Neue Saiten-Queen
Junge Schweizer bauen revolutionäre Gitarre

Zwei Luzerner lehren Fender und Gibson das Fürchten. Mit ihrer Jane revolutionieren die Jungs von «Relish Guitars Switzerland» den Gitarrenbau.
Publiziert: 17.06.2015 um 10:52 Uhr
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Aktualisiert: 12.03.2019 um 17:42 Uhr
Von Flavian Cajacob

Am Anfang war da dieser Traum. Der Traum vom eigenen Unternehmen, in dem jeder das tun kann, was ihm am besten liegt und am meisten Spass macht. Und: Kein Chef! Silvan Küng (30) reibt sich die Augen, denn mit Relish Guitars ist genau dieser Traum in Erfüllung gegangen – und das schneller, als er es sich je erträumt hätte.

2013 haben er und sein langjähriger Kumpel Pirmin Giger (31) «Relish Guitars Switzerland» gegründet. «Eine Idee und 20 000 Franken, das war unser Startkapital», erzählt Giger, der gelernter Schreiner und diplomierter Industriedesigner ist. Das Geld: Selber eingeschossen. Die Idee: Eine Gitarre bauen, wie sie die Welt noch nicht gesehen hat.

Ein ambitiöses Projekt, wenn man an die übermächtige Konkurrenz denkt, an Brands wie Fender, Gibson oder Ibanez. Marketingprofi Silvan Küng meint dazu: «Wer als Startup reüssieren will, muss seine Ziele hoch stecken und nicht im Mittelfeld rumwursteln wollen.»

Haben mit ihrer «Jane» den Olymp der Gitarrenbauer erreicht: die Luzerner Silvan Küng (l.) und Pirmin Giger.
Foto: Bruno Arnold

Die klare Ansage aus Kriens, einem Vorort der Stadt Luzern, stösst auf offene Ohren. 130'000 Franken gabs von der Startup-Förderung als Risikokapital – Geld, das die beiden Jungunternehmer und Hobbygitarristen in die Weiterentwicklung ihres Produktes und dessen Vermarktung stecken. Küng, der für das Marketing zuständig ist, und Giger, der Entwickler, setzen alles auf eine Karte. Und die trägt den klingenden Namen Jane.

«Anfänglich haben wir uns noch mit Nebenjobs über Wasser gehalten, doch damit ist Schluss», sagt Silvan Küng. Die Verhandlungen mit Investoren und Distributoren in aller Welt erfordern Präsenz und Flexi­bilität. «Da liegt es nicht drin, dass ich am Nachmittag an der Kasse des Hallenbads sitze.»

Jane, die E-Gitarre made in Switzerland, unterscheidet sich von ihren Konkurrentinnen aus USA und Fernost sowohl was das Aussehen anbelangt als auch in ihrer Bauweise und der ausgefeilten Technik (siehe Box). «Wir sehen uns als Revolutionäre», meint Pirmin Giger, der den Prototyp während seines Studiums an der Fachhochschule Nordwestschweiz entwickelt hat. Grosse Töne? Mitnichten. Denn die kritische Fachwelt gibt den beiden Jungunternehmern recht.

So stellt das angesagte Technologiemagazin «Wired» die stylische Gitarre mit dem Aluminium-Kern und den Touch-Sensoren sogar kurzerhand auf eine Stufe mit den i-Produkten von Apple. Und auch die Rückmeldung von Kunden fallen rundum positiv aus. Silvan Küng zitiert aus einer Mail von Eric Claptons Gitarrentechniker: «Eure Gitarre sieht fantastisch aus. Grossartige Arbeit. Ich wäre stolz, hätte ich das Teil selber gebaut.»

Für die beiden Luzerner sind solche Worte Ansporn und Verpflichtung zugleich. «Wir bewegen uns mit Jane technologisch und preislich im Highend-Bereich. Wenngleich uns die Gitarren momentan aus den Händen gerissen werden, haben wir genau eine einzige Chance, um uns am Markt durchzusetzen», weiss Silvan Küng.

Das wird ihm immer wieder bewusst, wenn er bei potenziellen Geldgebern und Vertriebspartnern vorspricht. «Da wirst du auf Herz und Nieren geprüft, gnadenlos. Eine Unsicherheit meinerseits und wir sind weg vom Fenster.»

30 handverarbeitete Instrumente zum Stückpreis von über 5000 Franken verlassen pro Quartal die kleine Werkstätte im Krienser Industriequartier. Macht 120 Gitarren im Jahr. Peanuts im Vergleich mit der günstigeren, weil industriell fertigenden Konkurrenz aus Übersee und Asien. «Noch vor fünfzehn Jahren hätten wir keine Chance gehabt mit unserer Jane», meint Pirmin Giger, «inzwischen hat aber auch in der von Traditionen geprägten Welt der Gitarristen ein Umdenken stattgefunden: Individualität und Innovation stossen auf immer grössere Resonanz.»

Bereits in zwei Jahren wollen Giger und Küng mit Relish Guitars Switzerland den Breakeven erreichen, also die Gewinnschwelle überschreiten. Dazu müssen sie nicht zuletzt den internationalen Markt erobern. «Das wird sicher kein Zuckerschlecken», ist sich Silvan Küng bewusst, «aber schon heute ­gehen neun von zehn Janes ins Ausland – häufig über Internet bestellt, unbesehen, ohne dass der Käufer die Gitarre jemals in den Händen gehalten hätte.»

Der grösste Traum der Jungunternehmer? Einmal einen der ganz Grossen auf einem ihrer Instrumente spielen zu sehen: «Unsere Jane in den Händen von Mark Knopfler oder John Mayer, das wäre wohl der Ritterschlag für Relish Guitars».  Die Chancen stehen vermutlich  gar nicht so schlecht.

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