Zaubermittel Shapewear
Top in Form gemogelt

Früher hat man sie versteckt, heute gehen Frauen selbstbewusst damit um: Shapewear schummelt überschüssige Pfunde weg. Nicht nur bei Stars.
Publiziert: 12.01.2017 um 10:12 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 19:35 Uhr
Jonas Dreyfus

Die Bezeichnung Shapewear sagt eigentlich schon alles. Sie klingt cool, dynamisch. Eigentlich heisst sie in der deutschen Sprache Formwäsche. Wie einst, als die noch in den hintersten Ecken der Drogerie zu finden war, neben Sauna-Schlappen mit genopptem Fussbett. Ein Unort mit Symbolkraft: Keine Frau gab gerne zu, Shapewear zu tragen.

Diese Zeiten sind vorbei. Schlüpfer, Büstenhalter und Unterkleider, die den Körper in die gewünschten Formen bringen und allfällige Speckröllchen unter Druck setzen, hängen heute prominent platziert in der Lingerie-Abteilung der ­Modegiganten.

Triumph der Mogelwäsche

Noch immer sind viele hautfarben, was heute Nude heisst, und dienen nicht mehr nur der Tarnung. Gleich daneben hängen farbige Modelle in Peppermint Green mit Details aus Spitze oder in Raubtierfelloptik. Shapewear kann und will sich heute sehen lassen.

Victoria’s-Secret-Model Jessica Hart (30) präsentiert neue Shapewear von Triumph.
Foto: Triumph
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«Bei Shapewear müssen wir Funktion und Optik vereinen», sagt Claudia Roos, Designerin der Marke Triumph, in einem Interview. «Die Styles dürfen nicht zu technisch und zu clean aussehen.» Triumph, eine in Deutschland gegründete Firma mit Sitz in Bad Zurzach AG, hat eine lange Tradition in Sachen Shapewear. Sie reicht bis ins Jahr 1886 zurück.

Shapewear auf dem Red Carpet

Damals war das Unternehmen eine Nähfabrik für Korsetts, dem Vorgänger der modernen Shapewear. Sie akzentuierten Brust und Gesäss, während sie Taille und Hüfte durch enge Verschnürung in Form brachten – ganz nach dem aristokratischen Schönheitsideal des damaligen Kaiserreichs.

Heute ist Tragkomfort genauso wichtig wie Optik. Dank des Shapewear-Trends, sagt ­Designerin Roos, hätten sich Hersteller auf die Entwicklung von Stoffen konzentriert, die leicht sind, ohne die Funktion des Formens zu verlieren. Durch bestimmte Schnittformen und Linienführungen könne auch ein Highwaist Panty oder ein formender Body sexy aussehen, fügt sie an. «Früher hat man Form­wäsche versteckt, jetzt gehen Frauen selbstbewusst damit um – gerade auf den ­roten Teppichen dieser Welt ist Shapewear nicht mehr wegzudenken.»

Mit Strumpfhosen zum Erfolg

Vor allem dank Spanx. Hinter dem Monopolisten des Shapewear-Segments steht eine der grössten ­Erfolgsgeschichten der 2000er-Jahre. Sie ­beginnt mit Sara Blakely (45) aus Florida. Die Vertreterin von ­Faxgeräten hadert mit dem Umstand, dass sich unter ihrer liebsten – weissen – Ausgangshose der Slip ­abzeichnet. Deshalb trägt sie als ­Unterwäsche eine Strumpfhose. Der schneidet sie vor dem Einsatz einfach die Fussteile weg.

Womit sie nicht gerechnet hat: Das Teil macht auch eine gute Figur! Die Verstärkung im oberen Bereich presst den Hintern zusammen, der hohe Saum der Strumpf(unter)hose verhindert, dass die (Ober-)Hose ins Bauchfett einschneidet und sich eine fiese Wulst bildet. Der Nachteil: Die Beinteile rutschen ständig nach oben.

Spanx-Wunder: Sara Blakely (Bild) landet in den 2000er-Jahren mit Spanx einen Welterfolg. Die Shapewear der Amerikanerin macht Problemzonen schmaler, rutscht nicht und verfügt über flache, unsichtbare Nähte.

Von der Vertreterin zur ­Milliardärin

Blakely löst dieses Problem mit ­einem speziellen Gummiband, optimiert ihre Erfindung bis ins letzte Detail und meldet sie unter dem Namen Spanx zum Patent an. Im ersten Jahr verdiente sie ­damit vier, im zweiten Jahr zehn Millionen Dollar.

Dass die Amerikanerin im Jahr 2012 als jüngste Self-Made-Milliardärin das Cover der Finanz-Zeitschrift «Forbes» ziert, hat sie Oprah Winfrey (62) zu verdanken. Die US-­Moderatorin bezeichnet Spanx in einer TV-Show als eines ihrer Lieblingsprodukte.

Stars outen sich, das Fussvolk zieht nach

Bald outen sich Stars wie Jessica Chastain (39) oder Gwyneth Paltrow (44) als Fans der neuen Shapewear. Was Celebrities guttut, kann uns nicht schaden, sagt sich das Fussvolk. Ein schönes Marketing-Märchen mit Happy End.

Fluch oder Segen?

Doch wie erstrebenswert ist es, einem Red-Carpet-Ideal nachzueifern? Über Fragen wie diese wird jüngst heiss diskutiert. Auch Shapewear ist kontrovers. Die ­einen empfinden sie als einengend, die anderen als befreiend.

In letzter Zeit ­erhält Formwäsche gerade bei Frauen mit pralleren Formen Aufwind, also ausserhalb des unterernährten High-Fashion-Zirkels. Musikerinnen wie Jennifer ­Lopez (47) zelebrieren ihren Hintern, den sie mit der Hilfe von Lift-ups und Shapewear in Form bringen. Oder Christina Hendrix (41): Die Schauspielerin («Mad Men») akzentuiert ihren Plus-Size-Körper mit formenden Outfits – und gilt gerade deshalb als ein Sex-Symbol.

Dass Shapewear heute von dünn bis dick getragen wird, ist einigermassen demokratisch. Auch für Männer gibt es bereits welche. Warum auch nicht.

Stahlkegel: Im elisabethanischen Zeitalter (16. Jh.) galten kastenförmige Unterröcke als schick. Stahlverstärkte Korsetts pressen den Oberkörper in die Form eines auf dem Spitz stehenden Kegels. Die Brust soll möglichst flach aussehen.
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