Interview mit Elia Frapolli, Direktor Tessin Tourismus
Das Tessin ist im Wandel

Der Gotthard-Basistunnel rückt das Tessin näher an die Deutschschweiz. Eine Chance für den Tourismus im Sonnenkanton? BLICK fragt Elia Frapolli, den Direktor von Tessin Tourismus – bei einer Fahrt durch den Gotthard.
Publiziert: 15.02.2017 um 11:28 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 21:30 Uhr
Christian Bauer

Herr Frapolli, Sie sind Tessiner – nennen Sie uns drei Lieblingsorte in Ihrer Heimat, die Ihnen am Herzen liegen.

Elia Frapolli: Zum einen der rustikale Ort Bosco Gurin im Maggiatal, wo ich einige Jahre ein Hotel geleitet habe. Dort ist das Tessin noch authentisch. Dann das Dorf Morcote am Luganersee welches kürzlich zum schönsten Dorf der Schweiz gewählt wurde. Hier erlebt der Gast italienisches Dolce Vita und mediterranes Flair. Und ich erfreue mich jeden Tag an den drei Unesco-Burgen in Bellinzona, hier bin ich aufgewachsen.

Namen, die nach schönen Tessinferien klingen. Dennoch sind die Besucherzahlen in den letzten Jahren zurückgegangen. Hat das Tessin ein Imageproblem?

Möchte dem Tessiner Tourismus zu neuer Blüte verhelfen: Elia Frapolli vor dem Luganersee.
Foto: ZVG

Im letzten Jahr hatten wir eine Steigerung der Besucher von 4,5 Prozent – als einige der wenigen Destinationen der Schweiz. Sie haben aber dennoch recht, davor sind die Zahlen ständig gesunken. Das liegt weniger am Image des Tessins als daran, dass man sich nach dem Boom in den 80er-Jahren auf den Lorbeeren ausgeruht und das Produkt Tessin nicht genügend weiterentwickelt hat. Wir brauchen nun eine bessere Infrastruktur, ansonsten funktioniert das Preis-Leistungs-Verhältnis nicht. Wir wissen, wir sind teurer als der Rest Europas – also muss unsere Qualität super sein. Das Tessin hat einen Strukturwandel begonnen. Wir sind noch mittendrin, aber sehen schon die ersten Ergebnisse.

Ist der Gotthard-Basistunnel nun DIE Chance für den Kanton, in Sachen Tourismus aufzurüsten?

Ja, die Neat ist ein Entwicklungsbeschleuniger. Viele Infrastruktur-Projekte sind nun angelaufen. Beispielsweise die neuen Bahnhöfe in Bellinzona und Lugano, die nun realisiert wurden, oder auch die Renovationen von Hotels. Das Tessin ist im Wandel.

Wird die Hotellerie auch die Preise senken müssen?

In den letzten Jahren sind die Preise etwas runtergegangen, aber viel tiefer können sie nicht mehr fallen. Daher planen wir pro Übernachtung einen Mehrwert. So haben wir im Tessin das «Ticino Ticket» eingeführt.

Was muss man sich unter dem «Ticino Ticket» vorstellen?

Mit dem «Ticino Ticket» kann jeder Gast, der im Tessin übernachtet, den gesamten ÖV im Kanton kostenlos benutzen. Zudem gibt es Vergünstigungen bei 31 Attraktionen. Das Ticket hat einen Wert von 50 Franken pro Tag. Die ersten Reaktionen waren sehr positiv, und auch die Hoteliers sind wirklich zufrieden.

Das Ticket ist zunächst für ein Jahr geplant. Warum diese Zeitbegrenzung?

Das Ticket kostet 5,5 Millionen. Für dieses Jahr ist das finanziert. Bis jetzt ist es als Marketingaktivität zur Eröffnung des Gotthard-Basistunnels für ein Jahr angelegt, aber ich bin mir sicher, alle Partner wollen das Ticket weiterführen.

Gibt es noch weiterführende Marketingmassnahmen?

Natürlich, es ist nicht nur das «Ticino Ticket», das den Tourismus im Tessin rettet. Bis Ende Februar arbeiten wir beispielsweise mit Migros Cumulus zusammen. In dem Paket gibt es neben 50 Prozent Rabatt auf die Zugfahrt noch einen 20-Franken-Restaurantgutschein und Vergünstigungen im Hotel. Von März bis Oktober können Raiffeisen-Mitglieder zum halben Preis im Tessin übernachten.

Auf welche Zielgruppe unter den potenziellen Gästen fokussieren Sie?

Unsere wichtigste Zielgruppe kommt aus der Schweiz. Traditionellerweise haben wir sehr gute Produkte für die Best-Agers. Aber das Tessin bietet auch jungen Leuten Spannendes: Natur, Klettern, Paragliding, Bungee Jumping und Kulturevents wie zum Beispiel das Moon & Stars in Locarno. Zudem wollen wir auch vermehrt die in der Schweiz lebenden Expads ansprechen, welche die Schweiz kennenlernen wollen. Zudem sind wir weltweit in zwölf ausländischen Märkten aktiv. Der Fokus liegt allerdings im umliegenden Ausland – insbesondere in Deutschland, von wo wir traditionell hohe Besucherzahlen haben.

Wir fahren gerade durch den Gotthard- Basistunnel. Warum sollte ich in Bellinzona aussteigen und nicht direkt weiter nach Mailand fahren?

Wir wollen uns nicht mit dem Städtetourismus von Mailand vergleichen. Das Tessin ist anders, nämlich Natur, Seen, Berge und authentische Kleinstädte – wir stehen für Schweizer Qualität mit mediterranem Feeling.

Klar ist aber auch, dass mit der neuen Bahnverbindung vor allem die Städte leichter erreichbar sind. Werden dadurch die Täler abgehängt?

Nein, das sehe ich nicht so. Städte und Täler gehören für die Besucher zu einem Ferien-Mix dazu. In Locarno oder Lugano erlebt der Gast Stadtflair, in den Tälern das rustikale, authentische Tessin. Typischerweise verbringen Besucher sowohl Zeit in den Städten als auch in der ländlichen Umgebung.

Schlagwort «neues Tessin». Was muss man sich darunter vorstellen? Will das Tessin nicht mehr die Sonnenstube der Schweiz sein?

Aber nein! Wir wollen unsere Identität nicht verleugnen. Es geht darum, dass wir die touristische Infrastruktur und bestehende Produkte verbessern. Keine Sorge: Wir sind immer noch gerne die Sonnenstube der Schweiz.

Im Kreuzverhör

Rustico oder City-Wohnung? Rustici

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Polenta oder Spaghetti? Polenta

Wein oder Bier? Wein

Print oder E-Book? Print

Krimi oder Liebesschnulze? Fiction

Ski oder Snowboard? Freeride

All-inklusive oder individuell? Individuell

Wandern oder Kreuzfahrt? Wandern

USA oder Indien? Beide

Roadtrip oder selber fliegen? Selber fliegen

Gotthardtunnel oder Bergstrecke? Bergstrecke

Single oder verheiratet? Verheiratet

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