Kampf dem Dampf
Das muss man über E-Zigaretten wissen

E-Zigaretten wollen Rauchverbote erträglicher machen. Als bunte «Shishas» sind sie bei Jugendlichen beliebt. Dabei sind sie alles andere als harmlos.
Publiziert: 18.11.2021 um 16:37 Uhr
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Aktualisiert: 18.03.2022 um 11:07 Uhr
Thomas Vogel

Sie sind bunt, sie sind trendy, sie sind einfach zu bekommen, und sie sind gefährlich: sogenannte elektronische Inhala­tionsprodukte, besser bekannt als E-Zigaretten, E-Shishas oder «Shisha to Go». Sie sind so gross wie Füll­federhalter und bei Jugendlichen zurzeit der Renner.

Der Boom von E-Zigaretten

Der Boom geht auf die vielen Rauchverbote zurück. E-Zigaretten werden mit denselben Argumenten beworben wie in den 1950er- und 1960er-Jahren Glimmstengel aus Tabak. «Mit Freiheit, Coolness und einem speziellen Lifestyle», erklärt Philipp Frei, Pressesprecher beim Blauen Kreuz Schweiz. Die Defini­tion der E-Zigarette: ein elektrisch beheiztes Gerät zur Verdampfung einer aromatisierten Flüssigkeit. E-Shishas wiederum sind nicht wiederbefüllbare Einweg-E-Zigaretten.

Damit schuf die Industrie gezielt eine Produktgruppe, die bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen gut ankommt. «Sie ist attraktiv gestaltet, enthält angenehme Duft- und Aromastoffe, und mit der Bezeichnung Shisha lehnt sich die Industrie an die bei dieser Altersgruppe bereits weit verbreiteten Wasserpfeifen an», erklärt Roger Zahner, Bereichsleiter der Suchtpräventionsstelle der Stadt Zürich. Zudem sind sie dank der einfacheren Einweg-Ausführung auch für Jugendliche finanzierbar.

E-Zigaretten sind beliebter in der Stadt als auf dem Land

Zu bekommen sind die elektronischen Dampfer ganz einfach, lagern sie doch an Kiosken für alle gut sicht- und kaufbar – oftmals an vorderster Front. «Jedes Kind darf sie kaufen», sagt Philipp Frei. «Da das Handling der E-Shishas jenem von herkömmlichen Zigaretten entspricht, besteht die Gefahr, dass eingeübte Verhaltensmuster hin zum Tabakkonsum führen», befürchtet Experte Roger Zahner.

Dass man den Trend zum kalten Dampf mit Sorge beachten muss, beweist der Bericht «Suchtmonitoring Schweiz» des Bundesamtes für Gesundheit aus dem Jahr 2013. Demnach dampften von 50 befragten Jugendlichen 16 Prozent bereits einmal eine E-Zigarette. In der Altersgruppe 20 bis 25 Jahre ist dieser Anteil sogar leicht höher. «In städtischen Gebieten wird mehr gedampft als auf dem Land», weiss Philipp Frei.

Eine beunruhigende Entwicklung, denn mit dem Dampf inhalieren Jugendliche nicht nur die Grundsubstanz Propylenglykol, die Atemwege reizt und verengt, sondern auch Aromastoffe wie die Kontaktallergene Menthol oder Vanillin. «Im Dampf der E-Zigarette wurden auch verschiedene Giftstoffe nachgewiesen», erklärt Bettina Junker, Mitglied der Geschäftsleitung der Krebsliga Schweiz. «Mehrere dieser Stoffe wie zum Beispiel Formaldehyd oder Cad­mium stuft die Internationale Agentur für Krebsforschung eindeutig als krebserregend ein.» Die Langzeitfolgen – insbesondere für die noch in der Entwicklung stehende Lunge Jugendlicher – sind unbekannt. «Studien sind Mangelware und oftmals sehr tendenziös», stellt Phi­lipp Frei fest.

Machen E-Zigaretten abhängig?

Der Schritt vom Nuckeln an einer mit Aromastoffen gefüllten Wegwerf-E-Shisha hin zur mit Nikotin bestückten E-Zigarette ist klein. «Wird eine E-Zigarette mit einer nikotinhaltigen Flüssigkeit befüllt, hat ein regelmässiger Konsum eine körperliche Abhängigkeit zur Folge, wie bei gewöhnlichen Zigaretten», erklärt Roger Zahner. «Zudem ist zu erwarten, dass bald auch Einweg-Shishas mit Nikotin im Handel auftauchen werden.»

Studien aus den USA zeigen, dass sogar Vergiftungen mit E-Zigaretten vorkommen. «Nikotin gelangt je nach Verdampfungsgerät in sehr unterschiedlichen Konzentrationen mit dem Verdampfungsnebel zur Inhalation», bestätigt Zahner. «Dadurch kann es zu Überdosierungen, ja sogar zu Vergiftungs­erscheinungen kommen.» Auch fehlt bisher ein verlässlicher Nachweis, dass E-Zigaretten sich für einen Rauchstopp eignen. «E-Zigaretten führen in den allermeisten Fällen eher zu einer Verlagerung der Sucht», meint Barbara Weber, Mediensprecherin der Lungenliga.

Kein Wunder, haben grosse Ta­bakkonzerne sich inzwischen Herstellerfirmen von E-Zigaretten einverleibt – und mischen im Konkurrenzmarkt nun aktiv mit.

Immerhin: E-Zigaretten und die beliebte Wasserpfeife sind nach dem heutigen Wissensstand weniger ungesund als herkömmliche Zigaretten. Das hängt mit der wegfallenden Verbrennung und der ­damit reduzierten Schadstoffmenge zusammen.

E-Zigaretten sollen teurer werden

«Für eine rauchfreie Zukunft.» So lautet nicht etwa der Slogan einer Präventionskampagne, sondern jener des Tabakriesen Philip Morris. Weil Staaten das Rauchen immer stärker regulieren und die Umsätze schwinden, setzt die Tabakindustrie seit ein paar Jahren auf ein neues Geschäftsfeld: E-Zigaretten und Tabak-Erhitzer. Letztere verbrennen den Tabak nicht, sondern erhitzen ihn lediglich. Bei einer E-Zigi inhaliert man den Dampf einer Flüssigkeit, eines sogenannten Liquids. Diese enthält meistens Nikotin.

Langzeitstudien gibt es zwar noch nicht. Doch es wird davon ausgegangen, dass Tabak-Erhitzer und besonders E-Zigaretten weniger schädlich sind als herkömmliche Glimmstängel. Äusserst umstritten ist aber die Frage, ob die Zigi-Alternativen – wie von der Tabaklobby beworben – wirklich dabei helfen, vom Rauchen wegzukommen. Oder ob sie nicht im Gegenteil gerade Junge eher animieren, damit anzufangen.

Fest steht: E-Zigaretten und Erhitzer wurden in den vergangenen Jahren auch in der Schweiz immer populärer, auch wenn es keine konkreten Zahlen zum Schweizer E-Zigi-Markt gibt. Weltweit generierte Philip Morris 2020 mit rauchfreien Produkten bereits einen Viertel des Umsatzes. Die Schweiz als reiches Land mit laschen Tabakgesetzen gilt als optimaler Testmarkt für neue Produkte.

Im Gegensatz zu Tabak-Erhitzern gelten E-Zigaretten in der Schweiz aktuell nicht als Tabakprodukt. Dies wird sich mit dem neuen Tabakprodukte-Gesetz ändern, das bald in Kraft tritt. Neu will der Bundesrat ausserdem Tabaksteuern auch auf die Liquids von E-Zigaretten erheben. Kommt der Vorschlag der Regierung durch, würden die Liquids um etwa 50 Prozent teurer werden. Die Mehreinnahmen bei den Tabaksteuern kämen AHV und IV zugute. Lea Hartmann

Keystone

«Für eine rauchfreie Zukunft.» So lautet nicht etwa der Slogan einer Präventionskampagne, sondern jener des Tabakriesen Philip Morris. Weil Staaten das Rauchen immer stärker regulieren und die Umsätze schwinden, setzt die Tabakindustrie seit ein paar Jahren auf ein neues Geschäftsfeld: E-Zigaretten und Tabak-Erhitzer. Letztere verbrennen den Tabak nicht, sondern erhitzen ihn lediglich. Bei einer E-Zigi inhaliert man den Dampf einer Flüssigkeit, eines sogenannten Liquids. Diese enthält meistens Nikotin.

Langzeitstudien gibt es zwar noch nicht. Doch es wird davon ausgegangen, dass Tabak-Erhitzer und besonders E-Zigaretten weniger schädlich sind als herkömmliche Glimmstängel. Äusserst umstritten ist aber die Frage, ob die Zigi-Alternativen – wie von der Tabaklobby beworben – wirklich dabei helfen, vom Rauchen wegzukommen. Oder ob sie nicht im Gegenteil gerade Junge eher animieren, damit anzufangen.

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Thinkstock

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