Ein Hobby für Reiche
So viel kostet ein eigener Weinberg

Schon mal den Witz gehört: «Wie macht man ein kleines Vermögen?» Die Antwort lautet: «Man beginnt mit einem grossen und eröffnet dann ein Weingut.»
Publiziert: 06.10.2021 um 14:13 Uhr
|
Aktualisiert: 06.10.2021 um 16:32 Uhr
Shirley Amberg

Einen eigenen Weinberg zu besitzen, ist wohl der grösste Traum eines jeden Weinliebhabers.

Der US-Musiker Les Claypool (58), Sänger und Bassist der Rockband Primus, brachte es in einem Interview so auf den Punkt: «Ich und ein paar Freunde sagten uns: ‹Wir geben so viel Geld für Wein aus, lasst uns doch einfach unseren eigenen machen, das wird billiger.› Das hat sich als eines der ignorantesten Dinge erwiesen, die je aus meinem Mund gekommen sind.»

Dünne Linie zwischen Traum und Albtraum

Viele kleine bis mittelgrosse Weingüter, aber auch einige der grossen und sogar ganz grossen, kämpfen ums Überleben. Warum arbeiten diese Leute so hart, nur um knapp im Geschäft zu bleiben? Weil sie es lieben.

Die US- Schauspielerin Drew Barrymore hat ihren eigenen Wein und sagte: «Ich bin mir zu 100% sicher, dass Wein-Snobs mich belächeln»
Foto: NBCU Photo Bank/NBCUniversal via Getty Images
1/7

Warum aber investieren immer mehr Prominente und Reiche in Weingüter? Weil sie es können.

Die US-Schauspielerin Drew Barrymore (46) produziert – oder zumindest etikettiert – ebenfalls ihre eigenen Weine. In einem Interview sagte sie: «Ich bin mir zu 100 Prozent sicher, dass Wein-Snobs sich denken: ‹Wie kann sie es nur wagen!?›»

Sting (70), Francis Ford Coppola (82), Günther Jauch (65), Gérard Depardieu (72), Madonna (63), DJ Antoine (46) – sie alle spielen auch Winzer. Es wird zunehmend zur Mode, dass sich Prominente, vor allem aus der Showbranche, ein eigenes Weingut leisten. Oder zumindest eine eigene «Wein-Kollektion» besitzen.

Wein bedeutet Prestige

Je nach Budget investiert man in ein unbebautes Stück Ackerland, einen bereits bepflanzten Weinberg, einen Weinberg mit einer Kellerei oder – je nach Gusto – in ein Weingut im Landhausstil oder einem Schloss aus dem 17. Jahrhundert.

Ein Winzerbetrieb, der die Trauben nur anbaut und diese dann verkauft, ist für die allermeisten von uns am realistischsten. Wer jedoch ein richtiges Weingut führen möchte, erzielt vielleicht höhere Renditen; doch die fixen und variablen Kosten fallen ebenfalls wesentlich höher aus.

Nur Liebe und Leidenschaft für Wein ist nicht ausreichend

Es braucht eine seriöse Betriebsplanung für den Erfolg – vom Kaufvertrag bis ins Glas des Konsumenten.

Was kostet wo wie viel?

Im Bordeaux ist unter dreieinhalb Millionen Euro kein noch so verfallenes Château zu finden.

Wie sieht es mit einem Montalcino DOCG Weinberg aus? Schwierig. Oftmals werden prestigeträchtige Rebberge nicht einmal öffentlich zum Verkauf angeboten.

In der Provence hingegen variieren die Preise stark: Wenn man nur über die Weinberge spricht, so kostet einen das in der nördlichen Region durchschnittlich etwa 80'000 Franken pro Hektar. In Küstennähe sind es rund 150'000 Franken pro Hektar – dafür hat man dann aber auch noch ein bisschen vom Glamour der Côte d'Azur.

Lage beeinflusst natürlich die Preise

Nehmen wir nur Kalifornien, drüben in den USA: In Mendocino County bekommt man «bereits» ab eineinhalb Millionen US-Dollar ein ansehnliches Weingut. In Napa Valley könnte eine ähnliche Immobilie mit sechs bis sieben Millionen US-Dollar zu Buche schlagen.

Produktionskosten nicht vergessen

Die Produktionskosten im gesamten Schweizer Weinbau weisen eine Streuung von 19'000 Franken bis zu 68'000 Franken pro Hektar auf. Wichtig ist jedoch die Feststellung, dass die Differenz zwischen den Deutschschweizer Betrieben zwischen der teuersten (36'830 Franken pro Hektar) und der günstigsten Produktion (28'670 Franken pro Hektar) nur noch 8160 Franken beträgt.

Eine Auswahl an Kostenfaktoren in einem Weingut

  • Produktionskeller, Bürogebäude, Lagerraum, Verkostungsraum
  • Gehälter der Mitarbeiter
  • Marketing, Lizenzierung, Vertrieb
  • Versicherungen und Steuern

Zudem muss der Käufer die Nerven für all die Risiken und das Chaos besitzen, die mit dem Besitz eines Weinbergs verbunden sind, wie beispielsweise Hagel, zu grosse Hitze, zu kalte Kälte, irgendwelche Käfer, Pilze oder sonstige Pflanzenkrankheiten.

Wie eingangs geschrieben: Wer kann, der kann…

Das Geschenk für alle, die schon alles haben

«Es sind die Wissbegierigen, die den meisten Genuss am Wein haben», das sagte der berühmte britische Weinkritiker Hugh Johnson (82). Und recht hat er! Lassen wir doch die anderen die Trauben keltern und freuen wir uns darüber, dass wir diese sorgenfrei entdecken und geniessen können!

Für die neuen Rebstöcke am Zürcher Chillesteig in Höngg können Patenschaften erworben oder verschenkt werden. Als Patin oder Pate trägt man zum Erhalt der Tradition des stadteigenen Weinanbaus bei – und das Beste: Man bekommt eine persönliche Urkunde mit der Angabe seines nummerierten Rebstocks.

Dauer der Patenschaft: fünf oder zehn Jahre
Ertrag pro Rebstock: jährlich eine Flasche Wein (kein Schaumwein)
Kosten: 150 Franken für fünf Jahre; 300 Franken für zehn Jahre

Man hat da zwar dann nicht seinen Namen auf dem Etikett. Doch irgendwo – ganz tief im Herzen – kann man sich selber einreden: Das ist Wein von meinem Rebstock.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?