Wachteln boomen in der Schweiz
Lady Gaga legt nicht nur Eier

Immer mehr Schweizer legen sich Wachteln zu. Kein Wunder: Die Tiere lassen sich gerne streicheln und legen gesunde Eier. So wie Lady Gaga – die Lieblingswachtel von Marc Homberger (35).
Publiziert: 18.07.2021 um 16:49 Uhr
Katja Richard

Ihr Zwitschern ist sanft, ihr Federkleid ebenfalls: Die einzige von 20 Wachteln im Garten von Marc Homberger (35), die einen Namen bekommen hat, ist Lady Gaga: «Sie hat Persönlichkeit und Charme. Und sie ist überhaupt nicht schüchtern, sie bleibt entspannt auf meiner Hand sitzen und darf sogar mit rauf in die Wohnung.»

Liebevoll streichelt er Lady Gaga. Homberger ist Koch. Im Garten seiner Mietwohnung am Zürichberg hält er 20 Wachteln, natürlich mit Einverständnis seiner Vermieter, die im selben Haus wohnen: «Sie sind da sehr offen und freuen sich, wenn der Garten belebt wird.»

Jeden zweiten Morgen kriecht Homberger ins Gehege und sammelt die gesprenkelten Eier ein. «Für mich gibts jeden Tag eins. Die meisten Eier verwende ich aber für die Küche im Florhof.» Derzeit zieren die kleinen gelben Eidotter das Saibling-Tatar fürs Mittagsmenü des Zürcher Hotels. Geschmacklich seien die Eier nicht viel anders: «Vielleicht etwas kräftiger. Aber das hat auch mit dem Futter zu tun. Meine Hennen bekommen jeden Tag frische Rüebli und Salat.» Unter Legedruck stehen seine Hennen auch nicht, im Winter legen sie eine Pause ein und dürfen auch weiterleben, wenn sie weniger produktiv sind.

Dekorativ: Jede Wachtel-Henne legt ihr eigenes Muster.
Foto: Siggi Bucher
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Kleiner als Hühner – und leiser

Drei bis vier Jahre werden die «Mini-Hühner» alt, ausser sie haben das Pech und kommen als Güggel zur Welt. Dann schlachtet Homberger auch mal eine: «Das ist aber nicht die Regel bei mir.» Wachteln sind kleiner, und sie machen weniger Lärm als Hühner und brauchen nicht viel Platz – das macht sie zusehends beliebter, ganz besonders für Stadtgärten und sogar Balkone. Das Gehege bei Homberger misst mit Stall 10 Quadratmeter, das Gitter ist zwei Meter hoch, ein Vielfaches von dem, was vorgeschrieben ist.

Vor allem Private wollen immer mehr Wachteln

Der Wachtelboom in der Schweiz hat gerade erst begonnen. Das zeigt der Blick in die Statistik: Neben über 12 Millionen Hühnern sind nur etwa 15'000 Wachteln erfasst. Dabei geht es ihnen meist besser als den grossen «Schwestern» in riesigen Betrieben. Die Nachfrage steigt – vor allem bei Privaten. «Seit der Pandemie haben wir sicher fast doppelt so viele Wachteln verkauft», sagt Dominik Fässler (41) von der Appenzeller Wachtelfarm. Der Finanzberater führt einen der wenigen Betriebe mit mehr als 1000 Tieren, ein Grossteil davon (Eier und Fleisch) geht in die Gastronomie.

Auch Oliver Frei (53) spürt den Boom. Er vertreibt seit 15 Jahren auf wachtelshop.ch in Allschwil BL sämtliches Zubehör für die Tiere, 900 Produkte hat er im Angebot: Das geht vom extra kleinen Futtergeschirr bis zu Wärmeplatten, Brutkästen, Eierbehältern, Spielzeug und Ergänzungsfutter. Angefangen hat er mit einem Dutzend Kunden, heute sind es 3000, jeden Monat kommen 20 bis 30 neue dazu.

Reich werde er davon nicht, hauptberuflich kümmert sich Frei um den technischen Unterhalt in einem Altersheim. Dort hat er auch eine Voliere mit Wachteln stehen. Ja, auch er ist ein bisschen verliebt in die kleinen Federviecher.

Die Wachtel-Expertin

Wann sich Wachteln wohlfühlen, das hat Imelda Schmid (64) erforscht. Die Biologin hat vor über 20 Jahren ihre Dissertation über «Tiergerechte Wachtelhaltung» geschrieben. Wilde Wachteln sind Zugvögel, für die Zucht wird auch hierzulande die Japanische Legewachtel verwendet – sie wurde in Japan schon 1910 domestiziert. Schmids Forschungsarbeit half dem Bundesamt für Veterinärwesen im Jahr 2000 beim Erstellen der Richtlinien für die artgerechte Haltung der Tiere.

Aus Wissenschaft wurde Leidenschaft, der Biologin ist das gemusterte Federvieh ans Herz gewachsen: «Ich mag ihr Wesen, sie sind lebhaft und keck. Extrem herzig sind die frisch geschlüpften Küken, sie stolzieren schon am zweiten Tag wie ganz Grosse herum. Dabei scheinen sie neben einem fünfmal so grossen Huhn winzig.» Inzwischen betreibt sie eine von zehn Wachtelfarmen in der Schweiz mit 400 bis 700 Tieren in S-chanf im Engadin und beliefert Privatkunden und Gastronomie mit Eiern. Damit führt sie ein Handwerk weiter, das weit in die Geschichte zurückreicht. Schon die alten Ägypter waren nämlich von der Heilwirkung der Wachteleier überzeugt – und im Mittelalter galten sie gar als Potenzmittel. Wenn das mal keine Gründe für einen lang anhaltenden Boom sind.

Kleines Ei – viel Power

Die alten Ägypter waren von der Heilwirkung der Wachteleier so begeistert, dass sie die Wachtel als Schriftzeichen für das «W» in ihr Alphabet aufnahmen. Und auch die heilige Hildegard von Bingen schwor im 11. Jahrhundert auf die kleinen Power-Eier. Sie war überzeugt, dass einzig das Ei der Wachtel bei Krankheit helfen könne, zugleich galt es auch als Potenzmittel.

Das Wachtelei ist wie das Hühnerei eine Eiweiss-Quelle, wertvoll ist der hohe Gehalt an B-Vitaminen sowie Eisen und Zink. Der Dotter des Wachteleis ist um 30 Prozent grösser als beim Huhn. Wird beim Kochen nur das Eigelb benötigt, dann reichen vier Wachteleier, um ein Hühnerei zu ersetzen, sonst sind es fünf. Wachteleier haben eine etwas härtere Schale, am besten öffnet man sie mit einem Messer. In siedendem Wasser sind Wachteleier in vier Minuten hartgekocht – nicht mit kaltem Wasser abschrecken, es vermindert die Haltbarkeit.

Shutterstock

Die alten Ägypter waren von der Heilwirkung der Wachteleier so begeistert, dass sie die Wachtel als Schriftzeichen für das «W» in ihr Alphabet aufnahmen. Und auch die heilige Hildegard von Bingen schwor im 11. Jahrhundert auf die kleinen Power-Eier. Sie war überzeugt, dass einzig das Ei der Wachtel bei Krankheit helfen könne, zugleich galt es auch als Potenzmittel.

Das Wachtelei ist wie das Hühnerei eine Eiweiss-Quelle, wertvoll ist der hohe Gehalt an B-Vitaminen sowie Eisen und Zink. Der Dotter des Wachteleis ist um 30 Prozent grösser als beim Huhn. Wird beim Kochen nur das Eigelb benötigt, dann reichen vier Wachteleier, um ein Hühnerei zu ersetzen, sonst sind es fünf. Wachteleier haben eine etwas härtere Schale, am besten öffnet man sie mit einem Messer. In siedendem Wasser sind Wachteleier in vier Minuten hartgekocht – nicht mit kaltem Wasser abschrecken, es vermindert die Haltbarkeit.

Mehr
Diese zehn Dinge müsse Sie über die Haltung von Wachteln wissen
  1. Wer nicht mehr als 50 Wachteln hält, braucht weder eine Ausbildung noch eine Bewilligung zur Haltung.
  2. Während man bei Hühnern den Freilauf nur umzäunt, brauchen Wachteln eine Voliere, die oben geschlossen ist, und einen Stall. Obwohl sich Wachteln auf dem Boden aufhalten, fliegen sie senkrecht in die Höhe, wenn sie erschrecken. Wichtig ist der Schutz vor Füchsen oder Katzen.
  3. Anders als Hühner brauchen Wachteln keine erhöhten Stangen zum Schlafen, sie sind Unterholz-Bewohner.
  4. Das Gehege muss den Mindestanforderungen der Tierschutzverordnung entsprechen. Sechs Wachteln brauchen zusammen eine Fläche von mindestens 0,5 m2 bei einer Höhe von mindestens 50 cm. Für jede zusätzliche Wachtel muss die Fläche um mindestens 0,045 m2 vergrössert werden. Es lohnt sich, ihnen mehr Platz zu geben.
  5. Der Boden muss mindestens zur Hälfte eingestreut sein, damit die Wachteln herumlaufen und scharren können.
  6. Wichtig ist ein Sandbad, damit sich die Vögel «baden» können.
  7. Es braucht Orte zum Rückzug, damit die Wachteln ihre Eier legen können. Sie mögen Verstecke aus Häuschen, Höhlen oder Pflanzen.
  8. Täglich passendes Mischfutter, ergänzend frisches Gras, Salat, Äpfel etc. Genügend Trinkgefässe, frische Luft und Licht.
  9. Auf fünf Wachtelhennen kommt ein Hahn, sonst kann es Streitereien im Gehege geben. Das Geschlecht ist ab der vierten oder fünften Alterswoche erkennbar.
  10. Wachteln dürfen nur von fachkundigen und geübten Personen geschlachtet werden.

Mehr Infos auf blv.admin.ch

Siggi Bucher
  1. Wer nicht mehr als 50 Wachteln hält, braucht weder eine Ausbildung noch eine Bewilligung zur Haltung.
  2. Während man bei Hühnern den Freilauf nur umzäunt, brauchen Wachteln eine Voliere, die oben geschlossen ist, und einen Stall. Obwohl sich Wachteln auf dem Boden aufhalten, fliegen sie senkrecht in die Höhe, wenn sie erschrecken. Wichtig ist der Schutz vor Füchsen oder Katzen.
  3. Anders als Hühner brauchen Wachteln keine erhöhten Stangen zum Schlafen, sie sind Unterholz-Bewohner.
  4. Das Gehege muss den Mindestanforderungen der Tierschutzverordnung entsprechen. Sechs Wachteln brauchen zusammen eine Fläche von mindestens 0,5 m2 bei einer Höhe von mindestens 50 cm. Für jede zusätzliche Wachtel muss die Fläche um mindestens 0,045 m2 vergrössert werden. Es lohnt sich, ihnen mehr Platz zu geben.
  5. Der Boden muss mindestens zur Hälfte eingestreut sein, damit die Wachteln herumlaufen und scharren können.
  6. Wichtig ist ein Sandbad, damit sich die Vögel «baden» können.
  7. Es braucht Orte zum Rückzug, damit die Wachteln ihre Eier legen können. Sie mögen Verstecke aus Häuschen, Höhlen oder Pflanzen.
  8. Täglich passendes Mischfutter, ergänzend frisches Gras, Salat, Äpfel etc. Genügend Trinkgefässe, frische Luft und Licht.
  9. Auf fünf Wachtelhennen kommt ein Hahn, sonst kann es Streitereien im Gehege geben. Das Geschlecht ist ab der vierten oder fünften Alterswoche erkennbar.
  10. Wachteln dürfen nur von fachkundigen und geübten Personen geschlachtet werden.

Mehr Infos auf blv.admin.ch

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Gnocchi mit Wachteleiern: Das Rezept von Marc Homberger, Chefkoch im Florhof, Zürich

Zutaten:

500 g Kartoffeln, mehligkochend (Agria, Bintje)
150 g Mehl
5 Stk. Wachteleier

Zubereitung:

Kartoffel ganz mit Schale auf Meersalz im Ofen bei 180 Grad weich garen. Aufschneiden und die Kartoffeln auskratzen. Mehl und Eier dazu und gut durchmischen. Abschmecken mit Salz und Pfeffer und zu Gnocchi formen. Im Salzwasser kochen, bis die Gnocchi oben aufschwimmen.

Danach mag ich es am liebsten kurz in Butter gebraten.

Servieren mit:
Gebratene Gnocchi mit wildem Broccoli, gerösteten Pinienkernen auf einer Tomaten-Jalapeno-Sauce mit Burrata.

Marc Homberger

Zutaten:

500 g Kartoffeln, mehligkochend (Agria, Bintje)
150 g Mehl
5 Stk. Wachteleier

Zubereitung:

Kartoffel ganz mit Schale auf Meersalz im Ofen bei 180 Grad weich garen. Aufschneiden und die Kartoffeln auskratzen. Mehl und Eier dazu und gut durchmischen. Abschmecken mit Salz und Pfeffer und zu Gnocchi formen. Im Salzwasser kochen, bis die Gnocchi oben aufschwimmen.

Danach mag ich es am liebsten kurz in Butter gebraten.

Servieren mit:
Gebratene Gnocchi mit wildem Broccoli, gerösteten Pinienkernen auf einer Tomaten-Jalapeno-Sauce mit Burrata.

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