Fruchtbrei aus Beuteln für Kinder
So schädlich sind Quetschies!

Die Kinder lieben sie: Fruchtpürees aus dem Beutel. Doch gemäss Ärzten und Ernährungswissenschaftlern kann der Konsum bei Kindern zu einer Vielzahl von Problemen führen.
Publiziert: 18.10.2021 um 18:14 Uhr
Martin Rupf

Sie machen Kinder wie Eltern glücklich: Quetschies. Die kleinen Plastikbeutel mit Fruchtmus darin sind nicht nur handlich und stillen den kleinen Hunger zwischendurch. Das Allerbeste: Weil Kinder den Inhalt direkt aus der Tüte nuckeln, werden auch keine Münder, Hände oder Kleider verschmiert. Kein Wunder also, sieht man Kinder immer wieder zufrieden an Quetschies saugen.

Doch nicht alle haben Freude an dieser Art der Nahrungszufuhr. «Wir Zahnärzte erachten Quetschies als ähnlich schädlich wie Süssgetränke», sagt Hubertus van Waes, Leiter des Schulzahnärztlichen Dienstes der Stadt Zürich. Denn die Kombination von hohem Zucker- und Säuregehalt fördert das Kariesrisiko bei Kindern. Der Grund: Die enthaltene oder durch Bakterien aus dem Zucker produzierte Säure greift den Zahnschmelz an.

«Entscheidend sind die Faktoren Zeitpunkt und Häufigkeit des Verzehrs», sagt van Waes. Wenn Kinder häufig am klebrigen Fruchtbrei nuckeln und er immer wieder und über längere Zeit eingesaugt wird, umfliesst er für längere Zeit die Zähne, wodurch der Zahnschmelz angegriffen wird. «Isst das Kind dagegen eine Frucht, wird die Kaumuskulatur trainiert und der reinigende Speichelfluss gefördert.»

Weil der Brei von Quetschies die Zähne für längere Zeit umfliesst, können Zucker und Säure die Zähne besonders stark angreifen.
Foto: Universal Images Group via Getty Images
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Pro Woche werden in Basel sechs Kinder wegen Karies operiert

Dem pflichtet Raoul Furlano bei, er ist Leitender Arzt der Pädiatrischen Gastroenterologie und Ernährung am Universitäts-Kinderspital beider Basel. Der weise Volksspruch «Ruhe im Mund hält Zähne gesund» sei eine Tatsache und ein ständiges Nuckeln an zuckerhaltigen Speisen schlecht für den Zahn. «Wir behandeln im Kinderspital pro Woche im Schnitt sechs Kinder wegen Karies in Vollnarkose. Dabei ist nicht jede Karies genetisch bedingt, sondern auf mangelnde Zahnhygiene zurückzuführen und darauf, dass die Zähne stetig Säure und Zucker ausgesetzt werden.»

«Ohne zusätzlichen Zucker» bedeutet nicht unbedingt gesund

Laut Raoul Furlano sind bei zu häufigem Verzehr von Quetschies nicht nur Kinderzähne gefährdet. Die sehr hohe Zuckerkonzentration kann für die Leber schädlich sein – bei häufigen und lang anhaltendem Konsum. Dann schafft es die Leber nicht, den Fruchtzucker zu verarbeiten. Das kann zu Fettleber und später zu einer Zirrhose führen. «Ausserdem können als Folge eines Überkonsums Fettleibigkeit, Ungleichgewicht beim Fettstoffwechsel und Diabetes resultieren.»

Der Ernährungswissenschaftler warnt gleichzeitig vor dem «missverständlichen» Hinweis «ohne zusätzlichen Zucker». Quetschies mit Früchten enthalten Fruchtzucker, der die gleiche Wirkung wie Haushaltzucker habe. Letztlich sei es auch bei den Quetschies eine Frage der Menge. «Hin und wieder ein Quetschie als Süssigkeit zu verzehren, schadet nicht – aber täglicher Konsum und dann noch in grossen Mengen schon», so Furlanos Fazit.

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