Faulenzen für Profis
Mach blau!

Tom Hodgkinson beschäftigt sich auf philosophische und humoristische Art mit dem Thema Faulenzen. In seinem neuen Buch gibt der Brite nicht immer ganz ernst gemeinte Tipps, wie du dir im Alltag kleine Auszeiten nehmen kannst. Diese drei lassen sich am ehesten umsetzen.
Publiziert: 10.08.2023 um 21:48 Uhr
|
Aktualisiert: 10.08.2023 um 21:59 Uhr
RMS_Portrait_AUTOR_1064.JPG
Jonas DreyfusService-Team

Kaufe ein dummes Telefon!

Er habe sein Smartphone schon vor Jahren ausrangiert, schreibt Tom Hodgkinson (55) in seinem Ratgeber «Kleine Auszeiten im Alltag». Whatsapp-Chats seien ihm verwehrt, er könne Freunden keine «lustigen» Bilder aus seinem Telefon zeigen und keine Selfies machen. Aber das störe ihn nicht, denn die Vorteile würden überwiegen. Im Zug starre er aus dem Fenster und meditiere. «Hat der Bus Verspätung, nutze ich die Gelegenheit und tue nichts.» Er könne Blumen betrachten, ohne den Druck zu verspüren, Bilder davon zu machen und sie auf eine Social-Media-Plattform zu stellen. Hodgkinson empfiehlt seinen Leserinnen und Lesern, ihr Smartphone einem Teenager zu schenken und sich ein sogenanntes Dumbphone – ein dummes Telefon – zu kaufen. Gemeint sind Mobiltelefone, mit denen man nicht viel mehr machen kann als Telefonieren und Kurznachrichten senden. Der niederländische Premier Mark Rutte (56) ist bekennender Dumbphone-User. In einer Lokalzeitung schwärmte er von den Vorteilen, keiner Chat-Gruppe beitreten zu müssen. «In meinem Umfeld sehe ich Menschen, die gestresst sind, weil sie mit all diesen Gruppen mithalten müssen, während ich ziemlich entspannt durchs Leben gehe.»

Ist entspannter, weil er auf seinem Nokia 301 an keinen Gruppenchats teilnehmen kann: der niederländische Premier Mark Rutte.
Foto: IMAGO/ANP

Mache einen Tag blau!

Ferris Bueller hat in der Komödie «Ferris macht blau» aus dem Jahr 1986 vorgemacht, wie es geht. Der Schüler täuschte seinen Eltern eine Erkrankung vor, um nicht zur Schule zu müssen. Stattdessen überredet er seine Freunde, mit ihm einen Tag in Chicago zu verbringen. Hodgkinson nennt den Film «eine witzige Feier von Einfallsreichtum und Widerstand gegen Autoritäten». Und er fordert seine Leserinnen und Leser dazu auf, einen Tag lang die Arbeit zu verweigern. «Legen Sie sich stattdessen ins Gras und starren Sie in den Himmel. So beruhigen Sie Ihre Seele.» Das kann für Erwachsene jedoch schlimme Konsequenzen haben. Sich grundlos krankzumelden oder unentschuldigt dem Arbeitsplatz fernbleiben, gilt als «wichtiger Grund» für eine fristlose Kündigung. Warum aber nicht einfach mal einen einzelnen Tag Ferien eingeben? Hodgkinson rät, gut zu planen, auf welche Art man in der freien Zeit nichts tun möchte. Und hat sogar eine Vorlage für eine E-Mail-Abwesenheitsmeldung getextet (man beachte das Datum!): «Um meine geistige Gesundheit zu schützen, werde ich am 1. April nicht per E-Mail erreichbar sein.»

Matthew Broderick (l., heute 61) als Ferris Bueller im Film «Ferris macht blau». Rechts von ihm seine Co-Stars Mia Sara (heute 55) und Alan Ruck (heute 66).

Meide Reisen!

Das Englische Wort für Reisen – travel – leitet sich vom lateinischen Wort trepalium ab, was ein dreizackiges Folterinstrument war und darauf hinweist, dass Reisen in ferner Vergangenheit absolut nichts mit Vergnügen zu tun hatten. Reisen sei erschöpfend gewesen, schreibt Hodgkinson. «Mit Sorgen und Nöten befrachtet, mit Banditen und Grenzbeamten, mit Skorbut, Verlust allen Geldes, Untergang des Schiffs in einem Sturm, knapp werdendem Essen, Verhaftung.» Das habe sich inzwischen geändert, sagt Hodgkinson, und beschreibt, wie er dennoch mit zunehmendem Alter gestresster wird, bevor er eine Reise antritt. «Ich liege im Bett und grüble, um welche Zeit ich am Bahnhof sein sollte und ob es besser wäre, mir dort einen Kaffee zu holen oder mir in der Küche einen zu machen, bevor ich gehe.» Am Tag der Abreise geht es weiter mit der Hektik. «Ich komme gut vierzig Minuten vor Abfahrt des Zuges am Bahnhof an und starre auf die Abfahrtsanzeige, um die Nummer des Bahnsteigs zu erhaschen, sobald sie angezeigt wird.» «Könnten wir alle nicht ein bisschen weniger reisen?», fragt er, und räumt ein, dass eine Reise «wunderbare Mussezeiten» und auch Wärme bieten kann. «Aber wenn Sie sich ein Alltagsleben schaffen können, das ziemlich genau Ihren Wünschen entspricht, wovor wollen Sie dann fliehen?»

Sich aus dem Alltagstrott ausklinken, macht im Sommer besonders Spass.
Foto: Keystone
Faulenzer von Beruf
pr, Corbis via Getty Images

Tom Hodgkinson (55) hat in Cambridge englische Literatur studiert, ist Gründer der Zeitschrift «The Idler» («Der Faulenzer» respektive «Der Müssiggänger») und betreibt eine «Idler-Akademie» in Form eines Kulturzentrums mit Bibliothek und Kaffee in London. Sein erstes Buch «Anleitung zum Müssiggang» (2014) wurde in 25 Sprachen übersetzt und verkaufte weltweit über 500'000 Exemplare. Hodkinson lebt mit seiner Familie in Devon, England.

pr, Corbis via Getty Images

Tom Hodgkinson (55) hat in Cambridge englische Literatur studiert, ist Gründer der Zeitschrift «The Idler» («Der Faulenzer» respektive «Der Müssiggänger») und betreibt eine «Idler-Akademie» in Form eines Kulturzentrums mit Bibliothek und Kaffee in London. Sein erstes Buch «Anleitung zum Müssiggang» (2014) wurde in 25 Sprachen übersetzt und verkaufte weltweit über 500'000 Exemplare. Hodkinson lebt mit seiner Familie in Devon, England.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Liebe Leserin, Lieber Leser
Der Kommentarbereich von Blick+-Artikeln ist unseren Nutzern mit Abo vorbehalten. Melde dich bitte an, falls du ein Abo hast. Noch kein Blick+-Abo? Finde unsere Angebote hier:
Hast du bereits ein Abo?