Dry January
Wie viel Alkohol ist eigentlich (un)gesund?

Neues Jahr, neue Vorsätze. Zum Beispiel einen Monat lang nüchtern bleiben. Vom sogenannten Dry January erhoffen sich viele Menschen gesundheitliche Vorteile. Hier erfährst du, wie nachhaltig das ist und was Experten dazu sagen.
Publiziert: 04.01.2024 um 12:00 Uhr
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Valentin RubinRedaktor Service

Volksdroge, sozialer Kitt oder ein Mittel der Entspannung? Alkohol geniesst einen hohen Stellenwert in unserer Gesellschaft, schadet aber der Gesundheit. 

Im Januar versuchen darum viele Menschen, einen Monat lang auf alkoholische Getränke zu verzichten, und schliessen sich damit der wachsenden globalen Bewegung des «Dry January» – des trockenen Januars – an. Fragt man einen Ernährungsexperten, einen Toxikologen und die WHO, scheinen die gesundheitlichen Vorteile auf der Hand zu liegen. Ihre Empfehlungen für einen gesunden Alkoholkonsum unterscheiden sich dennoch.

Ernährungsexperte

«Alkoholkonsum ist deswegen so umstritten, weil er in der Gesellschaft so verankert ist», schreibt der preisgekrönte britische Epidemiologe und Ernährungsexperte Tim Spector (65) in seinem 2023 erschienenen Buch «Nahrung fürs Leben». Was er damit meint: Gäbe es Alkohol nicht schon so lange, würde er sicher als illegale Droge eingestuft werden. 

Maximal zwei Gläser pro Tag für Männer, eines für Frauen – soweit die Vorgaben für einen moderaten Alkoholkonsum gemäss Bundesamt für Gesundheit.
Foto: Getty Images

Denn schädlichen Folgen seien bekannt: «Je mehr Alkohol konsumiert wird, desto höher ist das Risiko nahezu aller Erkrankungen.»

Einzig Rotwein kann Spector etwas Positives abgewinnen. Der Grund liegt in den darin enthaltenen Polyphenolen. Das sind sekundäre Pflanzenstoffe, die vor allem in Obstschalen vorkommen, auch in Traubenschalen. Da die Schalen bei der Herstellung von Weisswein nicht mitvergoren werden, enthält dieser deutlich weniger Polyphenole als Rotwein.

Das hat gesundheitliche Auswirkungen. Denn Polyphenole haben eine entzündungshemmende und blutdrucksenkende Wirkung. Spector schreibt zwar, dass frische Trauben gesünder als Rotwein seien. Aber: «Ein kleines Glas dreimal pro Woche ist unbedenklich.»

Effekte des Dry January

Studien deuten darauf hin, dass die Effekte eines einmonatigen Verzichts auf Alkohol nachhaltig sein können. Hält man die 31 Tage durch, ist das eine genug lange Zeit, um sich neue Gewohnheiten anzueignen – beim Essen, im Ausgang mit Freunden oder im Feierabend.

Ein einmonatiger Verzicht hat auch gesundheitliche Vorteile. Forscher an der Universität Sussex (GB) führten 2018 eine Studie mit über 800 Teilnehmern durch, um die kurz- und langfristigen Effekte des Dry January zu untersuchen. Ihre Erkenntnis: 70 Prozent der Teilnehmer schliefen besser und hatten insgesamt mehr Energie, 60 Prozent konnten ihr Gewicht reduzieren, 55 Prozent hatten eine bessere Haut.

Der Psychologe und Studienleiter Richard de Visser hielt darüber hinaus fest: Wer den Dry January durchhielt, der trank auch im August desselben Jahres weniger Alkohol als noch im Jahr zuvor. Die gesundheitlichen (und damit verbundenen finanziellen) Vorteile scheinen demnach nachhaltig zu sein.

Studien deuten darauf hin, dass die Effekte eines einmonatigen Verzichts auf Alkohol nachhaltig sein können. Hält man die 31 Tage durch, ist das eine genug lange Zeit, um sich neue Gewohnheiten anzueignen – beim Essen, im Ausgang mit Freunden oder im Feierabend.

Ein einmonatiger Verzicht hat auch gesundheitliche Vorteile. Forscher an der Universität Sussex (GB) führten 2018 eine Studie mit über 800 Teilnehmern durch, um die kurz- und langfristigen Effekte des Dry January zu untersuchen. Ihre Erkenntnis: 70 Prozent der Teilnehmer schliefen besser und hatten insgesamt mehr Energie, 60 Prozent konnten ihr Gewicht reduzieren, 55 Prozent hatten eine bessere Haut.

Der Psychologe und Studienleiter Richard de Visser hielt darüber hinaus fest: Wer den Dry January durchhielt, der trank auch im August desselben Jahres weniger Alkohol als noch im Jahr zuvor. Die gesundheitlichen (und damit verbundenen finanziellen) Vorteile scheinen demnach nachhaltig zu sein.

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Toxikologe

Carsten Schleh (46) ist Toxikologe aus Deutschland und Autor des 2021 erschienenen Buches «Vorsicht, da steckt Gift drin!» Er sagt gegenüber Blick: «Alkohol ist die zerstörerischste Droge überhaupt.» Es gebe kein ähnlich giftiges Mittel, das wir in gleichem Ausmass konsumieren.

Zu den Vorgaben eines gemässigten Alkoholkonsums des Bundesamts für Gesundheit – für Männer nicht mehr als zwei Gläser Alkohol pro Tag, für Frauen aufgrund ihres anatomisch bedingt tieferen Gehalts an Körperflüssigkeit nicht mehr als eines – sagt er: «Das sind gesellschaftlich anerkannte Werte. Aus toxikologischer Sicht bringt dieser Konsum bereits ein langfristiges gesundheitliches Risiko.»

Ein Glas Rotwein zu einem guten Essen. Die Meinungen darüber, wie gut uns das tut, gehen auseinander.
Foto: Getty Images

WHO

Klarer als Schleh fasst es die Weltgesundheitsorganisation WHO zusammen. Anfang 2023 veröffentlichte sie im internationalen Fachjournal «The Lancet» einen Bericht, in dem sie die Wirkung von Alkoholkonsum genauer beleuchtet. Sie lässt darin keine Zweifel: «Beim Alkoholkonsum gibt es keine gesundheitlich unbedenkliche Menge.» Jeder Alkoholkonsum ist gemäss WHO zu viel.

Alkohol gehöre nicht umsonst zu den Karzinogenen der Gruppe 1, also zur höchsten Risikogruppe krebserregender Stoffe. Demnach ist Alkohol ähnlich krebserregend wie Asbest, Strahlung oder Tabak. Die Gesundheitsbehörde weist im Bericht darauf hin: «Die neuesten verfügbaren Daten deuten darauf hin, dass die Hälfte der dem Alkohol zurechenbaren Krebsfälle in der Europäischen Region der WHO durch leichten bis moderaten Alkoholkonsum verursacht werden.»

Allein in Europa seien demnach über 200 Millionen Menschen gefährdet, an alkoholbedingtem Krebs zu erkranken.

Dry January – Der Selbstversuch vom Blick-Redaktor

Letztes Jahr wagte Andreas Hobi, Teamlead Community bei Blick, den Selbstversuch im Dry January. Wie es ihm dabei ergangen ist, liest du hier.

Letztes Jahr wagte Andreas Hobi, Teamlead Community bei Blick, den Selbstversuch im Dry January. Wie es ihm dabei ergangen ist, liest du hier.

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