Es gibt einen Trend in der Küche. Einen globalen Trend. Rezeptfreies Kochen. Die «New York Times», die als kulinarische Referenz gilt, veröffentlichte im vergangenen Jahr ein Kochbuch mit dem vielsagenden Titel «Sammlung von Nicht-Rezepten».
Die preisgekrönte Kochbuchautorin Niki Segnit hat eines veröffentlicht mit dem Titel «Intuitiv kochen». Es gibt sogar Kurse, die rezeptfreies Kochen lehren. Diese Fähigkeit, sich blindlings in die Küche zu stürzen, verdient Respekt. Aber sie ärgert mich auch masslos.
Haben Sie schon einmal von einem Metzgerlehrling gehört, der ein Tier mit verbundenen Augen und einer Kettensäge ausbeindelt, einfach «weil er es so mag»? Nein, er folgt auf Erfahrung beruhenden Schritten, die er von Experten erlernt hat. Warum bitte wundert man sich, dass der Auflauf so fade ist, wenn man das Rezept nicht befolgt hat?
Die Pest oder faule Rezepte
Meine Hypothese ist: Es geht gar nicht um Kreativität. Das Problem ist in erster Linie, dass viele enttäuscht sind von ihren Erfahrungen mit schlechten Rezepten. Es gibt solche, die schon bei den Zutaten versagen: Ein Gemüse, das nicht auf der Liste steht, taucht plötzlich im Rezept auf. Oder umgekehrt: Die thailändische Aubergine brauchts gar nicht, obwohl Sie sie für viel Geld gekauft haben.
Andere Rezepte sind ungenau, schlecht formuliert oder nur für Experten verständlich. Und dann, am Ende, ist da noch das Ergebnis, das oft schlicht enttäuschend ist: keine Ähnlichkeit mit dem Foto, keine oder eine falsche Würze, unausgewogene Proportionen ...
Angesichts dieser schlechten Literatur ist es nicht verwunderlich, dass angehende Köche sich von den Büchern abwenden und alles Mögliche ausprobieren. Wie kann man die Spreu vom Weizen trennen und die guten Rezepte aufbewahren? Ich persönlich verlasse mich sehr auf die Bücher bekannter Köche oder Autoren, deren Rezepte in der Regel gründlich getestet werden.
Wie auch immer Sie vorgehen, die Zusammenstellung Ihrer eigenen Rezepte-Bibliothek ist ein endloser Prozess. Es ist quasi Ihr Lebenswerk als Koch, das Sie Ihren Nachkommen hinterlassen werden.
Fabien Goubet ist Food-Redaktor bei Blick und schreibt seit Jahren über Wissens- und Ernährungsthemen.
