Ex-Blick-Kolumnistin Caroline Fux
«Wir sind Klarheits-Junkies»

Caroline Fux (42) hat mit dem Solo-Kongress eine Methode mitentwickelt, die Dilemmas lösen kann. Die Psychologin und ehemalige Blick-Kolumnistin weiss auch, wie du deinen inneren Kritiker in Zaum hältst.
Publiziert: 02.03.2024 um 12:32 Uhr
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Aktualisiert: 04.03.2024 um 11:59 Uhr
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Jonas DreyfusService-Team

Sie beantwortete fast zehn Jahre in ihrer Blick-Kolumne «Fux über Sex» Fragen von Leserinnen und Lesern. Seit 2021 berät Caroline Fux (42) in ihrer Praxis in Baar ZG Paare und Einzelpersonen in Beziehungs-, Sexualitäts- und Lebensangelegenheiten. Dabei wendet die Psychologin, Sexologin und Paartherapeutin regelmässig die Methode des Solo-Kongresses an. Wie man mit ihrer Hilfe auch als Laie schwierige Entscheidungen trifft oder Dilemmas löst, erklären Fux und ihr Co-Autor Joseph Bendel (77) im eben erschienen Buch «Ja Nein Jein». Vereinfacht gesagt, geht es darum, sich innerer Stimmen bewusst zu werden, und sie inklusive ihrer Argumente mit Stift und Papier zu ordnen.

Blick: Frau Fux, in welchen Situationen gerät man in ein Dilemma?
Caroline Fux:
Nehmen wir an, ich lebe in einer schwierigen Beziehung zu einer Person, die nicht gut zu mir ist. Ich weiss, dass ich mich von ihr trennen sollte. Vielleicht bestätigen mich dabei auch Menschen aus meinem Umfeld. Der Fall scheint klar zu sein. Und trotzdem bin ich hin- und hergerissen, denn es gibt diese innerliche Stimme, die sagt: «Aber ich liebe diese Person.»

Ein Solo-Kongress hilft beim Entwirren.
Foto: Getty Images

Das berühmte Duo Engelchen und Teufelchen?
Ganz genau. Teufelchen und Engelchen sind zwei von vielen möglichen Repräsentanten für innere Anteile, wie Psychologinnen und Psychologen innere Stimmen nennen. Wir tendieren dazu, die Meinung des Teufelchens nicht hören zu wollen und versuchen, es zum Schweigen zu bringen. Das funktioniert nicht.

Soll ich bleiben oder gehen? Das ist nicht nur die Übersetzung eines Songtitels von The Clash, sondern eine Frage, die Betrogene in Beziehungen oft vor ein Dilemma stellt.
Foto: Shutterstock

Warum nicht?
Weil innerliche Widersprüchlichkeit zu Menschen gehören. Jemand kann eine leidenschaftliche Feministin sein und sich trotzdem eine Märchen-Hochzeit wünschen. Wir leben in einer hochkomplexen Welt. Gleichzeitig sehnen sich unser Hirn und unser Nervensystem evolutionsbedingt nach Einfachheit. Wir sind Klarheits-Junkies.

Dass wir uns nach Einfachheit in einer hochkomplexen Welt sehnen, ist evolutionsbedingt, aber längst kein Grund, zu verzweifeln.
Foto: Getty Images/Westend61

An einem sogenannten Solo-Kongress kommen alle inneren Stimmen zu Wort. Eine elaborierte Version der Plus-Minus-Liste?
Das kann man so sagen. Die Durchführung eines Solo-Kongresses kann dazu führen, dass einem plötzlich klar ist, warum man so stark mit einer Entscheidung ringt.

Was bringt das?
Das Ziel ist, ein Dilemma zu lösen. Ich hatte einen Mann in Therapie, der sich von seiner untreuen Partnerin trennen wollte und es einfach nicht schaffte. Ein Solo-Kongress, den wir gemeinsam durchgeführt haben, liess die Ursache klar werden: Er wollte ihr nicht wehtun. Der Klient kam zur Einsicht, dass diese Angst kein Grund dafür sein kann, mit jemandem zusammenzubleiben, der untreu ist.

Leichter entscheiden mit Caroline Fux

Psychologin, Sexologin, Paartherapeutin und ehemalige Blick-Kolumnistin Caroline Fux (42) hat mit «Ja Nein Jein – Leichter entscheiden mit der Solo-Kongress-Methode» (Beobachter Edition, Co-Autor Joseph Bendel) ihren vierten Ratgeber am Start. Die Absolventin eines Studiums der Psychologie, Psychopathologie und Linguistik sowie eines Masterstudium in Sexologie lebt mit ihrem Mann in Zug, fährt Motorrad und liebt Katzen.

Aissa Tripodi

Psychologin, Sexologin, Paartherapeutin und ehemalige Blick-Kolumnistin Caroline Fux (42) hat mit «Ja Nein Jein – Leichter entscheiden mit der Solo-Kongress-Methode» (Beobachter Edition, Co-Autor Joseph Bendel) ihren vierten Ratgeber am Start. Die Absolventin eines Studiums der Psychologie, Psychopathologie und Linguistik sowie eines Masterstudium in Sexologie lebt mit ihrem Mann in Zug, fährt Motorrad und liebt Katzen.

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Was hat es mit dem populärpsychologischen Begriff des inneren Kritikers auf sich?
Der innere Kritiker ist eine typische Schattenfigur. Sie kann Dinge sagen wie: «Du bist nicht gut genug», «Das war jetzt schlecht», dich ständig kritisieren und heruntermachen. Bei einem Solo-Kongress hören wir mal genau zu, was er zu sagen hat. Aber er darf nicht einfach hereinreden, sondern kriegt das Wort zugeteilt. Deshalb verwende ich das Bild eines Kongresses. Er läuft strukturiert ab, und wir leiten ihn, sind also Chefin oder der Chef.

Was kann ich herausfinden, wenn ich dem inneren Kritiker zuhöre?
Zum Beispiel, dass er ein Abbild meiner Mutter oder meines Vaters ist – zur Zeit, als ich ein Kind war. Ich kann mich auch fragen, ob ich nicht auch ein bisschen vom inneren Kritiker profitiere. Wenn ich mich ständig selbst abkanzle, lebe ich mit der Einstellung, dass man von mir nichts erwarten kann. Also muss ich nicht wirklich etwas abliefern.

Sie verwenden oft das Wort Chefsessel, CEO oder Regisseur. Strebt man beim Solo-Kongress also ausnahmsweise mal keine flachen Hierarchien an?
Absolut nicht. Als Organisatorin oder Organisator des Kongresses hast du das Sagen. Es geht darum, sich nicht unbewusst von seinen Anteilen leiten zu lassen. Das heisst, dass ich mich nach dem Kongress dazu entscheiden kann, mich beim Lösen eines Dilemmas voll von meiner inneren Prinzessin – oder wem auch immer – leiten zu kann. Aber es muss ein bewusster Entscheid sein!

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