Vier subtile Stress- und Angstsignale
In diesen Fällen verstehen Menschen ihre Hunde falsch

Für viele Menschen sind ihre Haustiere ihr Ein und alles. Das Problem: Oft verstehen sie das Verhalten ihrer Vierbeiner nicht oder nicht richtig. Das kann zum Problem werden. Hundecoach Oliver Weber, klärt über die häufigsten Fehler auf.
Publiziert: 09.04.2024 um 12:15 Uhr
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Aktualisiert: 09.04.2024 um 14:59 Uhr
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Valentin RubinRedaktor Service

Wenn Menschen ihre Hunde nicht oder falsch verstehen, kann das zu bösen Überraschungen führen. Oliver Weber (52) ist Hundeverhaltens-Experte und Hundetrainer aus Rothenfluh BL und sagt: «Wer seinen Hund nicht artgerecht lesen kann, wird längerfristig in der Kommunikation Probleme haben.» Daher sei es zentral, sich gut über die Verhaltens- und Ausdrucksweisen von Hunden zu informieren, bevor man sich einen Hund anschaffe. Vor allem, wenn der Hund gestresst oder ängstlich ist. «Ein Hund sendet viele Stresssignale aus, wenn er sich nicht wohlfühlt. Einige davon sind für den Menschen nicht immer so klar und eindeutig wie ein lautes Bellen, Knurren oder Zähnefletschen», sagt Weber. Vier Verhaltensweisen werden dabei besonders oft übersehen oder missverstanden. 

1

Starkes Gähnen

Ein Hund, der mit einer Situation überfordert ist, kann das durch übermässiges und wiederkehrendes Gähnen zum Ausdruck bringen. «Wenn ein Hund genug geschlafen hat und sich nicht gross bewegt hat, ist er eigentlich ausgeruht. Gähnen kann in diesem Kontext ein klares Signal für den Menschen sein», sagt Weber. Der Hund versuche damit, in einer unangenehmen Situation – zum Beispiel, wenn er Angst hat oder laute Geräusche wahrnimmt – Stress abzubauen. Der Grund: Durch das Gähnen nimmt der Hund kurzzeitig mehr Sauerstoff zu sich. Das wirkt entspannend und beruhigend. Weber: «Ein stark gähnender Hund braucht Ruhe, Rückzugsmöglichkeit und Sicherheit.» Wer sich ihm stattdessen hektisch nähert oder erregt, riskiert laut dem Experten allenfalls, dass der Hund unerwartet reagiert.

Nicht nur ein Anzeichen von Müdigkeit, sondern auch von Stress: starkes Gähnen.
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2

Hecheln

Hechelt ein Hund stark, obwohl er weder erschöpft noch überhitzt ist, kann das ebenfalls auf starken Stress hindeuten. «Es handelt sich dabei um klassisches Stresshecheln und kann ein Anzeichen von Angst oder Unsicherheit sein», sagt Weber. Meist sei dies mit starker Speichelbildung und Sabbern verbunden und für den Menschen gut erkennbar. Ähnlich wie starkes Gähnen hat gemäss Weber Hecheln einen kreislaufregulierenden Effekt, senkt die Körpertemperatur bei Erregung und beruhigt den Hund in der schwierigen Situation. 

Ein Blick hoch zum Herrchen oder Frauchen. Was der Hund wohl will?
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Nach einem langen Spaziergang hechelt ein Hund, da er erschöpft ist. Das Hecheln kann aber auch einen anderen Grund haben.
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3

Grosse Pupillen und extreme Körperspannung

«Nur weil ein Hund ruhig dasitzt, heisst das nicht, dass er entspannt ist», sagt Weber. Wenn dabei seine Pupillen beispielsweise deutlich grösser als normal sind und der Körper angespannt ist, kann der Hund trotz keinen weiteren Anzeichen gestresst sein. Diese Situation wird laut Weber aber oft missverstanden und könne zu unerwarteten Reaktionen des Hundes führen. «Der Hund wirkt ruhig und kann dann im ungünstigsten Fall – vermeintlich überraschend – schnappen oder sogar beissen.» Auch hier betont der Experte, wie wichtig es ist, das Verhalten des Hundes genau im Auge zu behalten und den Kontext der Situation zu berücksichtigen. «Anstatt direkt auf den Hund zuzugehen, ist es in diesen Fällen besser, den Hund auf sich zukommen zu lassen. So kommt er nicht in eine Drucksituation.»

Hat der Hund grössere Pupillen als normal, ist das ein Zeichen, dass er verängstigt oder gestresst ist. Das kann zu unangenehmen Zwischenfällen führen.
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Ein Herz für Hunde

Seit 2016 führen Oliver Weber (52) und seine Frau Ana Lienert (54) in Rothenfluh BL ein Trainingszentrum für verhaltensauffällige Hunde. Die beiden sind schweizweit tätig und unterstützen Menschen bei der Anschaffung und Resozialisierung von Hunden mit schwierigem Verhalten. Mit ihren drei privaten Therapiehunden – Neo, Jackie und Chira – helfen sie zudem Menschen mit einer Canophobie (Hundephobie), die Angst vor den Vierbeinern zu verlieren.

zVg

Seit 2016 führen Oliver Weber (52) und seine Frau Ana Lienert (54) in Rothenfluh BL ein Trainingszentrum für verhaltensauffällige Hunde. Die beiden sind schweizweit tätig und unterstützen Menschen bei der Anschaffung und Resozialisierung von Hunden mit schwierigem Verhalten. Mit ihren drei privaten Therapiehunden – Neo, Jackie und Chira – helfen sie zudem Menschen mit einer Canophobie (Hundephobie), die Angst vor den Vierbeinern zu verlieren.

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Kratzen

Nebst grossen Pupillen, Gähnen oder Hecheln können Hunde laut Weber weitere Stresssignale aussenden. Zum Beispiel übermässiges und exzessives Kratzen. «Auch hier ist wieder der Kontext wichtig. Wenn sich der Hund exzessiv kratzt, ohne dass er einen Hautausschlag oder Flöhe hat, lohnt es sich, genau hinzuschauen.» Denn wahrscheinlich fühle sich das Tier dann aktuell gestresst oder ängstlich. «Kratzen ist ein Mittel für den Hund, um gestaute Energie abzubauen.»

Juckreiz oder Anspannung? Kratzen kann bei Hunden ein Mittel gegen beides sein.
Foto: Getty Images
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