Schluss mit Beleidigtsein
Warum ist Verzeihen so wichtig?

Sie spielen lange die beleidigte Leberwurst? Das Grollhegen tut Ihnen nicht gut. Warum Sie lernen sollten, schneller zu vergeben.
Publiziert: 08.09.2020 um 08:43 Uhr
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Aktualisiert: 23.11.2020 um 14:43 Uhr
Vanessa Büchel

Es schmerzt höllisch, wenn man von jemandem verletzt wird, der einem wichtig ist. Man zählt auf die Person, und das Vertrauen wird einfach ausgenutzt. Ist man verletzt, beginnt man, einen Groll zu hegen und über der Freundschaft oder Beziehung schwebt eine dunkle Wolke. Manche Verletzungen sitzen sogar so tief, dass der Zorn über Jahre hinweg anhält. Um den stechenden Schmerz loszuwerden, gibt es nur eine Lösung: Sie müssen dem Übeltäter verzeihen.

Denn am schlimmsten ist das Wütendsein nicht für die Person, der nicht verziehen wird. Tut man sich schwer damit, jemandem zu vergeben, ist das für einem selbst noch viel belastender. Man trägt die Wut mit sich herum und blockiert dadurch sein eigenes Glück. Eine Unzufriedenheit entsteht, und man tut sich selbst keinen Gefallen. Zu vergeben kann dann eine heilende Wirkung haben. Wie Ihnen das gelingt, lesen Sie hier.

Psychische und körperliche Belastung

Verzeihen heisst noch lange nicht vergessen. Nur weil sie jemanden wieder näher an sich heranlassen und über das Geschehene hinwegblicken, bedeutet das nicht, dass der Fehltritt sie nie mehr belasten darf. Er wird sich hin und wieder in Ihre Gedanken schleichen, denn er ist jetzt ein Teil von Ihnen. Doch wenn es Ihnen gelingt, diese bösen Erinnerungen dann wieder zu verbannen, können Sie nach vorne blicken.

Verzeihen will gelernt sein.
Foto: Getty Images
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Den Groll in sich hineinzufressen, nachtragend zu sein und anderen nie zu verzeihen, kann nicht nur auf die geistige, sondern auch auf die körperliche Gesundheit schlagen. Denn kann ein Leben in Groll zu einem grossen Stressfaktor heranwachsen, der sich im Endeffekt besonders auf die Gesundheit des Herzens negativ auswirken kann.

5 Tipps, um verzeihen zu lernen

Es mag nicht jeder Person leicht fallen zu vergeben, doch ist diese Fähigkeit durchaus erlernbar.

  • Sich in die andere Person hineinversetzen: In einem ersten Schritt Richtung Verzeihen sollte man versuchen, die andere Person zu verstehen. Das bedeutet nicht, dass man das Verhalten gutheisst oder Verständnis für den Übeltäter aufbringt. Stellen Sie sich diese Fragen: Warum hat die andere Person so gehandelt und was hat sie sich dabei gedacht? Es kann enorm helfen, sich in denjenigen hineinzuversetzen, der einem gekränkt hat, und zu versuchen, zu verstehen, warum so gehandelt wurde.
  • Andere um Rat bitten: Ist man sich nicht ganz sicher, wie man reagieren soll, kann man auch Aussenstehende um Rat fragen. Über das Geschehen sprechen zu können, kann bei der Verarbeitung helfen. Ziehen Sie eine gute Freundin oder jemanden aus der Familie hinzu und fragen Sie, was sie vom Geschehenen halten. Das Ganze durch die Augen von neutralen Personen zu sehen, kann helfen, im Vergebungsprozess voranzukommen.
  • Seine Gefühle zulassen: Was ist es, was Sie fühlen, wenn Sie an die Person denken, die Sie verletzt hat? Wut, Trauer, Angst oder Verzweiflung? Werden Sie sich über Ihre Gefühle klar und lassen Sie jede einzelne Emotion zu. Wenn Sie weinen wollen, dann tun Sie es. Lassen Sie diese Gefühle anschliessend hinter sich und lassen Sie sich auf neue ein: Mit dem Verzeihen kommt auch Befreiung von all diesen belastenden Emotionen.
  • Vergebung laut aussprechen: Vielleicht müssen Sie auch einfach einmal aussprechen, dass Sie dem anderen vergeben. Nicht der Person gegenüber, sondern für Sie selbst. Sagen Sie «Ich verzeihe X, dass er/sie Y getan hat» laut vor sich hin. Je nachdem wie tief die Verletzung sitzt, wird einmal nicht ausreichen. Tun Sie es so lange, wie Sie es brauchen – vielleicht auch hundertmal. Beim Verzeihen handelt es sich um eine Willensentscheidung: Das Herz muss noch akzeptieren, was der Verstand bereits entschieden hat.
  • Akzeptieren: Ist der Prozess einmal geschafft, dürfen Sie die neu gewonnen Gefühle zulassen. Akzeptieren Sie, was Sie nun fühlen. Mitgefühl, Wohlwollen, Grosszügigkeit, all das hat nun Platz gefunden. Eine Erleichterung wird sich einstellen.

Es kann ausserdem helfen, in schweren Zeiten am Guten festzuhalten. Überlegen Sie sich, was Sie schon alles Schönes mit der Person, die Sie verletzt hat, erlebt haben. Was hat sie Ihnen schon Positives getan? Wenn wir wütend sind, gerät das meist in Vergessenheit und man sieht alle Erinnerungen nur noch durch einen Schleier aus Wut. Das Verzeihen fällt dann enorm schwer und die ganze Beziehung wird als negativ angesehen. In diesen Momenten sollten Sie sich besinnen und an Schönes denken, das Sie gemeinsam erlebt habe.

Nicht von heute auf morgen

Verzeihen ist nicht ein kurzer Akt, sondern ein langwieriger Prozess. Wurde jemand gekränkt, entstehen Risse in der Freundschaft oder Beziehung. Die Bindung zwischen zwei Menschen wird zerstört und um diese wieder zu kitten, braucht es Zeit.

Man kann nicht von jetzt auf gleich entscheiden, dass man jemanden verzeiht. Zuerst muss man verstehen, warum das Ganze so gekommen ist und was sich der andere dabei gedacht hat, um dann das Geschehene akzeptieren zu können.

Wer den Groll für immer mit sich trägt, der schleppt eine grosse Last. Verzeiht man, legt man diese Last ab und gewinnt vielleicht sogar wieder etwas dazu: Eine Freundin oder einen Freund, den man verloren geglaubt hat. Denn irgendwie hat man die Person ja auch vermisst.

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Warum ist Verzeihen so wichtig?

Sie spielen lange die beleidigte Leberwurst? Einen Groll zu hegen, tut Ihnen nicht gut. Warum Sie lernen sollten, schneller zu vergeben.

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Sie spielen lange die beleidigte Leberwurst? Einen Groll zu hegen, tut Ihnen nicht gut. Warum Sie lernen sollten, schneller zu vergeben.

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