Qualitätsprüfung und strikte Regeln
Nur jeder zehnte Interessent wird Samenspender

Kinder, die durch Samenspende gezeugt wurden, haben in der Schweiz das Recht, ihren biologischen Vater kennenzulernen. Doch nicht jeder kann Spender werden. Was das für Interessenten und Familien bedeutet, erklärt der Facharzt Peter Fehr.
Publiziert: 20.08.2024 um 17:57 Uhr
|
Aktualisiert: 22.08.2024 um 10:13 Uhr
RMS_Portrait_AUTOR_484.JPG
Olivia RuffinerRedaktorin

Bei vielen Paaren, die Peter Fehr (66) an seinem Arbeitsplatz kennenlernt, liegt der Grund für den unerfüllten Kinderwunsch beim Samen. Der Facharzt für Fortpflanzungsmedizin arbeitet in einer von acht Kliniken in der Schweiz, die eine Behandlung mit Samenspende anbieten dürfen. Neben den beiden Standorten der OVA IVF Klinik in Zürich und dem Lindenhofspital in Bern sind in der Deutschschweiz nur noch das Universitätsspital Basel und Fertisuisse in Olten SO dazu berechtigt.

In seiner täglichen Arbeit betreut Fehr nicht nur Paare, sondern auch Spender. Gegenüber Blick erklärt er, was es braucht, um Spender zu werden, und welche Rechte und Pflichten damit in der Schweiz verbunden sind.

1

Nicht jeder kann Spender werden

«Wir haben viele Anfragen für Spender, aber leider können wir nach den Abklärungen nur etwa jeden zehnten Interessenten in die Samenbank aufnehmen», sagt Fehr. Das Verfahren beginnt mit einer Registrierung – die Interessenten erhalten einen Fragebogen, in dem sie Angaben zu ihrem Aussehen, ihrem Beruf und ihrer Krankengeschichte machen.

Für einen Samenspender gelten in der Schweiz hohe Auflagen – die OVA IVF Klinik hat aktuell 90-100 registrierte Spender.
Foto: Getty Images
1/2

Nach einer positiven Vorprüfung wird der Spender zu einem Spermiogramm eingeladen. Dabei testet die Klinik Anzahl, Beweglichkeit und Form der Spermien. Etwa 70 Prozent der Bewerber fallen hier durch. Das heisst aber nicht, dass sie unfruchtbar sind. «Da das Sperma eingefroren und wieder aufgetaut wird, müssen wir mit einem Qualitätsverlust rechnen», erklärt Fehr. Die Klinik sucht deshalb nach Spendern mit deutlich überdurchschnittlichen Testergebnissen.

Nach dem Spermiogramm folgt eine ausführliche Blutuntersuchung. Dabei geht es vor allem darum, Infektionskrankheiten wie HIV und Hepatitis sowie Genmutationen auszuschliessen.

2

Ein Spender kann acht Kinder haben

Ein Spender darf gesetzlich maximal acht Kinder haben. Manche Paare wünschen sich später ein Geschwister für ihr Kind. Die Klinik kann zwar keine Spenden «reservieren», jedoch nutzen sie den Samen eines Spenders jeweils nur für vier Paare. So kann ein Paar ein zweites Kind vom selben Spender erhalten.

3

Spender sind in der Schweiz nicht anonym

In der Schweiz ist die Anonymität des Samenspenders gesetzlich ausgeschlossen. Seit 2001 haben Kinder, die durch Samenspende gezeugt wurden, ab dem 18. Lebensjahr das Recht, Informationen über ihren biologischen Vater zu erhalten. Ein nationales Spenderregister in Bern verwaltet die Daten. «Wenn aus einer Befruchtung ein Kind hervorgeht, müssen wir als Klinik das dem Register melden», sagt Fehr.

Die Einsicht kann in drei Stufen erfolgen: Die erste Stufe ist eine einfache Bestätigung, dass das Kind im Register eingetragen ist. Die zweite Stufe ist die Einsichtnahme in den Registereintrag, jedoch in anonymisierter Form. Das Kind sieht die persönlichen Merkmale, den Beruf und die Hobbys des Spenders, aber kein Foto oder persönliche Daten. Die letzte Stufe ist das Treffen, das Amt stellt die nötigen Daten dafür zur Verfügung. Jeder Spender erklärt sich bei der Spende mit allen drei Schritten einverstanden. Kinder, die vor der Gesetzesänderung 2001 aus einer Samenspende entstanden sind, haben dieses Recht nicht.

4

Kinder und Paare sind immer anonym

Umgekehrt hat der Spender kein Recht zu erfahren, wer seine Kinder sind. «Anders als bei privaten Spendern muss ein Paar auf diesem Weg nicht befürchten, dass sich eines Tages jemand in das Familienleben einmischen will», sagt Fehr. Die Klinik darf den Spendern aber mitteilen, wie sein Samen verwendet wurde und wie viele Kinder daraus entstanden sind.

5

Es gibt für Paare keinen Wunschkatalog

Kommt der Samen zum Einsatz, wird bei heterosexuellen Paaren ein sogenanntes «Matching» durchgeführt. Das Kind soll dem rechtlichen Vater möglichst ähnlich sein. Kriterien wie Augenfarbe, Haarfarbe, Körpergrösse und Blutgruppe spielen dabei eine tragende Rolle. «Ausbildung, Beruf oder andere Wunschkriterien sind in der Schweiz nicht zugelassen», sagt Fehr.

Als 2021 die Samenbank auch für lesbische Ehepaare zugänglich wurde, gab das Gesetz keine weiteren Auflagen bezüglich der Spenderauswahl mit. Auf Anraten der Zürcher Kantonsärztin hin orientiert sich die Klinik hier auch an den üblichen Matching-Kriterien.

6

Samenspender erhalten eine finanzielle Vergütung

Spender erhalten für ihre Teilnahme eine einmalige Spesenentschädigung von rund 2000 Franken. Dieser Betrag deckt alle Spenden ab und ist unabhängig davon, wie viele Kinder letztlich gezeugt werden.

«Die Rekrutierung eines Spenders ist ein kostenintensiver Prozess», sagt Fehr. Neben der administrativen Abwicklung und den Laboruntersuchungen fallen Kosten von mehreren Tausend Franken an, um sicherzustellen, dass der Spender alle medizinischen Anforderungen erfüllt.

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Liebe Leserin, Lieber Leser
Der Kommentarbereich von Blick+-Artikeln ist unseren Nutzern mit Abo vorbehalten. Melde dich bitte an, falls du ein Abo hast. Noch kein Blick+-Abo? Finde unsere Angebote hier:
Hast du bereits ein Abo?