Tipps vom Magen-Darm-Spezialisten
Sicher essen und trinken im Ausland

Joachim Mertens ist auf Magen-Darm-Erkrankungen spezialisiert und isst Suppen aus thailändischen Garküchen. Nicht, weil er das Risiko mag, sondern weil er weiss, was wirklich gefährlich ist.
Publiziert: 20.07.2024 um 12:47 Uhr
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Aktualisiert: 22.07.2024 um 14:07 Uhr
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Jonas DreyfusService-Team

Als Spezialist für Magendarmkrankheiten sieht Joachim Mertens (47) täglich, was Erreger in Getränken oder Speisen im menschlichen Körper anrichten können. Trotzdem ist er in den Ferien mit seiner sechsköpfigen Familie entspannt. Nur gewisse Dinge sind für ihn nicht verhandelbar, sagt er im Interview mit Blick. 

Herr Mertens, trinken Sie Hahnenwasser, wenn Sie Ferien im Ausland machen?
Joachim Mertens:
In Italien, das ich mit meiner Familie regelmässig bereise, tue ich das – und nehme auch Eiswürfel in mein Getränk. Ich denke, dass man damit in den meisten Ländern mit gut kontrollierter Wasserversorgung – also vor allem in westlichen Industrieländern – gesundheitlich auf der sicheren Seite ist, sofern es vor Ort keine Warnungen oder Hinweise gibt. Ob einem das Wasser, das oft einen hohen Chlorgehalt hat, schmeckt, ist eine andere Frage. 

Wie relaxed sind sie in Ländern ohne kontrollierte Wasserversorgung?
Dort halte ich mich strikt an die Regel «boil it, cook it, peel it – or forget it». Das bedeutet, dass ich nur Flüssigkeit zu mir nehme, die gekocht wurde, und Speisen – vor allem Fleisch – das durchgegart ist.

Das Fiese an Erregern: Von blossem Auge sieht man sie nicht. Auch lecker aussehende Getränke können kontaminiert sein.
Foto: Getty Images
Er mag Mägen

Joachim Mertens (47) ist Facharzt für Gastroenterologie (Magen-Darm-Krankheiten) und Hepatologie (Lebererkrankungen). Seit 2022 ist er fürs Gastrozentrum der Klinik Hirslanden Zürich tätig. Neben der Schweiz hat Mertens unter anderem in Deutschland und den USA studiert und praktiziert. Er ist Vater von vier Kindern – unter anderem einer dreijährigen Tochter. Seine Ferien verbringt er meistens im «nahen Italien». «In der Schweiz bin ich ein überzeugter Hahnenwasser-Trinker», sagt er. «Im Ausland ist es für mich Ermessenssache.»

Joachim Mertens (47) ist Facharzt für Gastroenterologie (Magen-Darm-Krankheiten) und Hepatologie (Lebererkrankungen). Seit 2022 ist er fürs Gastrozentrum der Klinik Hirslanden Zürich tätig. Neben der Schweiz hat Mertens unter anderem in Deutschland und den USA studiert und praktiziert. Er ist Vater von vier Kindern – unter anderem einer dreijährigen Tochter. Seine Ferien verbringt er meistens im «nahen Italien». «In der Schweiz bin ich ein überzeugter Hahnenwasser-Trinker», sagt er. «Im Ausland ist es für mich Ermessenssache.»

Warum genau «peel it» bei den Früchten?
Weil man lieber in eine eigenhändig geschälte Banane als in ein Stück Apfel beisst, das womöglich mit kontaminierten Wasser oder verschmutzen Händen in Kontakt kam. Wenn man einen dieser wunderschönen tropischen Fruchtteller vor sich hat, vergisst man das schnell.

Wie siehts aus mit Suppen?
Sofern die Suppe aufgekocht wurde, können Sie ziemlich sicher sein, dass die relevanten Keime abgetötet sind. Ich esse in Thailand an der Strassenecke eine gekochte Bouillon ohne Sorge.

Streetfood in Bangkok, Thailand. Die Garküchen sind abends hoch frequentiert.
Foto: Shutterstock

Vor Streetfood in Asien wird häufig gewarnt.
Ein gewisses Augenmass ist angebracht. Man muss einfach immer im Hinterkopf behalten, dass alles, was nicht richtig heiss geworden ist, potenziell Keime enthalten kann, die krank machen. Das ist ja nicht nur gesundheitlich riskant, sondern kann einem den Urlaub vermiesen. Dass die Einheimischen davon oft nicht betroffen sind, heisst leider nicht immer, dass es uns Touristen keine Probleme macht.

Kommt es eigentlich auf die Menge an, die man von einer verunreinigten Speise zu sich nimmt?
Es kann schon sein, dass derjenige, der in der Sonne gestandenes Tiramisu nach einem Löffel wieder zur Seite stellt, als einziger am Tisch verschont bleibt. Aber mal einen Löffel zu nehmen und zu schauen, was passiert, ist riskant. Denn Sie wissen nicht, wie hoch die Keimbelastung in einem Lebensmittel ist. Und gerade bei Salmonellen ist die Infektionsdosis gering.

Wie lange würde es dauern, bis man merkt, dass man etwas «Falsches» gegessen hat?
Das hängt vom jeweiligen Erreger beziehungsweise der Art der Verunreinigung ab. Sind es Bakterien, die uns durch gebildete Bakterientoxine, also Giftstoffe im Essen, krank machen, so beginnen die Beschwerden meist sehr schnell innerhalb weniger Stunden, enden glücklicherweise oft auch rasch wieder. Bei einer echten Infektion, also einer Aufnahme von Erregern in den Körper und deren Vermehrung im Magen-Darm-Trakt, sind die Inkubationszeiten meistens länger. Bei Salmonellen dauert es zum Beispiel 6 bis 72 Stunden, bei Noroviren meistens 12 bis 48 Stunden.

Wenn man mit Magenschmerzen oder Übelkeit im Hotelzimmer liegt, möchte man die Vorhänge wohl am liebsten ganz zuziehen.
Foto: Getty Images

Erkrankt jeder, der einem Magen-Darm-Erreger ausgesetzt wird?
Nein, denn gerade, wenn es um Noro- oder andere Magen-Darm-Viren geht, ist die Immunlage des Individuums sehr unterschiedlich. Wenn jemand einem Erreger schon einmal ausgesetzt war, reagiert er beim wiederholten Mal manchmal weniger stark. Deshalb können einzelne Familienmitglieder quickfidel sein, während sich der Rest sterbenskrank fühlt.

Es geht so schnell, dass man in einem fernen Land mal aus Versehen Hahnenwasser übers Zahbürstli laufen lässt.
In so einem Fall sollte man die Zahnbürste einmal in kochendes Wasser legen. Sie unter heisses Boilerwasser zu halten, ist keine gute Idee. Seine Temperatur ist oft zu wenig hoch und sein Reinheitsgrad womöglich noch tiefer als fliessendes Kaltwasser. Alternativ kann auch ein Desinfektionsmittel benutzt werden. Danach natürlich unbedingt mit keimfreiem, also abgekochtem oder Mineralwasser auswaschen.

Was, wenn man nichts davon zur Hand hat?
Ein womöglich kontaminierte Zahnbürste kann man im Notfall an die Sonne stellen. UV-Strahlen zusammen mit dem austrocknenden Effekt von Hitze haben eine gewisse desinfizierende Wirkung.

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