Unterwegs im Val Lumnezia
Richtig gewickelt im Tal des Lichts

Wer heute reist, will auch die lokalen Gaumenfreuden kosten. Kulinarische Erlebnisse werden daher immer beliebter. Wir machen die Probe aufs Exempel und schlemmen uns wandernd durch das schöne Val Lumnezia in Graubünden.
Publiziert: 19.02.2016 um 11:01 Uhr
|
Aktualisiert: 11.09.2018 um 03:10 Uhr
Christian Bauer

Der junge Schnee knackt unter den Wanderstiefeln wie ein Biss in die Puderzuckerglasur auf einem Schoggikuchen. Über dem heiteren Weiss prangt ein makellos blauer Himmel. Das Traumwetter passt zur Location: Unterwegs sind wir im Val Lumnezia, das den Sonnenschein schon im Namen trägt – Tal des Lichts. Dass die Bezeichnung «Lumnezia» nicht vom Lateinischen «Lumen» (Licht) stammt, sondern vom keltischen Volk der Lepontier, ist uns heute egal. Denn in der Ferne kämpft die Sonne gerade gegen eine Schlechtwetterfront an – und scheint zu gewinnen. Der Name ist also doch Programm.

Das Val Lumnezia ist das grösste Seitental der Surselva, des oberen Rheingrabens im Kanton Graubünden. Etwa zwanzig Kilometer zieht sich diese «Sackgasse» abseits jeglichen Verkehrstrubels in die Bündner Bergwelt. Hier gibt es keinen Durchgangsverkehr, keinen Zug, nur eine schmale Strasse, auf der stündlich ein Postauto dahinzuckelt.

Der ideale Ort also, um zu entspannen, der Welt zu entfliehen – und um ausgiebig zu schlemmen. Neben Schneesport in all seinen Variationen (dank des Zugangs zum Skigebiet Obersaxen Mundaun Lumnezia) und dem legendären Open Air im Sommer hat sich das liebliche Tal nämlich auf kulinarische Wanderungen spezialisiert. Und so gehts: Man zieht im Tal einfach von Restaurant zu Restaurant und isst jeweils ein Gericht eines dreigängigen Menüs. Damit liegt das Tal voll im Trend, denn Erlebnisse, bei denen der Reisende lokale Gaumenfreuden entdecken kann, werden immer beliebter (mehr Angebote siehe unten). Mag die Schweiz im Ausland nur für Käsefondue und Raclette bekannt sein: Zwischen Graubünden und Genf hat sich eine grosse Vielfalt an Spezialitäten entwickelt, die selbst hierzulande kaum bekannt sind.

Macht seinem Namen alle Ehre! Val Lumnezia, das Tal des Lichts.
Foto: Christian Bauer
Traditioneller Charme: Die Dörfer im Val Lumnezia sind urchig.
Foto: Christian Bauer

Wir haben uns für die kulinarische Winterwanderung mit dem wohlklingenden Namen «Tras neivs e nevaglias» – Schlemmen im Schnee – entschlossen. Los geht es mit einer Lumbreiner Gerstensuppe im Restaurant Péz Regina im Dörfchen Lumbrein. Im Traditionshaus aus dem Jahr 1877 wirken das Ehepaar Edith (59) und Bruno Gygax-Casanova (60) schon in vierter Generation. Klar, dass das Rezept des Alpenklassikers aus Urgrossis Zeiten stammt. «Gerstensuppen sind im Alpengebiet in verschiedenen Variationen bekannt», so Bruno Gygax. «Wir verfeinern sie mit Bündner Trockenfleisch.» 

Die köstliche Stärkung tut Not, denn der erste Abschnitt der zehn Kilometer langen Wanderung führt steil hinauf zur schneebedeckten Sonnenterrasse des Val Lumnezia. Dorthin, wo die Maiensässe wie Schoggistückchen in einem Meer aus süssem Rahm schwimmen. Ein paar Schafe stehen im Schnee und wundern sich, wohin das Gras verschwunden ist, ein Misthaufen dampft in der Kälte, der Blick geht weit zu zackigen Gipfeln. Alpen-Idylle.

Die Stille hier oben ist ohrenbetäubend. Die Grossstadtohren wehren sich gegen den fehlenden Lärm mit einem lauten Rauschen – eine Kuhglocke und das Plätschern eines Baches sind ihnen nicht genug. Das ist Erholung für die Hörnerven. Eine Kur für das Sixpack ist die kulinarische Winterwanderung freilich nicht. Denn die Kalorien, die man sich im Schnee abtrainiert, hat man beim nächsten Halt schnell wieder hineingestopft. Die Bündner Küche ist traditionell eine Energiebombe. Das Leben in den Bergen ist schliesslich seit jeher ein Knochenjob, da brauchte es viel Power für die tägliche Arbeit. Eine Ahnung davon bekommen wir in Vignon in der Ustria Crestas.

Alpbauern und Bauarbeiter sitzen beim «Zmittag» zusammen und schaufeln grosse Portionen Capuns in sich hinein. Wirt Clemens Ventira (83) setzt sich zu ihnen und hört aufmerksam den Geschichten zu. Wir verstehen allerdings nicht ein Wort: Im Val Lumnezia wird Romantsch gesprochen, jene melodische Sprache, die wie eine Mischung aus Italienisch und Portugiesisch klingt. Das fühlt sich an wie Ferien in der Ferne.

Capuns ist eine der berühmten Spezialitäten Graubündens. Herzhafter Teig, der mit Speck und Salsiz gewürzt ist, wird in Mangoldblätter gewickelt.
Foto: ZvG

Auch vor uns landet ein dampfender Teller voller Capuns. Neben Maluns und Pizokel sind die Mangoldwickel mit salzigem Teig, die in einer Rahmsosse mit Käse überbacken werden, die berühmteste Bündner Spezialität. In der Küche der Ustria Crestas hat seit 40 Jahren Albertina Ventira (65) den richtigen Wickeldreh für die Capuns raus. Ob es nicht langsam Zeit für die Rente sei, will ich von der leidenschaftlichen Köchin wissen. «Warum?», fragt die rüstige Wirtin. «Mir macht das Wirten doch Spass.» Das schmeckt man.

Warmer Schoggikuchen in der Ustria Trutg in Vella.
Foto: ZvG

Pappsatt nehmen wir es auf den restlichen vier Kilometern bis nach Vella, der Endstation der Wanderung, gemütlich. Dort wartet in der Ustria Trutg die süsse Krönung eines herrlichen Wintertages: warmer Schoggikuchen mit Vanilleglace. Zu viele Kalorien? Egal, die Diät-Vorsätze können bis morgen warten.

Informationen

Länge
10 Kilometer mit einer reinen Gehzeit (bei normalem Tempo) von etwa 3 Stunden.

Strecke
Bis auf einen Anstieg ist die Strecke leicht und für jedermann zu bewältigen. Der Weg ist durchgehend ausgeschildert.

Preise
37 Franken für Erwachsene; 26 Franken für Kinder bis 12 Jahren. Getränke sind nicht inbegriffen.

Mehr Infos
 www.surselva.info

Länge
10 Kilometer mit einer reinen Gehzeit (bei normalem Tempo) von etwa 3 Stunden.

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Weitere Kulinarische Highlights

Appenzell: Mit dem E-Bike zum Schlemmen
Dass man im Appenzellerland nicht nur den berühmten Käse geniessen kann, erfährt man bei einer kulinarischen E-Bike-Tour, die in Appenzell beginnt. Für die 45 Kilometer lange Tour, bei der man in vier Restaurants einkehrt, sollte man einen ganzen Tag einplanen. Auf dem Weg kann man die Appenzeller Schaukäserei und das Brauchtumsmuseum in Stein AR besuchen. www.appenzell.ch

Escholzmatt LU: Auf die Wurst gekommen
Der berühmte Naturkoch Stefan Wiesner, auch als «Hexer aus dem Entlebuch» bekannt, bietet in seinem Gasthof Rössli eine Wurstwerkstatt an. Im Tagesseminar stellt man seine eigene Wurst, eigenes Brot und Senf her. Preise: 270 Franken/Person. www.stefanwiesner.ch

Zermatt: Gipfelerlebnis
Den schönsten Blick auf das Matterhorn hat man vom Gornergrat und der Gornergrat-Bahn aus, die von Zermatt zum Aussichtsberg fährt. Nun kann man die Aussicht mit kulinarischem Genuss kombinieren. Im Rahmen des Gourmettickets gibt es ein «Apéro riche» im 3100 Kulmhotel Gornergrat, ein 3-Gang-Menü im Hotel Riffelhaus 1853 und ein Dessert im Restaurant Alphitta, die entlang der Bahnstrecke liegen. Im Winter sind die Benutzung der Schlittelstrecke und die Schlittenmiete inklusive. Preis: 149 Franken/Erwachsene. www.gornergratbahn.ch

Salgesch VS: Im Wein die Wahrheit suchen
Das Wallis ist die grösste Weinbauregion der Schweiz. Das Hotel Arkanum in Salgesch bietet zweitägige Weinkurse an, bei denen man einem Winzer bei der Arbeit zur Hand gehen kann und viel über die edlen Tropfen erfährt. Je nach Jahreszeit kann man bei Laubarbeiten oder der Weinlese helfen. Preis: 360 Fr./ Person inklusive Übernachtung und Verpflegung. www.hotelarkanum.ch

Emmental: Alles Käse
Die Käseherstellung hat eine lange Tradition in der Schweiz. Trotz moderner Produktionsstätten haben sich die Grundlagen des Handwerks kaum geändert. In der Emmentaler Schaukäserei können Gruppen ab zwei Personen (max. 25 Personen) in einem Stöckli aus dem Jahr 1741 ihren eigenen Käse herstellen. Nach viermonatiger Lagerung wird der Stöcklichäs nach Hause geschickt. Preis: Für einen Laib à 8 Kilogramm pauschal 390 Franken (2 Laibe 650 Franken). www.emmentaler-schaukaeserei.ch

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