Im VW Bulli durch Irland
Scheinwerferaugen und blökende Schafe

Mit einem VW Bulli unterwegs auf der längsten Küstenstrasse der Welt, dem Wild Atlantic Way im Westen Irlands. Ein Besuch bei Feen, Exzentrikern und dramatischen Landschaften.
Publiziert: 29.01.2015 um 08:22 Uhr
|
Aktualisiert: 09.09.2018 um 11:50 Uhr
Traumhaft: die irische Landschaft.
Foto: Christian Bauer
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Von Christian Bauer

Nichts lässt Frauenherzen schneller weich werden als die treuen Augen eines Hundes -  dachte ich immer. Doch nun habe ich die ultimative Flirthilfe gefunden, die 1A- Kontaktbörse: die herzerweichenden Scheinwerferaugen von Ruby, dem Retro-VW-Camper.

Ruby ist 39, etwas rundlich, die Gänge sind etwas steif - aber an Charme ist sie nicht zu überbieten. Auf unserer Tour entlang des Wild Atlantic Way an der Westküste Irlands hat sie mir Türen und Herzen geöffnet, Bewunderer haben sie gestreichelt, sie fotografiert und mich in Gespräche verwickelt. Ruby ist ein Bulli der Generation T2, die von 1967 bis 1979 gebaut wurde. Der Männer- und Frauenschwarm hat das Nötigste, was es für das ultimative Freiheitsfeeling braucht: eine Kochecke, eine Spüle, einen Stromanschluss und ein Doppelbett. In meinem iPod suche ich den passendsten Hit aus Rubys Geburtsjahr 1975: Joe Cockers «You are so beautiful». Oh ja, Ruby ist eine Schönheit.

Der Wild Atlantic Way ist die längste Küstenstrasse der Welt. Auf einer Länge von 2500 Kilometern zieht sie sich von Kinsale im Süden bis Malin Head im Norden. Am Weg liegt die gesamte Schönheit Irlands: die Panoramastrasse «Ring of Kerry», die mystische Klosterinsel Skelling Michael, die lebendige Studentenstadt Galway, die Moorlandschaft von Connemara und die Weltklasse-Surfspots von Donegal. Und natürlich gefühlte 1000 Pubs und eine Million Schafe, die gerne urplötzlich hinter der Kurve auf der Strasse stehen. Die Landschaft ist zu schön und die Begegnungen sind zu herzlich, als dass man den gesamten Wild Atlantic Way in einer Ferienreise abfahren sollte. Ruby und ich tuckern gemächlich in einer Woche durch die Provinzen Clare und Galway.

Der Wild Atlantic Way - Landschaft mit mystischer Kraft

Unsere erste Nacht verbringen wir an den Cliffs of Moher. Bei Sonnenuntergang haben sich an Irlands Top-Touristenattraktion nur ein paar enthusiastische Fotografen versammelt - ansonsten Blöcken ein paar Schafe, muhen Kühe und kreischen Möwen um die 200 Meter hohen Klippen. Der Anblick der vom Sonnenuntergang geröteten Klippen ist herrlich.

Ebenso wie der Blick aus der Frontscheibe beim Aufwachen: grüne Wiese, Steinmäuerchen, Kühe, blaues Meer. Unweit der Klippen liegt das kleine Dörfchen Lisdoonvarna. Die Roadside Tavern ist das berühmteste Pub der Gegend. Besitzer Peter Curtin braut nicht nur sein eigenes Bier und betreibt mit seiner Frau Brigitta eine Lachsräucherei, er ist auch Vorsitzender der Burren Tolkien Society. Der sympathische Exzentriker behauptet, in der unwirklichen Karstlandschaft «The Burren» habe J.R.R. Tolkien die Inspirationen für seine Trilogie «Herr der Ringe» gefunden. Der Beweis: eine Höhle mit dem bezeichnenden Namen «Poll na Gollum».

Könnte stimmen: Wenn man über die mondähnliche Landschaft wandert, scheinen Hobbits, Elfen und Zauberer hinter jedem Stein zu lauern. Das Land hat eine mystische Kraft. Kein Wunder, ist der Glaube an Feen und sonstigen Fabelwesen hier noch lebendig.

Wanderführer Tony Killby zeigt auf einen Weissdornbaum. «Man sagt, dort wohnt eine Gruppe Feen.» «Glaubst du daran?», will ich wissen. «Nun, ich würde jedenfalls keinen Weissdorn fällen!», sagt er grinsend. Ein Hang zum Aberglaube ist in der irischen Seele tief verwurzelt. Allenthalben findet man wundersame Quellen und Bäume mit heilenden Kräften. So funktionierst: Ein Streifen seines Hemdes anbinden, warten bis der Stoff verrottet, Krankheit geheilt.

Drama am Himmel

Ich sollte auch ein Stück Ruby an einen Wunderbaum binden. Ihre Krankheit ist das Kuppeln. Die Gänge liegen nur Millimeter nebeneinander. Vom dritten rutsche ich immer in den Rückwärtsgang, was mir der Verkehr im Rücken recht übelnimmt.

Was solls, wir tuckern glücklich unseren Wege bis nach Clifden, der Hauptstadt der Provinz Connemara. Auf dem Aussichtspunkt der Rundstrasse Sky Road geniessen wir den Blick auf das Meer und die Inseln. Hier bekommen wir dann nochmals eine Lektion in Meteorologie. Das berüchtigte Wetter Irlands scheint bei Modelcoach Bruce Darnell in die Lehre gegangen zu sein: «Drama Baby, Drama!». Weisse, grau-blaue und schwarze Wolken flitzen gleichzeitig über den blauen Himmel. Mal bricht die Sonne durch, dann regnet es ohne Vorwarnung in Strömen. «If you dont like the waether in Ireland, just wait a few minutes» – «Wenn du Irlands Wetter nicht magst, warte einfach ein paar Minuten», sagt man. Wie wahr!

Zu schnell ist es Zeit für die Rückreise. Beim Abschied sehe ich Tränen in Rubys Scheinwerferaugen – oder haben mir da die Feen einen Streich gespielt?

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Praktische Infos

Reisezeit
Irland hat milde Winter und ebenso milde Sommer. Hochsaison sind die Monate Juni bis August. Dementsprechend voll sind dann Unterkünfte und Attraktionen. Im Frühling und Herbst haben die meisten Touristen die Insel wieder verlassen. Im Winter ist Irland regnerisch und neblig – dafür touristenfrei!

Wild Atlantic Way
Der gesamte Weg wurde durchgehend mit Wegweisern ausgestattet. Highlights sind besonders beschildert.

VW Camper Miete
Retro Camper vermietet derzeit Ruby und sechs ihrer Freunde. Pickup-Station ist in der Nähe des Flughafens Dublin (Taxi-Transfer). Die Busse haben ein Doppelbett, eine kleine Koch- und Spülstelle, Kühlschrank, Stromanschluss. Manche Busse haben ein ausklappbares Dach mit zusätzlichem Schlafplatz. Bettzeug kann gemietet werden. Miete für ein Wochenende (Freitag bis Montag) ab 490.- Euro.

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Wild Atlantic Way
Der gesamte Weg wurde durchgehend mit Wegweisern ausgestattet. Highlights sind besonders beschildert.

VW Camper Miete
Retro Camper vermietet derzeit Ruby und sechs ihrer Freunde. Pickup-Station ist in der Nähe des Flughafens Dublin (Taxi-Transfer). Die Busse haben ein Doppelbett, eine kleine Koch- und Spülstelle, Kühlschrank, Stromanschluss. Manche Busse haben ein ausklappbares Dach mit zusätzlichem Schlafplatz. Bettzeug kann gemietet werden. Miete für ein Wochenende (Freitag bis Montag) ab 490.- Euro.

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