Ärztin erklärt Broken-Heart-Syndrom
Kann man an gebrochenem Herzen sterben?

Nach einer unschönen Trennung bricht das Herz. In Wahrheit wird das Pumporgan nicht entzweit, grosser Kummer kann aber tatsächlich gesundheitliche Folgen haben. Was hinter dem sogenannten Broken-Heart-Syndrom steckt, verrät eine Ärztin.
Publiziert: 25.10.2022 um 16:55 Uhr
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Aktualisiert: 25.10.2022 um 17:03 Uhr
Vanessa Büchel

Hat uns jemand schwer gekränkt, sprechen wir im Volksmund davon, dass unser Herz gebrochen wurde. In der Tat ist es so, dass das Organ vor Kummer erkranken kann. In der Akutphase stellt das Takotsubo-Syndrom oder auch Broken-Heart-Syndrom – zu Deutsch: Syndrom des gebrochenen Herzens – ein lebensbedrohliches Krankheitsbild dar.

Herz zerreisst nicht wirklich in zwei Teile

Entgegen der allgemeinen Meinung ist Liebeskummer aber nur ein seltener emotionaler Stressfaktor, der zum Syndrom führen kann. «Das hat sicherlich viel mit der allgemeinen Annahme zu tun, dass das Broken-Heart-Syndrom zumeist nach Liebeskummer auftritt», erklärt PD Dr. med. Jelena-Rima Templin-Ghadri (42) Blick. Sie ist Oberärztin Kardiologie am Universitätsspital Zürich.

In der Realität zerspringt das Herz nicht in zwei Teile, wie wir das umgangssprachlich oft sagen, sondern befindet sich aufgrund der ausgeprägten Mikrozirkulationsstörung in einer Art Schockstarre.

Leider gibt es bisher noch kein Medikament, das in der Akutphase mit Sicherheit gegen das Broken-Heart-Syndrom hilft.
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Wie erkennt man das Broken-Heart-Syndrom?

Unsere Emotionen haben einen grossen Einfluss auf unser körperliches Befinden. Aber wie genau zeigt sich das Broken-Heart-Syndrom überhaupt? «Die Symptome sind die gleichen, die wir auch bei einem klassischen Herzinfarkt erkennen», so Templin-Ghadri.

In erster Linie kommt es zu Schmerzen in der Brust und Luftnot, wie die Oberärztin weiter ausführt: «Beides tritt akut ein, in der überwiegenden Zahl der Fälle direkt nach einem emotionalen oder physischen Stress-Ereignis.»

Unterschiede zwischen gebrochenem Herzen und Infarkt

Sind sich die Symptome des Broken-Heart-Syndroms und eines Infarkts sehr ähnlich, unterscheiden sich die beiden Krankheitsbilder dennoch grundlegend. «So kommt es beim Herzinfarkt zu einem akuten Verschluss eines Herzkranzgefässes, während beim Broken-Heart-Syndrom eine ausgeprägte Microzirkulationsstörung auftritt, ohne dass die grossen Herzkranzgefässe am Herzen betroffen sind», beschreibt Templin-Ghadri.

Bei einem Herzinfarkt bleibe zudem eine Narbe am Herzmuskel zurück, die meist eine bleibende Funktionseinschärnkung mit sich bringt. «Beim Broken-Heart-Syndrom kommt es hingegen zu einer Normalisierung der Herzfunktion, was aber einige Wochen bis Monate dauern kann.»

Die Sterblichkeit der Patienten liegt beim Broken-Heart-Syndrom laut der Expertin bei drei bis fünf Prozent, was genauso hoch wie bei einem akuten Herzinfarkt ist. Entscheidend seien für eine Prognose verschiedene Faktoren, unter anderem der zugrunde liegende Stressfaktor, der zu einem Broken-Heart-Syndrom geführt hat.

«Die Ursachen sind vielfältig»

Emotionaler sowie physischer Stress können der Auslöser für das Broken-Heart-Syndrom sein. Dazu zählen laut der Herz-Expertin emotionale Stressfaktoren wie der Verlust einer geliebten Person, Mobbing am Arbeitsplatz, Ärger mit Freunden und Bekannten, die Diagnose einer schweren Erkrankung.

«In den letzten Jahren wurden zunehmend auch physische Stressfaktoren beschrieben. Hierzu zählen in erster Linie die akute Luftnot, zum Beispiel im Rahmen eines akuten Asthmaanfalls. Aber auch Narkosen während Operationen oder akute neurologische Erkrankungen wie eine Epilepsie oder einem Schlaganfall sind häufige physische Stressfaktoren», erklärt Templin-Ghadri weiter.

Wie viele Menschen sind betroffen?

Die Erkrankung wurde laut der Herz-Expertin in den letzten Jahren zunehmend diagnostiziert. Dies würde damit zusammenhängen, dass mehr und mehr über diese Erkrankung bekannt ist und daher häufiger die Diagnose gestellt werden konnte. «Dennoch handelt es sich um eine nach wie vor unterdiagnostizierte Erkrankung.»

Frauen häufiger betroffen

Das Broken-Heart-Syndrom kann jeden treffen. «Wir gehen aber davon aus, dass Patienten mit einer gestörten microvaskulären Funktion und einem erhöhten Sympathikotonus ein höheres Risiko haben es zu entwickeln», weiss die Oberärztin. Personen mit neurologischen und psychiatrischen Begleiterkrankungen wie eine Depression, Angststörung oder Migräne seien daher empfänglicher für das Broken-Heart-Syndrom.

Auch trifft es Frauen deutlich häufiger als Männer. «Interessanterweise sind circa acht bis neun von zehn Patienten Frauen, primär im postmenopausalen Alter», meint Templin-Ghadri.

Das kann dagegen unternommen werden

Leider gibt es bisher noch kein Medikament, das in der Akutphase mit Sicherheit gegen das Broken-Heart-Syndrom hilft. «Es gibt bislang keine prospektive Studien, welche den Einfluss von Medikamenten auf das Outcome der Patienten untersucht haben», räumt die Herz-Expertin ein.

Auch vorbeugend gibt es nicht viel, das gegen die Erkrankung unternommen werden kann. Die Oberärztin rät aber: «Es gilt die allgemeine Empfehlung, Stresssituationen zu meiden. Wie wir allerdings wissen, ist es nicht möglich, uns völlig vor Stresssituationen, welche im Alltag jederzeit auftreten können, zu bewahren.»

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