Klar sehen
Was bei müden Augen hilft

Bildschirm und Smartphone können unser Sehorgan stressen. Tipps und Übungen, die helfen.
Publiziert: 19.08.2024 um 14:29 Uhr
Barbara Schmutz
Barbara Schmutz
Beobachter

Morgens, wenn der Wecker klingelt und wir schlaftrunken die Uhrzeit ablesen, läuft in unseren Augen bereits eine ganze Reihe von Prozessen ab. Den Anfang machen die Lichtstrahlen, die vom Wecker reflektiert werden und auf die Hornhaut treffen. Hier wird das Licht gebündelt, bevor es durch die Pupille auf die dahinterliegende Linse fällt. Die bündelt das Licht ein weiteres Mal und schickt es auf die Netzhaut im Augenhintergrund. Dort sitzen Sehzellen, die das Licht in Nervenimpulse umwandeln. Der Sehnerv leitet sie ans Gehirn weiter – das Bild des Weckers entsteht.

«Wenn wir über unsere Sinnesorgane mit der Welt in Kontakt treten, spielt das Sehen eine dominierende Rolle», sagt Hendrik Scholl, langjähriger Leiter der Augenklinik am Unispital Basel. «Von den 100 Milliarden Nervenzellen in unserem Gehirn ist die Hälfte ständig auf irgendeine Art mit visuellen Eindrücken beschäftigt.»

Augen überfordern: Wie schlimm ist es?

Damit wir überhaupt sehen können, sind Hornhaut, Vorderkammer, Linse, Glaskörper und Netzhaut durchsichtig – und bleiben über Jahrzehnte hinweg klar. Wenn wir älter werden, kann sich allerdings die Linse eintrüben: Grauer Star lautet dann die Diagnose.

Viel Zeit an Bildschirm und Smartphone können unser Sehorgan stressen.
Foto: imago/Westend61
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Artikel aus dem «Beobachter»

Das ist ein Beitrag aus dem «Beobachter». Das Magazin berichtet ohne Scheuklappen – und hilft Ihnen, Zeit, Geld und Nerven zu sparen.

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Nicht nur das Alter, auch der sogenannte digitale Stress fordert bei manchen das Auge heraus – sie klagen über gerötete, trockene und tränende Augen. Ist es tatsächlich ungesund, wenn wir mehrere Tage pro Woche am Computer arbeiten und zwischendurch ständig das Neuste von Social Media auf dem Smartphone checken? «Die Netzhaut, dieser heilige Gral des Sehens, schläft nie», sagt Hendrik Scholl. «Ihr ist es völlig egal, ob man 16 Stunden lang auf einen Bildschirm guckt, die Augen schliesst oder draussen spazieren geht.» Und weil die Netzhaut keine Schmerzrezeptoren hat, kann sie auch nicht wehtun.

Anders die Hornhaut, die sich wie eine Kuppel über Iris und Pupille wölbt. Sie ist die Körperstruktur mit der höchsten Dichte an Schmerzrezeptoren. Bereits kleinste Fremdkörper stören sehr, etwa eine Wimper oder ein Sandkorn. Auch für die Hornhaut ist es nicht besonders schädlich, wenn wir lange konzentriert auf den Bildschirm gucken. Aber weil wir dabei weniger blinzeln als gewöhnlich, trocknet die Oberfläche langsam aus.

«Es kann eine chronische Entzündung entstehen», sagt Farhad Hafezi. Er ist Experte für Erkrankungen der Hornhaut und Leiter der Augenklinik Elza Institute in Dietikon ZH. «Die Entzündung beeinflusst die Talgdrüsen am Rand der Augenlider, die die Lipidschicht herstellen.» Wenn diese ölige Schicht nicht mehr richtig produziert wird, verdunstet der Tränenfilm. Die Folge: chronisch trockene Augen. Dagegen könne eine gute Lidrandpflege helfen, sagt Hafezi – und ein Luftbefeuchter, den man neben dem Computer platziert. «Damit die Luftfeuchtigkeit auf 40 Prozent steigt. In vielen geschlossenen Räumen beträgt sie nur 10 Prozent.»

Kurzsichtigkeit in den Jugendjahren

Hendrik Scholl in Basel beschäftigt weniger der digitale Stress als vielmehr eine andere Entwicklung: dass weltweit immer mehr Menschen kurzsichtig sind. In den letzten 100 Jahren sind unsere Augen im Schnitt drei Dioptrien kurzsichtiger geworden. Bei einem Grossteil der Betroffenen hat sich die Kurzsichtigkeit in den Jugendjahren entwickelt. Ein möglicher Grund für diese Entwicklung: Kinder und Jugendliche bekommen heute weniger Tageslicht ab als frühere Generationen. Fachleute vermuten, dass bei Heranwachsenden, die häufig in der Stube hocken und am Computer oder aus Büchern lesen und lernen, ein Wachstumsschub des Auges ausgelöst wird. Und je stärker der Augapfel in die Länge wächst, desto grösser ist die Kurzsichtigkeit.

«Wenn Kinder und Jugendliche jeden Tag mindestens zwei Stunden draussen verbringen, kann das helfen, dass sich eine Kurzsichtigkeit weniger stark entwickelt oder gar nicht erst entsteht», sagt Scholl. Das zeige das Beispiel Taiwan. Dort verordne das Bildungsministerium allen Heranwachsenden zwei Stunden Tageslicht zwischen 12 und 14 Uhr. Tatsächlich zählt man seither weniger Kurzsichtige. «Und in China werden heute Schulhäuser mit grossen Fensterfronten gebaut, damit möglichst viel Tageslicht in die Schulzimmer fluten kann», ergänzt Farhad Hafezi.

Fehlsichtigkeit im Erwachsenenalter

Was können Erwachsene tun, um die Augen gesund zu erhalten? Leider nicht viel, sagt Scholl. Hohe Vitamingaben helfen nur bei bestimmten Frühformen der altersbedingten Makuladegeneration. Und mit Augentraining könne man einer Fehlsichtigkeit weder vorbeugen noch sie verhindern. Auch nicht die Altersfehlsichtigkeit. «Sie wird uns alle treffen», sagt Scholl. «Je älter wir werden, desto stärker verliert die Linse ihre Formbarkeit. So um die 60 ist sie dann fast bei null.» Das sieht auch Hafezi so: «Es ist wissenschaftlich nicht erwiesen, dass man mit Augengymnastik den Prozess der Altersfehlsichtigkeit verlangsamen kann.»

Müde Augen: Mit diesen Übungen entspannst du strapazierte Augen

Auch wenn Augentraining nicht verhindern kann, dass die Elastizität der Linse schwindet, kann es dennoch guttun. Es verschafft uns Pausen vom Bildschirm und lädt zum Blinzeln ein. Wer für die Übungen vom Bürostuhl aufsteht, lockert gleich noch Nacken, Schultern und Rücken.

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