Tipps von Psychiater und Bestsellerautor Pablo Hagemeyer
So erkennst du einen narzisstischen Chef

Sie können Mitmenschen psychisch fertigmachen, ohne dass diese es merken. Psychiater und Autor Pablo Hagemeyer (53) weiss, wie man Narzissten erkennt und sich gegen sie wehrt.
Publiziert: 18.10.2023 um 16:20 Uhr
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Aktualisiert: 20.10.2023 um 21:31 Uhr
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Jonas DreyfusService-Team

Blick: Warum muss man sich vor Narzissten in Acht nehmen?
Pablo Hagemeyer: Weil sie anderen Menschen psychischen Schaden zufügen können. Narzissmus ist an sich aber noch keine gefährliche Charaktereigenschaft. Das wird er erst in Kombination mit manipulativen und psychopathischen Tendenzen. Dieser sogenannte maligne Narzissmus ist toxisch und dient der Person dazu, sich durch Erniedrigung und Abwertung anderer selbst besser zu fühlen. Viele narzisstische Personen sind ständig damit beschäftigt, überall gut wegzukommen, die Besten zu sein und die Regeln zu bestimmen.

Narzisstische Chefs sind in Ihren Büchern ein Thema. Wie erkennt man die?
Oftmals lässt sich an der vorherrschenden Kultur am Arbeitsplatz ablesen, ob man einen narzisstischen Chef hat. Wenn alles intransparent ist und niemand so richtig weiss, welchen Weg man als Abteilung geht, kann das ein Zeichen dafür sein. Narzisstische Chefs verfolgen egoistische Ziele. Sie wollen als Person gut dastehen. Wenn die Mitarbeiter Kritik äussern, ertragen das solche Vorgesetzte überhaupt nicht und strafen diejenigen, die kritisieren, direkt oder indirekt ab.

Wie können sich Mitarbeiter dagegen wehren?
Wer mit einer seiner Entscheidungen nicht zufrieden ist, dem empfehle ich folgende Taktik: Sagen Sie dem Chef, was er alles gut kann, und was für ein toller Vorgesetzter er ist. Narzissten sind sehr empfänglich für Komplimente. Das darf ruhig geschmeichelt sein. In einem zweiten Schritt machen Sie Ihren Chef darauf aufmerksam, dass Sie befürchten, seine Entscheidung könnte sein Ansehen als Person beschädigen. Diese Taktik nennt sich Trojaner oder Schluckhilfe.

Der deutsche Psychiater Pablo Hagemeyer schreibt Bestseller zum Thema Narzissten und bezeichnet sich selbst als netten Narzissten.
Foto: Christian Stadler
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Narzissmus ist ein Trendthema, Ihre Bücher darüber sind Bestseller. Was fasziniert die Menschen an dem Thema?
Die Wahl von Donald Trump hat das Interesse gesteigert. So etwas gab es in der Geschichte schon lange nicht mehr, dass ein Mann mit einer toxischen, narzisstischen Persönlichkeit in einem demokratischen Land an so viel Macht kam. Ich hatte damals das Gefühl, dass ein grosser Teil der Gesellschaft anfangs sprachlos war gegenüber diesem Phänomen. Mittlerweile hat sich der Begriff etabliert und die Gesellschaft ist sensibilisiert darauf.

Im Zusammenhang mit Narzissmus wird oft der Begriff des «Gaslighting» verwendet. Was bedeutet er?
Eine Person sät Zweifel, was die Realitätswahrnehmung einer anderen Person betrifft. Sie macht das so subtil, dass die andere Person mit der Zeit selbst nicht mehr weiss, was sie glauben soll. Ich erinnere mich zum Beispiel an eine Patientin, die ein Frauenmodell einer Sonnenbrille auf dem Armaturenbrett des Autos ihres Mannes fand, die nicht ihr gehörte. Als sie ihn zur Rede stellte, sagte er einfach, das sei ihre Brille. Sie habe wohl einfach vergessen, dass es ihre Brille sei. Irgendwann, weil der Mann es immer und immer wieder sagte, dass es ihre Brille sei, zweifelte sie und gab ihm recht.

Was kann man in so einem Fall tun?
Sich gegen Gaslighting in einer Beziehung zu wehren, ist schwierig, wenn man das Phänomen nicht kennt. Meine Patientin hat sich nach zwanzig Jahren schliesslich getrennt von ihrem Mann. Ich empfehle jedem, auf sein Bauchgefühl zu hören, wenn er jemanden kennenlernt. Auch wenn mir jemand übertriebene Komplimente macht, wäre ich vorsichtig.

Hochstapler wie der sogenannte Tinder-Schwindler haben Begriffe wie «Love Bombing», «Future Faking» und «Hovering» ungewollt bekannt gemacht. Worum gehts?
«Love Bombing» bedeutet, dass eine Person, die man erst gerade kennengelernt hat, einen mit übertriebenen Liebesbekundungen überhäuft. Man ist so geschmeichelt, dass man Dinge tut, die einem eigentlich widersprechen. Mit jemandem, den man kaum kennt, in eine gemeinsame Wohnung ziehen, zum Beispiel. Wenn dieselbe Person gleichzeitig von einer gemeinsamen Zukunft spricht, ohne es tatsächlich ernst zu meinen, dann betreibt sie «Future Faking». «Hovering» betreiben Narzissten manchmal, wenn sie verlassen werden. Sie versuchen ihren Partner wieder «einzusaugen», indem sie ihm vormachen, wie schön die gemeinsame Zeit gewesen sei. Hier hilft es, ein Beziehungstagebuch zu führen. Mit dessen Hilfe kann man sich in Erinnerung rufen, dass die Beziehung eben gar nicht einfach nur toll gewesen ist.

«Gestatten, ich bin ein Arschloch.»

Pablo Hagemeyer weiss als Psychiater mit eigener Praxis in Bayern, wie Narzissten ticken. Auch er selbst ist gemäss eigenen Angaben von der Persönlichkeitsstörung betroffen. Um seine Ehe zu retten, hat er sich seinem eigenen Ego gestellt. Heute schreibt er Sachbücher zum Thema. «Gestatten, ich bin ein Arschloch.» und die «Die perfiden Spiele der Narzissten» sind Spiegel-Bestseller.

Pablo Hagemeyer weiss als Psychiater mit eigener Praxis in Bayern, wie Narzissten ticken. Auch er selbst ist gemäss eigenen Angaben von der Persönlichkeitsstörung betroffen. Um seine Ehe zu retten, hat er sich seinem eigenen Ego gestellt. Heute schreibt er Sachbücher zum Thema. «Gestatten, ich bin ein Arschloch.» und die «Die perfiden Spiele der Narzissten» sind Spiegel-Bestseller.

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