Angestellte mit Familienpflichten
Mein Kind ist krank – muss ich trotzdem zur Arbeit?

Arbeitnehmer haben besondere Rechte, wenn sie sich um ihre Kinder oder Angehörige kümmern müssen. Zehn Tipps in der Übersicht, erklärt mit konkreten Beispielen. Vom Unfall, zur Grippe, über die Ferienplanung, bis hin zur Überstundenregelung und zu Familienzulagen.
Publiziert: 08.05.2024 um 17:09 Uhr
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Aktualisiert: 10.05.2024 um 09:16 Uhr
Hanneke Spinatsch
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Hanneke Spinatsch und Alexandra Kaiser
Beobachter
1

Absenzenregelung bei Teilzeitangestellten

Anna Kleber arbeitet 60 Prozent. Ihr einjähriger Sohn kann die ganze Woche nicht in die Kita, weil er die Grippe hat. Wie lange darf sie der Arbeit fernbleiben?

Sie darf grundsätzlich bis zu drei Tage bezahlt beim kranken Kind bleiben. Die drei Tage gelten pro Krankheitsfall und im Gegensatz zur Betreuung von kranken Angehörigen (siehe Frage 3 unten) gilt die Obergrenze von zehn Tagen pro Jahr nicht.

Auch bei Teilzeitpensen besteht – falls nötig – der volle Anspruch von drei Tagen. Der Chef darf aber ab dem ersten Tag des Fernbleibens ein Arztzeugnis verlangen. Dies gilt auch dann, wenn laut Arbeitsvertrag oder Personalreglement ein solches bei eigener Krankheit erst nach einigen Tagen vorliegen muss.

Das Kind ist fiebrig und grippig. Für Eltern aus vielen Gründen eine stressige Situation.
Foto: Getty Images/Cultura RF
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Das Kind hat Fieber, die Arbeit muss warten. Bis zu drei Tage können Eltern pro Krankheitsfall ihrer Kinder fehlen.
Foto: imago images/photothek
2

Mutter oder Vater: Wer betreut das kranke Kind?

Lea und Paul Sommer teilen sich die Betreuung ihrer dreijährigen Tochter. Jetzt hat das Mädchen einen stärkeren Infekt und muss zu Hause gepflegt werden. Wer darf bei ihr bleiben?

In diesem Fall braucht es eine individuelle Abwägung: Wessen Anwesenheit beim Kind ist nötiger? Wer ist bei der Arbeit eher abkömmlich? Die Eltern sind verpflichtet, sich um eine anderweitige Betreuungslösung zu bemühen – zum Beispiel durch die Grosseltern oder den Kinderbetreuungsdienst des Schweizerischen Roten Kreuzes (siehe Infos zur Entlastung). Pro Krankheitsfall dürfen sie gesamthaft drei Tage von der Arbeit fernbleiben.

Wer kümmert sich um die kranke Tochter? Laut Gesetz ist eine Abwägung beider Elternteile nötig, um zu entscheiden, wer zu Hause bleibt, und wer weiter arbeitet.
Foto: imago images/Shotshop
Artikel aus dem «Beobachter»

Das ist ein Beitrag aus dem «Beobachter». Das Magazin berichtet ohne Scheuklappen – und hilft Ihnen, Zeit, Geld und Nerven zu sparen.

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3

Lohnausfall bei Betreuung kranker Angehöriger

Petra Kobler pflegt ihre kranke Schwiegermutter. Bekommt sie frei bei der Arbeit und erhält für diese Zeit weiterhin den Lohn?

Ja. Sind Familienangehörige oder Lebenspartner wegen gesundheitlicher Probleme auf Betreuung angewiesen, erhalten Angestellte pro Ereignis bis zu drei freie Tage. Pro Jahr dürfen maximal zehn solche Tage bezogen werden. Die Firma muss für diese Tage den Lohn bezahlen.

Auch wer ältere Angehörige, zum Beispiel die Schwiegermutter, pflegen muss, darf dafür ein paar Tage pro Jahr bei der Arbeit fehlen.
Foto: Shutterstock
4

Längere Auszeit von Eltern wegen krankem Kind

Marc Müller ist Vater. Nun ist sein zehnjähriger Sohn schwer erkrankt. Darf er auch länger als drei Tage zu Hause bleiben?

Seit dem 1. Juli 2021 gibt es einen Anspruch auf bis zu 14 Wochen bezahlten Betreuungsurlaub für Eltern. Müller kann diesen Urlaub am Stück oder tageweise innerhalb einer Rahmenfrist von 18 Monaten beziehen. Was darüber hinaus anfällt, ist nicht über die Erwerbsersatzordnung vergütet und muss durch unbezahlten Urlaub oder eine anderweitige Betreuungsmöglichkeit abgedeckt werden.

5

Auf Arbeit fehlen wegen Schulbesuchstag

Markus Meyers Zwillinge haben Besuchstag an der Schule. Darf er deswegen der Arbeit fernbleiben?

Grundsätzlich nein, es sei denn, es handelt sich um eine von der Schule als obligatorisch erklärte Veranstaltung. Diesfalls besteht ein Anspruch auf ausserordentliche Freizeit, welche ihm die Chefin gewähren muss. Viele Betriebe regeln die Details im Personalreglement oder im Arbeitsvertrag. Auch etliche Gesamtarbeitsverträge enthalten entsprechende Bestimmungen. Angestellte haben laut Gesetz Anspruch auf freie Zeit, wenn es ihnen nicht möglich oder zumutbar ist, einen Termin in der Freizeit oder Gleitzeit wahrzunehmen. Lohn für diese Zeit erhält Meyer nur, wenn das so vereinbart oder üblich ist – und das ist im Monatslohn in der Regel der Fall.

6

Haben Eltern mit Kindern Vorrang beim Ferienbezug?

Seit die Kinder von Eva und Erik Feusi schulpflichtig sind, können sie ihre Ferien nicht mehr flexibel planen. Muss der Arbeitgeber darauf Rücksicht nehmen?

Ja. Der Arbeitgeber bestimmt zwar grundsätzlich den Zeitpunkt der Ferien. Doch er muss so weit wie möglich auf die Wünsche der Angestellten Rücksicht nehmen. Als solche Wünsche gelten familiäre Gründe, etwa die Schulferien der Kinder oder der Wunsch, anschliessend an den Mutterschaftsurlaub Ferien zu beziehen.

Familien sind wegen der fixen Daten der Schulferien in der Ferienplanung oft weniger flexibel als Arbeitnehmer ohne Kinder.
Foto: imago/Westend61
7

Kind verunfallt während Urlaub: Ferien nachholen?

Nina Frei macht mit ihrer Tochter Skiferien. Die Fünfjährige erleidet komplizierte Knochenbrüche und braucht intensive Betreuung. Kann die Mutter die Ferien nachholen?

Ja. Ferien dienen der Erholung, und Frei kann sich nicht erholen, wenn sie sich an diesen Tagen intensiv um die Pflege der Tochter kümmern muss. Sie darf die Ferien nacholen, falls sie nicht «ferienfähig» war. Das muss Frei aber beweisen können, in der Regel braucht es auch hier ein Arztzeugnis. Voraussetzung ist nämlich, dass man erheblich beeinträchtigt ist. Man gilt sehr wohl als «ferienfähig», wenn man sich trotz Betreuung des Kindes erholen kann, zum Beispiel wenn man spazieren gehen oder sich ausruhen kann, statt Ski zu fahren. Dann besteht kein Anspruch aufs Nachholen.

Hier erhalten Eltern Entlastung

Eltern können auf die untenstehenden Entlastungsangebote zurückgreifen. Daneben stehen weitere kantonale oder gemeindeinterne Angebote von Stunden- oder Tagesbetreuung zur Verfügung. Auskunft geben die Wohngemeinden. Auch private Anbieter gibt es immer zahlreicher.

  • www.kinder-spitex.ch: Entlastung und Unterstützung der Familie und anderer Bezugspersonen kranker Kinder.
  • www.redcross.ch: Die Rotkreuz-Kinderbetreuung (KBH) bietet eine vorübergehende Hilfe an, wenn erwerbstätige Eltern nicht wissen, wem sie ihr krankes Kind anvertrauen können. Unterstützung erhalten auch gesundheitlich angeschlagene Mütter und Väter sowie Eltern, die sich in einer schwierigen Lebenssituation befinden. Das Angebot gilt bis zum zwölften Altersjahr, der Preis richtet sich nach der finanziellen Situation. Der Betreuungsdienst ist nicht zuständig bei schweren Erkrankungen oder Unfällen von Kindern, die eine fachspezifische Pflege erfordern. Für solche Fälle müssen die Eltern die Spitex in Anspruch nehmen.
  • www.entlastungsdienst.ch: Betreuung und Pflege von chronisch kranken oder behinderten Kindern (mit weiteren Links zu kantonalen Angeboten, aber auch zu Fach- und Selbsthilfeorganisationen).
  • www.pro-pallium.ch: Stundenweise Entlastung der Eltern durch Freiwillige, die Unterstützung für den Alltag bieten. Etwa zum Vorlesen, Basteln, Spielen oder Plaudern. Die Stiftung vernetzt die Familien mit anderen betroffenen Eltern und gibt Kontakte für weiterführende Hilfestellen an.
  • www.intensiv-kids.ch: Ein Zusammenschluss von Eltern, die ihre Kinder zu Hause betreuen. Mit seiner Arbeit macht der Verein auf die Anliegen von Familien mit komplex erkrankten und behinderten Kindern sowie jungen Erwachsenen aufmerksam. Er setzt sich für einen regelmässigen Erfahrungsaustausch und gemeinsame Aktivitäten ein.

Eltern können auf die untenstehenden Entlastungsangebote zurückgreifen. Daneben stehen weitere kantonale oder gemeindeinterne Angebote von Stunden- oder Tagesbetreuung zur Verfügung. Auskunft geben die Wohngemeinden. Auch private Anbieter gibt es immer zahlreicher.

  • www.kinder-spitex.ch: Entlastung und Unterstützung der Familie und anderer Bezugspersonen kranker Kinder.
  • www.redcross.ch: Die Rotkreuz-Kinderbetreuung (KBH) bietet eine vorübergehende Hilfe an, wenn erwerbstätige Eltern nicht wissen, wem sie ihr krankes Kind anvertrauen können. Unterstützung erhalten auch gesundheitlich angeschlagene Mütter und Väter sowie Eltern, die sich in einer schwierigen Lebenssituation befinden. Das Angebot gilt bis zum zwölften Altersjahr, der Preis richtet sich nach der finanziellen Situation. Der Betreuungsdienst ist nicht zuständig bei schweren Erkrankungen oder Unfällen von Kindern, die eine fachspezifische Pflege erfordern. Für solche Fälle müssen die Eltern die Spitex in Anspruch nehmen.
  • www.entlastungsdienst.ch: Betreuung und Pflege von chronisch kranken oder behinderten Kindern (mit weiteren Links zu kantonalen Angeboten, aber auch zu Fach- und Selbsthilfeorganisationen).
  • www.pro-pallium.ch: Stundenweise Entlastung der Eltern durch Freiwillige, die Unterstützung für den Alltag bieten. Etwa zum Vorlesen, Basteln, Spielen oder Plaudern. Die Stiftung vernetzt die Familien mit anderen betroffenen Eltern und gibt Kontakte für weiterführende Hilfestellen an.
  • www.intensiv-kids.ch: Ein Zusammenschluss von Eltern, die ihre Kinder zu Hause betreuen. Mit seiner Arbeit macht der Verein auf die Anliegen von Familien mit komplex erkrankten und behinderten Kindern sowie jungen Erwachsenen aufmerksam. Er setzt sich für einen regelmässigen Erfahrungsaustausch und gemeinsame Aktivitäten ein.
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8

Müssen Eltern Überstunden leisten?

Roger Küng muss den Arbeitsplatz spätestens um 17.45 Uhr verlassen, damit er seinen Sohn rechtzeitig aus der Kita holen kann. Sein Chef will aber immer mal wieder, dass er länger bleibt. Kann er Küng zu Überstunden verpflichten?

Nein. Arbeitnehmer müssen zwar über das vereinbarte Pensum hinaus Mehrarbeit leisten, falls diese nötig und zumutbar ist. Wenn die Überstunden einen Vater aber daran hindern, seine familiären Aufgaben zu erfüllen, sind sie für ihn nicht zumutbar.

9

Familienzulagen bei verschiedenen Arbeitsorten der Eltern

Die Eltern Ida und Leon Maurer wohnen mit ihrer Tochter in Zürich. Ida Maurer arbeitet in Zürich, ihr Mann in Zug. Die Zuger Familienzulagen sind höher als die Zürcher. Können Maurers wählen, wer die Zulagen bezieht?

Nein. Das Gesetz legt klar fest, wer die Familienzulagen bekommt, wenn beide Eltern erwerbstätig sind. Im vorliegenden Beispiel ist es Ida Maurer, weil sie im Wohnsitzkanton des Kindes arbeitet. Weil Leon Maurer aber in einem Kanton tätig ist, der mehr als die gesetzlich vorgesehenen 200 Franken pro Monat an Zulagen ausrichtet, hat er Anspruch auf eine Differenzzahlung.

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Nach dem Mutterschaftsurlaub zurück in den Job

Melanie Ott arbeitet 100 Prozent in einer Kaderposition. Die Firma verspricht, sie könne nach dem Mutterschaftsurlaub in gleicher Position mit reduziertem Pensum arbeiten. Doch dann bietet man ihr nur eine schlechter bezahlte Assistenzstelle an. Sie akzeptiert das nicht und erhält prompt die Kündigung. Kann sie sich wehren?

Melanie Ott kann die Kündigung als diskriminierend anfechten. Das Gleichstellungsgesetz schützt Angestellte vor Kündigungen aus geschlechtsspezifischen Gründen, besonders wegen der familiären Situation. Eine Diskriminierung liegt vor, wenn ein Zusammenhang zwischen Kündigung und Mutterschaft glaubhaft gemacht werden kann. Ott muss noch während der Kündigungsfrist beim Chef schriftlich gegen die Kündigung protestieren (siehe Musterbrief unten). Wenn keine Einigung zustande kommt, kann sie klagen. Dazu muss sie bei der speziell dafür vorgesehenen Schlichtungsbehörde ein Schlichtungsgesuch einreichen. Ott kann eine Entschädigung von maximal sechs Monatslöhnen verlangen. Sie hat aber keinen Anspruch, wieder angestellt zu werden.

Musterbrief «Protest gegen missbräuchliche Kündigung»

Musterbrief «Protest gegen missbräuchliche Kündigung»

Halten Sie die Kündigung Ihres Arbeitsvertrags für missbräuchlich, sollten Sie unbedingt während der Kündigungsfrist schriftlich dagegen protestieren. Beobachter-Abonnenten erhalten mit dem Musterbrief «Protest gegen missbräuchliche Kündigung» eine hilfreiche Vorlage, wie dieses Schreiben verfasst sein könnte.

Musterbrief «Protest gegen missbräuchliche Kündigung»

Halten Sie die Kündigung Ihres Arbeitsvertrags für missbräuchlich, sollten Sie unbedingt während der Kündigungsfrist schriftlich dagegen protestieren. Beobachter-Abonnenten erhalten mit dem Musterbrief «Protest gegen missbräuchliche Kündigung» eine hilfreiche Vorlage, wie dieses Schreiben verfasst sein könnte.

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