Übelriechendes Riechorgan
Was ist eine Stinknase?

In Zusammenhang mit exzessivem Nasenspray-Konsum sprechen Fachleute oft von der Gefahr eines übel riechenden Schleimhautleidens. Was hat es damit auf sich? Yves Brand vom Kantonsspital Graubünden behandelt die Erkrankung regelmässig und klärt auf.
Publiziert: 24.11.2023 um 18:44 Uhr
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Aktualisiert: 17.07.2024 um 14:25 Uhr
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Jonas DreyfusService-Team

Es klingt nach einem Fantasiewort, mit dessen Hilfe jemand versucht, bei Scrabble eine hohe Punktzahl zu erreichen. Loriot hat es in einem Sketch einmal ähnlich vorgemacht. Doch wer an einer Stinknase leidet, hat nichts zu lachen.

Yves Brand (45) ist Chefarzt der HNO-Klinik des Kantonsspitals Graubünden und behandelt pro Monat ein bis zwei Patienten, die an einer Ozäna – so der Fachbegriff – leiden. Oft sind es Kokainkonsumenten.

Eine Stinknase erkennt man von aussen nicht, doch man kann sie riechen.
Foto: Shutterstock

Eine Stinknase entsteht gemäss Brand folgendermassen

  1. Die Nasenschleimhaut bildet sich zurück. Brand vergleicht sie mit einer Tapete, die die Innenwände der Nase abdeckt, und die eingeatmete Luft wärmt und befeuchtet. Die Nasenschleimhaut wird von Blutgefässen versorgt, die unter ihr liegen.
  2. Aufgrund des Rückgangs der Nasenschleimhaut – er kann auch mit einer Rückbildung der Blutgefässe einhergehen – vergrössert sich der Innenraum der Nase.
  3. Da nun mehr Luft durch die Nase strömen kann als vorher, fliesst die Luft nicht mehr optimal an der Nasenschleimhaut vorbei. Es bilden sich Wirbel.
  4. Das stört die Funktion der Schleimhaut: Sie kann die eingeatmete die Luft nicht mehr optimal wärmen und befeuchten. Der Naseninnenraum trocknet aus, es bilden sich Krusten.
  5. Bakterien siedeln sich in den Krusten an. Diese Bakterien führen dazu, dass ein übler Geruch entsteht.

Dass Kokain, wenn es geschnupft wird, die Nasenschleimhaut beschädigt, liegt unter anderem an den Partikeln des Pulvers und an der gefässverengenden Wirkung der Droge. Bei starkem Konsum kann sich ein Loch in der Nasenscheidewand bilden. Dieses führe dazu, dass sich in der Nase besonders viel Luft aufwirble, sagt Brand, und sich im Umfeld des Lochs besonders ausgeprägt Krusten bilden.

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Weil Kokainkonsumenten sich oft nicht als solche zu erkennen geben, brauchen Ärzte manchmal lange, bis sie die Ursachen für Nasenschäden finden.
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Der faulige Geruch einer Stinknase sei sehr intensiv, sagt Brand, und erinnere an ein verwesendes Tier. Meist ist der Geruchssinn von Betroffenen so stark beeinträchtigt, dass sie selbst nichts mehr riechen. «Wenn das Umfeld einen darauf aufmerksam macht, ist das sehr unangenehm.»

Auch genetische Veranlagungen könnten einen Einfluss haben

In einem ersten Schritt behandelt man Stinknasen, indem man die Krusten mit Salzwasserspülungen und Salben auflöst. Ein Loch in den Nasenscheidenwänden kann man mit einem Silikonpfropf oder operativ verschliessen. «Bevor ein Kokainkonsument nicht zwei Jahre clean ist, lohnt sich eine Operation jedoch nicht.»

Abschwellende Nasensprays hätten in sehr stark abgeschwächter Form eine ähnliche Wirkung auf die Nasenschleimhaut wie Kokain, sagt Brand. Bis es zu einer Stinknase komme, müsse man die Sprays jedoch sehr lange und exzessiv verwenden. «Ich habe schon Personen behandelt, die das getan haben – doch es kommt äusserst selten vor.»

Alice Das Neves
Fokus Nase

Yves Brand (46), Chefarzt der Hals-Nasen-Ohren-Klinik des Kantonsspitals Graubünden, ist spezialisiert auf Nasenprobleme und hat einen Schwerpunkttitel für Hals- und Gesichtschirurgie. Neben dem Spital in Chur operiert der gebürtige Solothurner regelmässig in Basel am Universitätsspital. Er hat Forschungsaufenthalte in den USA und Malaysia absolviert und war vier Jahre Oberarzt am Universitätsspital Basel.

Alice Das Neves

Yves Brand (46), Chefarzt der Hals-Nasen-Ohren-Klinik des Kantonsspitals Graubünden, ist spezialisiert auf Nasenprobleme und hat einen Schwerpunkttitel für Hals- und Gesichtschirurgie. Neben dem Spital in Chur operiert der gebürtige Solothurner regelmässig in Basel am Universitätsspital. Er hat Forschungsaufenthalte in den USA und Malaysia absolviert und war vier Jahre Oberarzt am Universitätsspital Basel.

Auch genetische Veranlagungen können vermutlich für Stinknasen verantwortlich sein. Entsteht eine ohne erkennbare Ursache, sprechen Mediziner von einer primären Stinknase. In Indien und Pakistan leiden gemäss Brand 0.3 bis 1 Prozent der Bevölkerung daran. «Auch Mangelernährung spielt dabei vermutlich eine Rolle.»

Operativ den Nasenraum auf ein normales Mass reduzieren

Die primäre Stinknase komme in der Schweiz fast nie vor, fügt Brand an. Hier sei die sogenannt sekundäre Stinknase am verbreitetsten. Sie entsteht mehrheitlich aufgrund eines Tumors, der aus der Nase entfernt werden musste. In diesem Fall ist es der operative Eingriff, der die Schleimhaut beschädigt, oder die Strahlen, mit denen der Tumor behandelt werden muss.

Hat sich die Nasenhöhle stark vergrössert, kann ein kleines Knorpelstück eingesetzt werden, das den Nasenraum wieder auf ein normales Mass reduziert und verhindert, dass sich in dem freien Raum Krusten bilden. Brand: «Je besser man die Ursache für die Entstehung einer Stinknase kenn, desto erfolgreicher ist ihre Behandlung.»

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