Erfolgsautor Clemens G. Arvay über tierunterstützte Therapien
«Hühner lindern das Leiden von Depressiven»

Die heilsame Wirkung von Tieren auf Menschen wird viel zu wenig genutzt, sagt Erfolgsautor Clemens G. Arvay. Denn Bello & Co. stärken Körper und Psyche weitaus mehr als gedacht.
Publiziert: 30.11.2016 um 16:28 Uhr
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Aktualisiert: 10.12.2020 um 09:31 Uhr
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Hühner machen nicht nur Kinder froh: Sie nützen auch nachweislich bei Symptomen von Altersdemenz und Depression.
Foto: Getty Images
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Carmen Schirm-Gasser

Das letzte Wort über die Wunder des Hundes ist noch nicht geschrieben», sagte einst US-Autor Jack London. Auf welche «Wunder» sind Sie in Ihren Studien gestossen?
Clemens G. Arvay: Die amerikanische Medizinwissenschaftlerin Erika Friedmann zeigte auf, dass das Zusammenleben mit einem Hund vor Herzinfarkt schützen kann, ebenso wie vor anderen Kreislauf-Erkrankungen. Die Blutwerte sind generell besser, das Immunsystem wird stärker.

Gesund dank Hund – das stimmt also wirklich? Der Hund zwingt einen immerhin, täglich spazieren zu gehen.
Die meisten von mir untersuchten Studien zielten auf die unmittelbare Begegnung mit Hunden, nicht auf die Bewegung, die man mit einem Hund zusätzlich hat. Bei einer Studie, die im US-Fachblatt «Psychological Report» erschien, liess man Studenten Hunde streicheln.

Mit welchem Resultat?
Der Kontakt führte dazu, dass mehr wichtige Abwehrstoffe im Körper der Studenten gebildet wurden, zum Beispiel Immunglobulin A. Eine Substanz, die bei der Abwehr von Krankheitserregern hilft. Wichtig: Diese Wirkung zeigte einzig das Streicheln lebendiger Tiere. Die Kontrollgruppe, die einen Stoffhund streichelte, bildete diese zusätzlichen Abwehrstoffe nicht.

Ganz grundsätzlich: Welchen Einfluss haben Bello und Co. auf unsere Gesundheit?
Der regelmässige Kontakt mit Tieren schützt den Körper vor Zivilisationskrankheiten. Er stärkt unser Immunsystem, schützt vor Herzinfarkt, senkt den Blutdruck, hilft bei psychischen Krankheiten und Demenz.

Sind das bloss Annahmen oder harte wissenschaftliche Fakten?
Ausschliesslich wissenschaftliche Fakten. Es war mir ein Anliegen, tiergestützte Medizin auf eine akademische Ebene zu bringen. Für mein jüngstes Buchprojekt habe ich rund 150 wissenschaftliche Studien aus der
ganzen Welt ausgewertet.

Tiere sind also die bessere Medizin?
Nein, Tiere sind kein Ersatz für die klassische Medizin. Sie sind eine Ergänzung. Dank Studien wissen wir heute, dass Behandlungen besser und erfolgreicher sind, wenn Tiere eingebunden werden.

Was genau passiert in unserem Körper?
Der Parasympathikus, ein Teil des vegetativen Nervensystems, wird aktiviert. Dieser durchzieht den ganzen Körper, er regeneriert Zellen, erhöht die Aktivität des Immunsystems, reduziert den Blutzuckerspiegel, erhöht die Insulinproduktion, senkt den Blutdruck und fördert die Selbstheilung.

Nur durch den Kontakt zu Tieren?
Genau. Fast alle Zivilisationserkrankungen hängen mit dem Parasympathikus zusammen: Immunschwäche, Herz-Kreislauf, Diabetes, Verdauungsprobleme. Die Aktivierung des Parasympathikus kann allen Zivilisationskrankheiten entgegenwirken.

Sie sind ein Hühnerfan, wie man in Ihrem Buch lesen kann.
Gerade Hühner, die in der Lebensmittelindustrie am Fliessband im Drei-Sekunden-Takt getötet werden, haben unglaubliche soziale Fähigkeiten. Bei einem Forschungsprojekt in Grossbritannien leben Hühner mit dementen und depressiven Patienten zusammen. Die Gemeinschaft hat bewirkt, dass die Symptome der Demenz, aber auch der Depression kleiner wurden.

Welche Tiere sind noch gut für die Psyche?
Bauernhoftiere. Ziegen, Schafe, Pferde, Rinder und Schweine. Sie helfen Menschen mit psychischen Erkrankungen, weil sie soziale Wesen mit starken Persönlichkeiten sind. Können Patienten in psychischen Notlagen mit Bauernhoftieren regelmässig agieren und sie pflegen, verbessert sich ihr Gesundheitszustand rascher. Sogar Panik- und Angststörungen gehen zurück, wie Studien zeigen.

Welche Studie hat Sie am meisten überrascht?
Jene über die Heilwirkung von Kaninchen.

Konkret?
An einer Klinik in München werden Kaninchen bei Wachkomapatienten eingesetzt. Denn man hat festgestellt, dass durch den Körperkontakt zu Kaninchen die Therapien um einiges besser und erfolgreicher wirken. Sie müssen wissen: Die Tiere werden zu den Menschen ins Bett gelassen.

Toll für die Patienten. Aber für das Tier?
Kaninchen sind domestizierte Tiere, scheuen den Kontakt zu Menschen nicht. Es werden hohe hygienische Standards eingehalten, die Tiere sehr gepflegt. Ist der respektvolle Umgang vorhanden, kann der Kontakt zu Patienten auch für das Tier wertvoll sein.

Woher wollen Sie das wissen?
Man kann sehr gut beobachten, dass domestizierte Tiere Interesse zeigen, wenn sie kranken Menschen begegnen. Sie mögen soziale Begegnungen mit Menschen. Insbesondere Hunde und Kaninchen haben ein besonderes Einfühlungsvermögen für Menschen.

Was machen, wenn einem keine Zeit bleibt für ein Haustier und der nächste Bauernhof weit weg ist?
Studien zeigen: Auch die Beobachtung von Wildtieren wirkt. Das kann ein Vogel sein, den man beobachtet, ein Eichhörnchen oder ein Reh. Auch die Reize der Natur und Wildtiere aktivieren den Parasympathikus.

Beobachten Sie selbst Wildtiere?
Regelmässig. Ich wohne am Waldrand und gehe häufig spazieren. Dadurch habe ich in der Grippezeit eine weit höhere Resistenz.

Bietet der Zoo diesen Heilungseffekt auch?
Man kann im Zoo durchaus die Faszination an Tieren erleben, aber dort herrscht eben auch immer Rummelplatz-Atmosphäre. Um auf Ihre Frage zurückzukommen: Die Begegnung mit Wildtieren in ihren natürlichen Lebensräumen ist komplett anders. Und mit dem Zoo nicht zu vergleichen. Also eher nein.

Wurden Sie selber schon mal durch Tiere geheilt?
Als Jugendlicher hat mir meine Katze Fanni oft geholfen. Während dieser Zeit steckt man ja oft in einer Gefühlskrise und hat Probleme in der Schule. Sie war sehr sensitiv, hat gespürt, wenn es mir schlecht gegangen ist – und ist von sich aus zu mir gekommen.

Wirken Katzen also auch heilend?
Vermutlich, aber diese Annahme kann ich wissenschaftlich nicht bestätigen. Denn ich habe keine Studie dazu gefunden. Katzen sind sehr eigenwillige Tiere, deshalb werden sie nicht so häufig für Therapien eingesetzt.

Besitzen Sie ein Haustier?
Nein, dafür bleibt mir viel zu wenig Zeit. Ich bin viel unterwegs für meine Lesungen und die Recherchen. Ich nehme aber immer wieder in Not geratene Tiere auf und suche einen Lebensplatz für sie.

Aktuell?
Aktuell horte ich zwei Vögel in einer grossen Voliere. Ein Spitzschwanz-Bronze-Männchen aus dem Tierheim und einen Spatz mit einer Schwermetallvergiftung. Dieser wäre draussen nicht mehr überlebensfähig.

Haben Sie eine Erklärung, weshalb viele Menschen Hunde wie Familienmitglieder behandeln, aber hochintelligente Schweine essen?Wir betrachten Tiere aus einem sehr egoistischen Blickwinkel: Sind sie unsere Freunde oder nicht? Haben wir eine persönliche Beziehung zu dem Tier, dann wollen wir es behüten. Andere Tiere hingegen lassen wir auf grausame Art schlachten – und kaufen sie als Billigfleisch. Das ist keine aufrichtige Tierliebe. Und wir vergessen dabei, dass die meisten Tiere einen sehr hohen Bewusstseinsgrad haben.

Ich nehme an, Sie sind Vegetarier.
Seit ich 13 bin. Ich hielt in der Schule ein Referat über Tiertransporte. Dafür habe ich mir Bilder angesehen, wie Tiere gehalten werden, und mir kamen dabei die Tränen. Seitdem bin ich Vegetarier. Ich will andere mit meinen Studien und Ansichten nicht belehren. Mein Anliegen ist es vielmehr, unser
Bewusstsein für die Situation der Tiere und den Umgang mit ihnen zu schärfen.

Es gibt Forscher und Tierrechtler, die fordern, dass Tieren Grundrechte zugestanden werden sollten. Was halten Sie davon?
Das ist längst überfällig, hoch entwickelten Tieren, etwa Säugetieren, müssen unbedingt Grundrechte zugesprochen werden. Mit Gorillas, Orang-Utans und Schimpansen teilt der Mensch 98 Prozent seiner Gene. Ihr Bewusstsein und ihre Leidensfähigkeit entspricht jener des Menschen.

An welche Grundrechte denken Sie insbesondere?
Sie sollten lauten: Freiheit, Selbstbestimmtheit und körperliche respektive psychische Unversehrtheit durch den Menschen. Wir Menschen dürfen Tiere nicht mehr einsperren, töten oder verfolgen.

Sie schreiben in Ihrem Buch «Der Heilungscode der Natur» auch über die Heilwirkung des Waldes. Haben Sie keine Angst, als Esoteriker abgekanzelt zu werden?
Nein. Denn all meine Bücher basieren auf wissenschaftlichen Studien. Es ist mir zwar schon passiert, dass ich als Esoteriker bezeichnet wurde, nur weil ich sage, die Natur tue uns gut. Aber es ist ein seltsames Zeichen, dass man deshalb gleich unter Generalverdacht gerät.

Ein Zeichen wofür?
Ein Zeichen dafür, dass wir heute von der Natur sehr weit weg sind.

Buchtipp: Clemens G. Arvay: «Der Heilungscode der Natur», Riemann-Verlag, 2016.

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Clemens G. Arvay

Clemens G. Arvay (36) hat seine Leidenschaft zum Beruf gemacht: das -Erforschen der Natur. Bereits sein Grossvater war Botaniker und Förster, er weckte in ihm das Interesse, deshalb studierte Arvay Biologie. Als freiberuflicher Autor schrieb er bislang acht Sachbücher und hält Vorträge und Seminare über tiergestützte Medizin und die Heilkräfte des Waldes. Für sein neues Werk analysierte der Österreicher weltweit 150 wissenschaftliche Studien zu Tieren als Therapeuten. Arvay lebt in Niederösterreich, ist ledig und hat einen zweijährigen Sohn.

Clemens G. Arvay (36) hat seine Leidenschaft zum Beruf gemacht: das -Erforschen der Natur. Bereits sein Grossvater war Botaniker und Förster, er weckte in ihm das Interesse, deshalb studierte Arvay Biologie. Als freiberuflicher Autor schrieb er bislang acht Sachbücher und hält Vorträge und Seminare über tiergestützte Medizin und die Heilkräfte des Waldes. Für sein neues Werk analysierte der Österreicher weltweit 150 wissenschaftliche Studien zu Tieren als Therapeuten. Arvay lebt in Niederösterreich, ist ledig und hat einen zweijährigen Sohn.

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