Experte beantwortet 5 Fragen
Darum ist Barfusslaufen nicht für jeden gesund

Weil wir ständig Schuhe tragen, verkümmert die Muskulatur unserer Füsse. Das Barfusslaufen wirkt dem entgegen. Aber in manchen Fällen kann es schädlich sein.
Publiziert: 18.06.2023 um 13:32 Uhr
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Aktualisiert: 10.04.2024 um 12:19 Uhr
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Jana GigerRedaktorin Service
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Wie beeinflusst Barfusslaufen die Fussmuskulatur?

«Beim Barfusslaufen werden die Bänder und feinen Muskeln an den Fusssohlen trainiert», sagt Markus Knupp (51), Orthopäde und Fusschirurg aus Basel. Unsere Füsse sind ein hochsensibles Tastorgan mit über 30 Muskeln, mehr als 100 Bändern und etwa 70'000 Nervenenden. Doch weil wir ständig Schuhe tragen, verkümmere die feine Muskulatur, sagt der Experte. Wenn man barfuss über Kieselsteine, eine Wiese oder durch den Sand geht, richtet sich das Fussgewölbe (die Innenseite des Fusses zwischen Fersen und Zehenballen) durch die Stimulation des unebenen Bodens auf. Dabei ziehen sich die Muskeln und Bänder zusammen und werden dadurch stärker.

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Bei welchen Beschwerden ist barfuss besonders hilfreich?

«Wer unter geschwollenen Füssen leidet, profitiert enorm vom Barfusslaufen, weil es die Durchblutung anregt», sagt Knupp. Da sich die Muskeln zusammenziehen, wird das Blut in den Venen schneller zurück in Richtung Herz gepumpt, sodass die Schwellung abnimmt. Zudem geht man in der Orthopädie laut Knupp davon aus, dass beginnende Fehlstellungen durch das Barfusslaufen verlangsamt werden können. Je früher man damit beginne, desto besser.

Auf Barfusspfaden werden die Fusssohlen besonders stark stimuliert, da sie aus verschiedenen natürlichen Materialien bestehen.
Foto: Shutterstock
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Kann es Fussfehlstellungen korrigieren?

Ein ausgeprägter Senkfuss, bei dem das Fussgewölbe abgeflacht ist, oder ein Hallux Valgus, bei dem sich der Mittelfussknochen nach aussen verschiebt und Schmerzen verursacht, lassen sich laut Knupp entgegen weit verbreiteter Meinung nicht mit Barfusslaufen heilen. Denn die Ursachen von Fehlstellungen seien komplex und nicht allein auf zu kleine oder zu enge Schuhe zurückzuführen. «Heute weiss man, dass Bindegewebsschwächen oder die genetische Veranlagung den grössten Einfluss darauf haben», sagt der Experte. Eine Forschung im Amazonasgebiet habe gezeigt, dass Menschen, die noch nie in ihrem Leben Schuhe getragen haben, ähnliche Fussprobleme haben wie Personen in westlichen Ländern.

Barfuss über eine Wiese zu laufen, stimuliert die Fusssohlen und stärkt Muskeln und Bänder.
Foto: Getty Images/Westend61
Fuss-Spezialist und Sportmediziner

Markus Knupp (51) führt in Basel eine eigene Praxis für Fusschirurgie und Sportmedizin. Er ist seit über 20 Jahren als Orthopäde und Fusschirurg tätig und Mitglied der Fuss-Expertengruppe bei der Schweizerischen Gesellschaft für Orthopädie und Traumatologie. Zudem betreut er zahlreiche international erfolgreiche Athleten und mehrere Fussballvereine.

Hans KOBI

Markus Knupp (51) führt in Basel eine eigene Praxis für Fusschirurgie und Sportmedizin. Er ist seit über 20 Jahren als Orthopäde und Fusschirurg tätig und Mitglied der Fuss-Expertengruppe bei der Schweizerischen Gesellschaft für Orthopädie und Traumatologie. Zudem betreut er zahlreiche international erfolgreiche Athleten und mehrere Fussballvereine.

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Wer sollte nicht barfuss laufen?

Personen, die Stabilitätsprobleme am oberen Sprunggelenk haben oder aufgrund schwacher Bänder häufig umknicken, sollten gemäss Knupp nicht zu oft barfuss laufen. «In solchen Fällen ist es sinnvoller, Schuhe mit einer hohen Fersenkappe zu tragen», sagt er. Der verstärkende Teil des Schuhs im Fersenbereich sorgt für Stabilität und Halt. Diabetiker sollten laut Experte ebenfalls vorsichtig sein beim Barfusslaufen. «Die Zuckerkrankheit kann zu Nervenschäden führen, was Taubheitsgefühle am Fuss zur Folge hat.» Dadurch ist die Wahrnehmung beeinträchtigt, was vor allem im Sommer gefährlich ist, wenn man nicht spürt, wenn sich Blasen bilden.

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Wie integriert man Barfusslaufen in den Alltag?

«Zu Hause barfuss auf Stein- oder Holzböden zu laufen wirkt stimulierend», sagt Knupp. Noch besser seien Wiesen, sandige oder erdige Böden. Auf Barfusspfaden, die aus verschiedenen Materialien wie Steinen, Moos oder Tannenzapfen bestehen, ist die Stimulation besonders gross. Personen mit Fussproblemen, die keine Zeit haben, um draussen barfuss zu laufen, empfiehlt der Experte, im Badezimmer eine Schale mit Sand aufzustellen, um während des Zähneputzens hineinzustehen. Eine weitere Möglichkeit, um die Muskeln zu stärken, sind Bälle oder Rollen, die man stehend oder sitzend – zum Beispiel beim Fernsehschauen – zur Stimulation der Fusssohle verwenden kann. Dafür geeignet sind:

  • Igelbälle mit abgerundeten Noppen aus Plastik
  • Tennisbälle
  • Golfbälle
  • Blackrolls aus Schaumstoff
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