«Butter und Rahm, weil ich gern ungesund koche»
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Das benutzt Bachofen immer:«Butter und Rahm, weil ich gern ungesund koche»

Influencer Noah Bachofen
Diesem Koch folgt die halbe Schweiz auf Instagram

Landgasthof, Spitalküche, Sternerestaurant. Der Koch Noah Bachofen (29) stand schon an manchem Herd. Doch heute kocht der Glarner vor allem fürs Internet. Mit seinen unterhaltsamen Rezeptvideos erreicht er Hunderttausende – und hat neuerdings eine eigene TV-Sendung.
Publiziert: 12.05.2024 um 16:24 Uhr
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Aktualisiert: 13.05.2024 um 11:50 Uhr
Noah Bachofen ist Koch und Influencer.
Foto: Linda Käsbohrer
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Alexandra FitzCo-Ressortleiterin Gesellschaft

Auf seinem Pullover steht «Lasagne al forno», an seiner rechten Hand trägt Noah Bachofen einen goldenen Ring mit den Buchstaben «Papa». Diese Rolle ist noch frisch, sein Mädchen ist erst fünf Monate alt. Längst etabliert hat sich der ehemalige Sternekoch hingegen als Influencer. Seine Kochclips dreht er in seinem Studio in der Stadt Glarus. Gleich in der Nähe ist der 29-Jährige aufgewachsen.

Welches Gericht haben Sie als Erstes gekocht?
Noah Bachofen:
Ich habe zuerst gebacken. Mit zehn oder elf Jahren habe ich mit meinem Freund Marco ständig Kuchen gemacht. Das war meine Lieblingsbeschäftigung.

Welchen Kuchen?
Marmorkuchen. Ich wollte immer ein schönes Muster hinbekommen. Deshalb ist das Rezept aus meiner Kindheit in meinem ersten Kochbuch drin, an dem ich gerade arbeite. Heutzutage tendiert man dazu, dass alle Kuchen möglichst fancy sind. Brownies mit Datteln, vegan, ohne Mehl etc. Ich bin der Meinung: Ein Kuchen darf langweilig sein. Kuchen darf trocken sein. Wie damals bei der Grossmutter, wo du Kaffee dazu trinken musst, damit du ihn herunterschlucken kannst. So ein Gegentrend ist manchmal eben auch geil.

Wie fand Ihre Mutter es, dass Sie die Küche verunstaltet haben?
Solange wir aufgeräumt haben, okay. Ich wollte dann zuerst auch Bäcker werden.

Aber?
Das hat mir nicht wirklich gefallen. Das frühe Aufstehen. Vor allem hat Bäcker-Konditor wenig mit Kuchen backen zu tun. Aber ich habe auch schon früh gekocht. Wir waren vier Kinder, meine Mutter alleinerziehend. Wenn sie arbeitete, standen wir Kinder in der Küche. Mittwochs war immer ich dran. Meine Mutter brachte mich dann auf die Idee, als Koch zu schnuppern.

Die Idee Ihrer Mutter war gut.
Im Schnupperbetrieb habe ich dann meine Ausbildung gemacht. Es ist noch heute jedes Mal speziell, wenn ich dort bin.

Weshalb?
Es war eine taffe Zeit, die Ausbildung war streng. Mit 15, 16 kommt man da an seine Grenzen.

Inwiefern?
In der Schule sitzt du, dann musst du plötzlich den ganzen Tag stehen. In der Küche ist es laut und heiss. Du rennst herum, hast Stress. Mein Chef hatte jetzt nicht gerade den besten Umgangston mit jungen Leuten. Er wurde auch wütend. Trotzdem war er ein guter Chef. Dann sind da noch die Arbeitszeiten am Abend und am Wochenende.

Weshalb haben Sie eine Weiterbildung zum Diätkoch angehängt?
Mein Plan war, in einer Klinik zu kochen, wo es gehobenes Essen gibt, aber ich geregelte Arbeitszeiten habe.

Eine Anstellung fanden Sie im Spital Glarus. Nicht grad gehoben, oder?
(Lacht.) Nein, das hat sich einfach so ergeben. In der Zeit wurde ich auf Kochwettbewerbe aufmerksam und habe an vielen teilgenommen. Da habe ich es voll übertrieben und mehrere Wettbewerbe im Jahr gemacht. Dabei habe ich gemerkt, dass ich noch mal in eine Gourmet-Küche möchte. Das Angebot des Restaurants Magdalena kam höchst gelegen.

Ein Zwei-Sterne-Restaurant in Rickenbach SZ, das Sie mit aufgebaut haben.
Ja, ich war von Anfang an dabei. Dominik Hartmann und ich haben die erste Menükarte besprochen. Wir haben kurz vor dem ersten Lockdown eröffnet. Aber im Sommer konnten wir wieder öffnen, dann ging das Restaurant recht schnell durch die Decke. Ich kenne wenige Köche, die so begabt sind wie Dominik Hartmann.

Sie kochten in einem Zwei-Sterne-Restaurant, das super läuft. Warum haben Sie angefangen, unterhaltsame Kochvideos zu drehen?
Das war im zweiten Lockdown. Mir war langweilig. Ich habe mit Tiktok angefangen. Meine Frau hat es mir gezeigt. Innerhalb von einem halben Jahr haben immer mehr Leute meine Videos geschaut. Und ich merkte: Meine einfachen Rezeptvideos funktionieren. Erst als ich eine gewisse Qualität hatte, ging ich auf Instagram (lacht).

Warum?
Da war ich mit meinen Freunden, Arbeitskollegen, meiner Verwandtschaft vernetzt. Da wusste ich, das sehen dann alle. Als ich davon leben konnte, habe ich in der Sterneküche gekündigt. Ich habe das immer offen kommuniziert.

Sind Sie mehr Koch oder mehr Influencer?
Mehr Influencer. Im Herzen mehr Koch. Kochen ist meine grosse Leidenschaft, aber derzeit verdiene ich mein Geld als Influencer.

Ihre Videorezepte sind nicht kompliziert, trotzdem braucht es ein gewisses Kochverständnis.
Das stimmt. Meine Rezepte sollen primär als Inspiration dienen und sind weniger zum exakten Nachkochen. Gestern kochte meine Frau ein Rezept von Tanja Grandits eins zu eins nach. Ich habe noch nie ein Rezept eins zu eins nachgekocht. Ich schaue es an, finde die Idee gut und fange an zu kochen. Die meisten Leute, die nicht so gut kochen können, haben aber gern ein Rezept, dem sie Schritt für Schritt folgen können. Dafür ist ein Kochbuch hilfreicher. Instagram ist da nicht die richtige Plattform.

Welches Ihrer Videos hatte am meisten Views?
Das Käsefondue hatte sechs Millionen. Der Rüebli-Hotdog 1,4 Millionen.

Sie brechen gern «Regeln»: Ins Käsefondue geben Sie Rivella statt Weisswein. Beim Hotdog lassen Sie das Würstli weg und tun ein glasiertes Bier-Rüebli ins Brot. Aktuell sieht man Sie nicht nur auf Instagram: Sie haben mit «Hype Kitchen» eine TV-Kochshow. Warum jetzt Fernsehen?
Eine eigene Kochsendung war immer mein Traum.

Sie kochen immer ein Rezept nach, das im Netz gerade Trend ist. Die Sendung ist keine klassische Kochsendung.
Das war meine Bedingung. Ich wollte mutig sein und dass wir uns Sachen trauen.

«Kitchen Impossible» ist für viele die Kochsendung schlechthin. Wollen Sie der Tim Mälzer der Schweiz sein?
Ich bin jemand Eigenes. Aber ich weiss, was Sie andeuten. Ich finde es lustig, wenn man provoziert und frech ist. Man könnte schon sagen, dass ich gern der Tim Mälzer der Schweiz wäre.

Heute Abend kommt die zweitletzte Sendung der Staffel. Was kochen Sie?
Ich zeige den Trend «Pilze». Da die vegetarische Küche gehypter ist denn je, zeige ich, wie man aus Pilzen fleischähnliche Gerichte kreieren kann. Ich mache Tacos mit Pilzen als Hackfleischform und als Pulled Mushroom. Die Folge ist, glaube ich, die lustigste und beste, die bis jetzt lief.

Geht die Sendung weiter?
Ich hoffe es. Das war die Pilotstaffel.

Sie arbeiten an einem Kochbuch. Wird es auch mutig wie die Sendung?
Da es mein erstes Kochbuch ist, wird es persönlich. Es geht um Glarus, um mich, wie ich zum Kochen kam. Auch um meine Ausbildung, deshalb war ich gestern wieder einmal in meinem Lehrbetrieb in Elm. Ich zeige Lieblingsrezepte. Es sind einfache Rezepte, die man gut nachkochen kann. Trotzdem haben alle Rezepte einen Twist. Von den 50 Rezepten sind mindestens 40 vegetarisch.

Sehen Sie sich irgendwann wieder klassisch in einer Restaurantküche?
100 Prozent nicht. Aber wer weiss, was in 20 Jahren ist, ich bin ja noch jung.

Ein eigenes Restaurant?
Kann ich mir durchaus vorstellen. Aber ich würde eher das Konzept dafür machen, ich will nicht mehr jeden Tag in der Küche stehen. Das ist nicht meine Stärke. Ich kann gut kochen, aber es gibt Leute, die viel besser kochen können als ich. Dann stelle ich lieber so jemanden an, und ich schaue, dass es läuft.

Was essen Sie nicht gern?
Das klingt jetzt vielleicht etwas seltsam, aber unreife Früchte finde ich ganz schlimm. Alle Früchte, die meine Frau kauft, kann ich nicht essen. Eine Banane muss für mich fast schwarz sein. Ein Pfirsich etwa soll nicht knacken, wenn ich reinbeisse, er soll fast schon matschig sein.

Was kochen Sie daheim, wenn es schnell gehen muss?
Lasagne. Man denkt, das ist aufwendig, aber so, wie ich sie mache, nicht.

Nämlich?
Ich kaufe eine Fertig-Tomatensauce mit Gemüse drin. Dann koche ich rasch eine Béchamelsauce. Dann schichte ich sie abwechslungsweise mit der Tomatensauce. Ein bisschen Parmesan. 200 Grad, 20 Minuten. Fertig.

Fertige Tomatensauce mit Gemüse drin?
Wenn es schnell gehen muss! Das habe ich schon früher in meiner WG als schnellen Znacht gekocht. Natürlich kann man geile Lasagne kochen, mach ich manchmal auch. Bolognese über Nacht kochen lassen und so, da muss mir jetzt niemand kommen, das weiss ich auch. Aber es geht um schnelle Gerichte.

Warum nicht Tomaten-Spaghetti?
Bitte nicht! Ich hab das als Kind so oft gegessen. Das würde ich nie machen. Ich hasse Spaghetti mit Tomatensauce.

Ihre Tochter ist fünf Monate alt. Schon angefangen mit Brei?
Ja, ein-, zweimal.

Was gabs?
Rüeblibrei. Kulinarisch gesehen stehen wir also noch ganz am Anfang.

Sie sind in Glarus aufgewachsen, haben hier Ihr Kochstudio. Gibt es in der Region ein kulinarisches Highlight?
Leider ist es hier kulinarisch sehr trostlos. Es gab im Kanton nie ein Sternerestaurant. Ich habe früher immer gesagt, dass ich hier mal ein Restaurant eröffnen werde. Das würde sich eigentlich anbieten. Auch Bestellen ist schwierig. Es gibt nur schlechte Pizza. Der Pizzakurier hier verkauft Waschmittel, SIM-Karten – und Pizza.

Sie nehmen später noch ein Kochvideo auf. Was gibts?
Ich weiss es noch nicht. Die meisten Ideen kommen mir erst im Laden.

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