Kultur- und Natur-Erbe
Ein Stück Schweiz für die Welt

75 Jahre ist es her seit der Gründung der Unesco. Die Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur ist auch bei uns Hüterin wichtiger Natur- und Kulturstätten.
Publiziert: 16.11.2020 um 17:17 Uhr
Seit 1983 Unesco-Weltkulturerbe: Die Berner Altstadt …
Foto: swiss-image.ch
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Daniel Arnet

Da Kriege im Geist der Menschen entstehen, muss auch der Frieden im Geist der Menschen verankert werden: Diese Leitidee steht in der Verfassung der Unesco, der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur. Am 16. November 1945, also genau vor 75 Jahren, unterzeichnen 37 Staaten diesen Gründungsvertrag in London. Die Schweiz tritt am 28. Januar 1949 der Unesco bei.

Heute hat die Unesco ihren Hauptsitz in Paris und zählt 193 Staaten zu ihren Mitgliedern. Die Organisation verfolgt drei Hauptziele: Bildung für alle, biologische Arterhaltung durch wissenschaftliche Zusammenarbeit sowie Bewahrung des Welterbes der Menschheit. Zum Welterbe erklärt die Unesco sowohl von Menschen erschaffene Kulturgüter als auch von der Natur gebildete Landschaften.

Schweiz unter Top-25-Nationen mit Welterbestätten

Auf der Unesco-Liste des Welterbes stehen heute 1121 Denkmäler – 869 Kulturerbestätte wie die Chinesische Mauer und 213 Naturerbestätte wie der Grand-Canyon-Nationalpark in den USA. Aus der Schweiz haben gemäss Unesco ein Dutzend Kultur- und Naturschönheiten einen schützenswerten universellen Wert – von der Berner Altstadt bis zum Gebiet des Grossen Aletschgletschers (siehe Fotos).

Damit rangiert unser Land unter den Top-25-Nationen mit Welterbestätten – hinter Südkorea (13 Welterbestätten), aber vor Österreich (10 Welterbestätten). Unser südlicher Nachbar Italien führt die Rangliste zusammen mit China an: Aus beiden Ländern listet die Unesco je 55 Bau- und Naturdenkmäler. Betrachtet man nur die von Menschenhand geschaffenen Werte, dann ist Italien mit 50 Orten, Gebäuden und Kulturlandschaften einsame Spitze.

Das Label Welterbe ist ein Anziehungspunkt für Touristen, es verpflichtet aber auch. Zwar hilft die Unesco, wenn der Erhalt durch Naturereignisse oder Krieg gefährdet ist, doch sie streicht einen solchen Ort auch gnadenlos von der Liste, wenn er mutwillig zerstört wird. So ist Dresden (D) seit 2009 nicht mehr aufgeführt, weil die Stadt mit einem Brückenneubau über die Elbe die Silhouette veränderte.

«Jede Schädigung von Kulturgut, gleichgültig welchem Volke es gehört, bedeutet eine Schädigung des kulturellen Erbes der ganzen Menschheit, weil jedes Volk seinen Beitrag zur Kultur der Welt leistet.» So heisst es bereits 1954 in der Haager Konvention zum Schutz von Kulturgütern bei bewaffneten Konflikten. Den Anstoss für die konkrete Umsetzung der Unesco-Welterbe-Liste erfolgt allerdings nicht durch einen Krieg.

Bern, St. Gallen und Müstair GR seit 1983 Welterbe

1960 ists, als der Neubau des ägyptischen Assuan-Staudamms am oberen Nil den Tempel von Abu Simbel gefährdet: Die riesige Steinstatue von Pharao Ramses droht in den Fluten zu versinken. So initiiert die Unesco die Verlegung des Tempels an einen 180 Meter entfernten, höher gelegenen Ort. Das internationale Projekt kostet 80 Millionen US-Dollar und dauert bis 1968. Seit 1979 zählt die Tempelanlage zum Welterbe.

Schon im Jahr zuvor listet die Unesco die ersten sieben Natur- und Kulturerbestätten – so etwa das alte Zentrum der ecuadorianischen Hauptstadt Quito, die Insel Gorée vor Senegal oder den Yellowstone-Nationalpark in den USA. 1983 kommen mit der Altstadt von Bern, dem Stiftsbezirk St. Gallen und dem Benediktinerinnenkloster St. Johann in Müstair GR die ersten Schweizer Orte auf die Liste.

Doch nicht jedes erhaltenswerte Welterbe ist natürlich versteinert oder aus Stein gehauen. Manches ist nicht fassbar und flüchtig wie Musik, Tanz oder Nahrungszubereitung. Deshalb führt die Unesco seit 2008 zusätzlich die «repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit». Darauf fungieren so kuriose Gebräuche wie das belgische Krabbenfischen auf Pferden, die koreanische Zubereitung von Kimchi (ein Gemüse) oder das mongolische Knöchel-Schiessen.

463 kulturelle Ausdrucksformen aus 124 Ländern sind mittlerweile auf dieser Liste. Auch die Schweiz ist dort mit zwei Bräuchen zu finden: Die Fête des Vignerons in Vevey ist seit 2016 als erhaltenswert aufgeführt, die Basler Fasnacht seit 2017. Fazit: Sollte die Schweiz einmal sterben und von der Welt beerbt werden, so bleiben wir vor allem als weintrinkende Bergler mit mittelalterlichen Kirchen in Erinnerung – ein schönes Bild!

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