Neue Gesundheitsstudie zeigt
Schweizerinnen und Schweizer schlafen schlecht

Schweizerinnen und Schweizer schlummern schlecht. Das zeigt die neue Gesundheitsumfrage der Sanitas. Was Abhilfe schaffen könnte: Ab diesem Jahr können Schlafstörungen offiziell als solche diagnostiziert werden.
Publiziert: 21.06.2022 um 00:47 Uhr
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Aktualisiert: 07.06.2023 um 17:38 Uhr
Lea Ernst

Das Einschlafen ist für Martin Scheidegger (57) meistens kein Problem. Doch schon zwei Stunden später liegt er wieder wach. Dann steht er auf, liest Nachrichten, isst Darvida und versucht, wieder einzuschlafen. Manchmal klappt das. Doch nur für kurze Zeit. Schon nach einer Stunde wacht er spätestens wieder auf.

«Fatal ist, wenn ich in einer Wachphase über private oder berufliche Probleme nachdenke», sagt Scheidegger, der seit zwanzig Jahren selbständig in der Werbebranche tätig ist. Dann ist die Nacht gelaufen. Durchgeschlafen hat er in den letzten dreissig Jahren nur ein einziges Mal.

So wie Scheidegger geht es vielen Schweizerinnen und Schweizern. Nicht einmal die Hälfte schläft gut, ein Fünftel der Bevölkerung beurteilt den eigenen Schlaf sogar als schlecht. Fast zwei Drittel sind gemäss eigener Angabe von Schlafstörungen geplagt. Das zeigt der neue Sanitas Health Forecast, die nationale Studie, die Blick exklusiv vorliegt. Und die zum dritten Mal 2000 Menschen zu ihrer Gesundheit befragt hat.

Die Schlaflosigkeit ist in der Schweiz zur Volkskrankheit geworden. So klagen laut dem neusten Gesundheitsreport von Sanitas zwei Drittel der 2000 Befragten über Schlafprobleme.
Foto: Getty Images
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Störfaktor Stress

Der Übeltäter, der die Schlaflosigkeit zur Volkskrankheit hat mutieren lassen: «Stress», sind sich 91 Prozent der Befragten des Health Forecast sicher. Ein gesellschaftliches Problem, wie Chefarzt Sebastian Zaremba (41) von der Zurzach Care Klinik für Schlafmedizin Luzern, erklärt. «Unser Job und unsere sozialen Kontakte verlangen von uns, dass wir rund um die Uhr verfügbar sind und immer schneller funktionieren.»

10 Tipps für besseren Schlaf
  1. Erst zu Bett gehen, wenn man schläfrig ist
  2. Regelmässige Schlafenszeiten einhalten
  3. Kein Alkohol oder grössere Mahlzeiten drei Stunden vor dem Schlafen
  4. Keine koffeinhaltigen Getränke ab 14 Uhr
  5. Entspannende Pufferzone zwischen Alltag und Schlaf einrichten
  6. Das Bett nur für Schlaf und Sex nutzen
  7. Nicht länger als 30 Minuten Mittagsschlaf halten
  8. Vor dem Schlafengehen aktivierenden Medienkonsum (Handy, Computer, Fernsehen) vermeiden
  9. Sich täglich bewegen und an die frische Luft gehen
  10. Bei Tropennächten: Fenster am besten morgens öffnen, wenn die Luft noch kühl ist. Danach alle Fenster schliessen und die Räume abdunklen.
  11. Ebenfalls gegen Hitze: Alle Geräte ausschalten. Computer, Fernseher oder auch Lampen geben Wärme ab.
  1. Erst zu Bett gehen, wenn man schläfrig ist
  2. Regelmässige Schlafenszeiten einhalten
  3. Kein Alkohol oder grössere Mahlzeiten drei Stunden vor dem Schlafen
  4. Keine koffeinhaltigen Getränke ab 14 Uhr
  5. Entspannende Pufferzone zwischen Alltag und Schlaf einrichten
  6. Das Bett nur für Schlaf und Sex nutzen
  7. Nicht länger als 30 Minuten Mittagsschlaf halten
  8. Vor dem Schlafengehen aktivierenden Medienkonsum (Handy, Computer, Fernsehen) vermeiden
  9. Sich täglich bewegen und an die frische Luft gehen
  10. Bei Tropennächten: Fenster am besten morgens öffnen, wenn die Luft noch kühl ist. Danach alle Fenster schliessen und die Räume abdunklen.
  11. Ebenfalls gegen Hitze: Alle Geräte ausschalten. Computer, Fernseher oder auch Lampen geben Wärme ab.
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Stress sei zwar ein Hauptaspekt einer Schlafstörung, sagt Zaremba. Doch gebe es unzählige Schlafkrankheiten, die durch Stress zwar verschlimmert werden, doch auch unabhängig davon existieren.

So zum Beispiel die Schlafapnoe (die Atmung setzt im Schlaf immer wieder aus), die Insomnie (eine Ein- oder Durchschlafstörung) oder die Narkolepsie (eine organische Störung im Gehirn, die Tagesmüdigkeit verursacht). Von einer chronischen Schlafstörung spricht man, wenn die jeweiligen Probleme einen Grossteil der Woche andauern – und das mindestens während drei Monaten.

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Ein grosser Schritt für die Schlafmedizin

Nach einer schlaflosen Nacht wird Scheideggers Alltag zur Herausforderung: Konzentrations- und Motivationsprobleme sind an der Tagesordnung. In dreissig Jahren Schlafstörung hat er so einiges ausprobiert. Doch weder mit Akupunktur noch mit den vom Hausarzt verschriebenen Schlafmitteln konnte er zu einem erholsamen Schlaf finden.

Der bisher wirkungsvollste Ratschlag eines Arztes sei gewesen, seine Situation einfach zu akzeptieren. Das, nachdem Scheidegger zeitweise aus Verzweiflung den Kopf gegen die Wand geschlagen habe. Unterdessen war er schon lange nicht mehr beim Hausarzt. «Ich bezweifle einfach, dass dem Problem während der zwanzigminütigen Konsultation auf den Grund gegangen werden kann.»

Der Health Forecast der Sanitas

Die diesjährige Ausgabe der Gesundheitsstudie der Sanitas zeigt: Eine Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer würde sich gerne verändern: 9 von 10 Befragten wären gerne schlanker, kräftiger oder ausdauernder. Und leistungsfähiger, wenns ums Gehirn geht: Mehr als die Hälfte hätte gerne ein Superhirn, das nie mehr etwas vergisst. Jeder Vierte würde dafür sogar zu Medikamenten greifen, jeder Fünfte sich einen Computer-Chip implantieren lassen. Am meisten verändert hat sich in den letzten zwei Pandemie-Jahren die Ernährung: 43 Prozent gaben an, heute gesünder zu essen.

Die diesjährige Ausgabe der Gesundheitsstudie der Sanitas zeigt: Eine Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer würde sich gerne verändern: 9 von 10 Befragten wären gerne schlanker, kräftiger oder ausdauernder. Und leistungsfähiger, wenns ums Gehirn geht: Mehr als die Hälfte hätte gerne ein Superhirn, das nie mehr etwas vergisst. Jeder Vierte würde dafür sogar zu Medikamenten greifen, jeder Fünfte sich einen Computer-Chip implantieren lassen. Am meisten verändert hat sich in den letzten zwei Pandemie-Jahren die Ernährung: 43 Prozent gaben an, heute gesünder zu essen.

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Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat das Problem erkannt. Seit diesem Jahr gelten Schlafstörungen offiziell als eigene Gruppe von Krankheiten. Bisher wurden die unterschiedlichen Schlafkrankheiten einer jeweiligen medizinischen Kategorie zugeteilt: die Schlafapnoe der Erkrankung des Nervensystems, die Insomnie der psychiatrischen Erkrankung.

Eine Änderung, die für die Schlafmedizin viel mehr bedeutet als Paragrafenreiterei. «Endlich kann die eindeutige Diagnose Schlafstörung gestellt werden – als Erkrankung des Schlafs selbst», sagt der Schlafmediziner Zaremba. Eine Diagnose, die für die Patienten oft viel leichter anzunehmen sei als die übergeordnete psychiatrische Störung oder eine Erkrankung des Nervensystems.

Bessere Behandlung in spezialisierten Kliniken

Durch diese Entwicklung ist der Weg für eine spezialisierte Behandlung geebnet, zum Beispiel in weiteren Schlafkliniken. In den spezifischen Behandlungszentren werden Schlafstörungen nicht mehr «nebenbei» bei Hausarzt, Neurologinnen, Lungenfachärzten oder Hals-Nasen-Ohren-Arzt mitbehandelt, wie das heute oft der Fall ist. Sondern von Fachärztinnen mit gesammeltem Wissen auf allen Ebenen der Schlafmedizin analysiert. Zaremba hofft zudem auf spezialisierte Reha-Kliniken, wie es in Deutschland bereits eines für Narkolepsie gibt.

Scheidegger kompensiert sein Schlafmanko unterdessen mit einem 10- bis 15-minütigen Mittagsschlaf. Doch behoben ist seine Schlafstörung damit noch lange nicht.

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