig. Ansonsten schwört Bandak auf seine Hoshizaki-Eismaschine. Der Rolls-Royce unter den Eismaschinen mache extrem reines Eis. Von kalten Plastikkugeln rät er dringend ab, die seien «das Schlimmste».

Barista David Bandak (33) vom Zürcher Hotel Widder duldet nur viereckige Eiswürfel im Cocktailglas.
zvg

Klassische Martini-Cocktails sind die Ausnahme. Sonst gehört in einen guten Drink Eis. Das Schmelzwasser bringe bestimmte Inhaltsstoffe erst richtig zum Tragen, «zum Beispiel in einem Manhattan», erklärt David Bandak (33), Barkeeper im Zürcher Luxus-Hotel Widder. Niemals dürfen bei ihm Hohleiskörper ins Glas. Die sind zwar billiger in der Herstellung, aber enthalten Luft und schmelzen schnell – der Drink verwässert. Bandak duldet nur Würfel-Blocks, Masse: drei mal drei Zentimeter. Die schmelzen kaum, der Drink bleibt kalt, wie er soll, wird aber nicht wässrig. War früher Crushed Ice total in, kommen Top-Bars davon ab. Auch das geschredderte Eis macht den Cocktail wässrig. Ansonsten schwört Bandak auf seine Hoshizaki-Eismaschine. Der Rolls-Royce unter den Eismaschinen mache extrem reines Eis. Von kalten Plastikkugeln rät er dringend ab, die seien «das Schlimmste».

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Gletschereis ist überschätzt

Ein norwegischer Unternehmer will 1000 Jahre altes Eis vom Gletscher Svartisen am Polarkreis herausschneiden und an exklusive Gastrobetriebe in aller Welt verkaufen. Die «teuersten Eiswürfel der Welt» könnten mit 15 bis 35 Dollar pro Drink zu Buche schlagen. Die Idee ist nicht neu. Bereits im 19. Jahrhundert transportierten amerikanische Unternehmer Gletschereis in die USA. Damals gab es allerdings noch keine Kühlschränke. Beat Hofer (47), Gründer der ICE Factory bei Thun, die als Marktführerin schweizerisches Bergquellwasser zu Eiswürfeln verarbeitet, hält die Idee, Eis über Tausende Kilometer zu transportieren, für «einen Witz». Barkeeper David Bandak (33) vom Zürcher Fünf-Sterne-Hotel Widder findet, das Ganze sei ein «perfekter Marketing-Gag» und «unnütz». Die Qualität von Gletschereis könne einen Drink nicht verbessern.

Eine Ansichtskarte von 1922 zeigt die Eisgewinnung am Davoser See.
zvg

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