Schlafen unter Druck
Was bringen Gewichtsdecken?

Bettdecken mit eingenähten Gewichten sollen beim Einschlafen helfen. Doch die Studienlage über den tatsächlichen Effekt ist dünn, wie Schlafforscher Albrecht Vorster sagt.
Publiziert: 05.08.2023 um 19:59 Uhr
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Aktualisiert: 05.08.2023 um 20:01 Uhr
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Valentin RubinRedaktor Service

Was ist eine Gewichtsdecke?

Eine Gewichtsdecke ist eine Bettdecke, die zusätzlich zu Daunen, Baumwolle oder synthetischen Stoffen mit Gewichten gefüllt ist. Die Gewichte kommen meist in Form von Glasperlen oder Keramikgranulat daher und werden in den Stoff eingewebt. Es gibt auch Modelle aus grob gestricktem oder geknotetem Stoff (siehe Bild). Während herkömmliche Bettdecken meist nicht schwerer als ein Kilogramm sind, wiegen Gewichtsdecken zwischen fünf und zehn Kilo. Hersteller bewerben sie als Decken, die sich besonders positiv auf den Schlaf auswirken. Ihr Maximalgewicht soll gemäss Herstellern maximal zehn Prozent des eigenen Körpergewichts betragen. In den letzten Jahren erfreuen sich Gewichtsdecken zunehmender Beliebtheit – auch, weil Promis wie Kourtney Kardashian (44) oder Selena Gomez (30) sie öffentlichkeitswirksam angepriesen haben.

Eine Gewichtsdecke aus grob gestricktem, schwerem Stoff kostet zwischen 150 und 300 Franken.

Welche Wirkung hat sie?

«Liegt man unter einer Gewichtsdecke, soll sich das wie eine Umarmung anfühlen», sagt Albrecht Vorster (38), Schlafforscher und Leiter des Swiss Sleep House am Berner Inselspital. Durch die gleichmässige Verteilung der Gewichte übt die Decke einen leichten Druck auf den ganzen Körper aus. «Es ist derselbe Effekt, wie wenn man Babys in Tücher wickelt. Er sorgt für ein Gefühl der Geborgenheit und Sicherheit.» Deshalb wurden Gewichtsdecken ursprünglich entwickelt, um Kindern und Erwachsenen mit Autismus, Angststörungen oder ADHS zu helfen. Der gleichmässige Druck der Decke soll in diesen Fällen das Nervensystem beruhigen. Menschen, die nicht an diesen Krankheiten leiden, sollen dank Gewichtsdecken schneller ein- und besser durchschlafen könne.

Eine Gewichtsdecke übt gleichmässigen Druck auf den ganzen Körper aus. Der Effekt ist derselbe, den man bei Babys durchs sogenannte Pucken erzielt.
Foto: Getty Images/Image Source

Wann bringt eine Gewichtsdecke?

Generell sei die Studienlage zu langfristig positiven Effekten von Gewichtsdecken noch sehr dünn, sagt Vorster. Eine 2020 veröffentlichte Studie im US-amerikanischen «Journal of Clinical Sleep Medicine» hielt fest, dass Gewichtsdecken bei Patienten mit Angststörungen oder ADHS in einer Periode von vier Wochen den Schlaf verbessert und Symptome wie Stress und Müdigkeit verringert haben. Über einen Zeitraum von zwölf Monaten war ein positiver Effekt im Vergleich zu leichteren Decken aber kaum mehr nachweisbar. Voser: «Bei chronischen Schlafproblemen oder Schlaflosigkeit dienen Gewichtsdecken vorrangig der Symptombekämpfung, sie setzen nicht an der Ursache an.»

Viele Menschen hoffen, ihre Schlafprobleme mit Gewichtsdecken lösen zu können.
Foto: Getty Images
Biologe, Philosoph, Schlafforscher und Buchautor

Der Schlafforscher Albrecht Vorster (38) leitet das Swiss Sleep House am Berner Inselspital. Er studierte Biologie und Philosophie und hat 2019 das Buch «Warum wir schlafen» geschrieben.

Der Schlafforscher Albrecht Vorster (38) leitet das Swiss Sleep House am Berner Inselspital. Er studierte Biologie und Philosophie und hat 2019 das Buch «Warum wir schlafen» geschrieben.

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