Von der Hippiedroge zum Feierabendgenuss
Legal, illegal, total normal

Kiffen war mal gleichbedeutend mit dem Kampf gegen die Verhältnisse. Heute zieht man abends mal einen durch.
Publiziert: 27.07.2018 um 13:16 Uhr
|
Aktualisiert: 26.10.2018 um 19:11 Uhr
Christiane Binder

Weed habe er zwar probiert, aber «nicht inhaliert», behauptete Bill Clinton (71). Der Ex-Präsident der Vereinigten Staaten – ein Mann der halben Sachen? Als Clinton 20 war, wehten über jedem amerikanischen Campus Wogen von süssen Schwaden. Kichernd saugten die Kids an riesigen Tüten, im Ohr den Sound von Grateful Dead und Jimi Hendrix. Sein Song «Purple Haze» war eine Hymne an das gleichnamige Kraut: «Excuse me while I kiss the sky» – «Entschuldige mich, wenn ich den Himmel küsse».

Den Himmel küssen – das wollten vor allem die Hippies im sonnigen San Francisco. Love and Peace, «Don't bogart that joint my friend» war auch als Ohrfeige für die Alten gemeint. Mom und Dad mit ihrem biederen Traum von zwei Autos und einem Haus in Suburbia. Deren Drogen waren die Dry Gin Martinis.

«High sein, frei sein ...»

Der Generationenkonflikt verschärfte sich mit dem Vietnamkrieg (1955 bis 1975), in dem die USA eine zunehmend unrühmliche Rolle spielten. Wer Cannabis rauchte, demonstrierte gegen My Lai, Napalm, Agent Orange. In Deutschland skandierten die 68er-Studenten: «High sein, frei sein, ein bisschen Terror muss dabei sein.» Auch in der Schweiz schnupperte, wer jung war, an der Revolte. Als in den 1970ern Interrail aufkam, war das Top-Ziel der Backpacker Amsterdam. Dort konnten sie ihre Joints legal drehen.

Miley Cyrus zündet sich an den MTV Europe Music Awards 2013 in Amsterdam eine Tüte an.
Foto: FilmMagic
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Die Diskussion ums Für und Wider des Pot-Rauchens wurde unentspannt. Mariuhana sei harmlos, postulierten die Anhänger, es mache friedfertig – im Gegensatz zum Suff. Das Imperium schlug zurück. Richard Nixon (1913–1994) erklärte 1971 in seinem Anti-Drogenkrieg die Kiffer zu Staatsfeinden – eine Bedrohung für die anständige Menschheit, Faulenzer, die auf dem American Dream mit Füssen trampelten.

Rapper Snoop Dogg bei Präsident Obama

Doch dann war der Hippie-Traum auf einmal verraucht wie eine ferne Halluzination. In Vietnam herrschte Frieden, aus juvenilen Protestlern wurden Rechtsanwälte, Banker, Makler. Die Baby-Boomers machten Karriere, entspannter als ihre Eltern, denn die Wirtschaft boomte.

Das High suchten sie im Privaten, selbst Manager zogen am Wochenende mal einen durch. Die echt Karrieregeilen bliesen sich lieber den Wachmacher Koks durch die Nase.

Dope war öffentlich kein Thema mehr. Wenn es an lauen Abenden in der Zürcher Letten-Badi überm Wasser süsslich roch, dann war das halt so. Neu brachte der Reggae den verwitterten und den nachgewachsenen Kiffern den Himmel zum Küssen nah. «Let's get together and feel all right», die Zeile aus «One Love» des Kiffers Bob Marley (1945–1981) passte zum Zeitgeist.

Der Rapper Snoop Dogg (46) ging mit der Story hausieren, wie er 2014 bei einem Besuch bei Barack Obama im Weissen Haus auf dem Klo was geraucht habe. Bezeichnend, dass ein amerikanisc her Präsident überhaupt einen solchen Hasch-Bruder eingeladen hatte. Man grinst darüber. Aber es klicken keine Handschellen mehr. Aus der Hippie-Droge ist ein Feierabendgenuss geworden – wie das Feierabendbier.

Kiffer-Mekka Amsterdam

In den Niederlanden wurde Cannabis zum persönlichen Gebrauch 1976 während der Hippiebewegung entkriminalisiert, aber nicht legalisiert. Besitz und Konsum sind zwar strafbar, werden aber geduldet – wenn man höchstens fünf Gramm Cannabis dabeihat und sein ganzer Vorrat nicht grösser als 500 Gramm ist. Konsumiert wird vor allem in Amsterdam, dem Kifferparadies Europas. Von den Coffeeshops hat in den letzten zehn Jahren allerdings rund die Hälfte dichtgemacht. Mit zunehmender Liberalisierung in anderen Ländern bleiben die Kiffer-Touristen aus. Und die Auflagen für die Coffeeshops steigen: Gäste müssen sich seit 2012 ausweisen, und zuletzt schränkte die Stadtregierung die Öffnungszeiten im Umkreis von 250 Metern rund um Schulen ein. Und in Gegenden mit Spielplätzen will die Stadt den Cannabisverkauf völlig verbieten.

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In den Niederlanden wurde Cannabis zum persönlichen Gebrauch 1976 während der Hippiebewegung entkriminalisiert, aber nicht legalisiert. Besitz und Konsum sind zwar strafbar, werden aber geduldet – wenn man höchstens fünf Gramm Cannabis dabeihat und sein ganzer Vorrat nicht grösser als 500 Gramm ist. Konsumiert wird vor allem in Amsterdam, dem Kifferparadies Europas. Von den Coffeeshops hat in den letzten zehn Jahren allerdings rund die Hälfte dichtgemacht. Mit zunehmender Liberalisierung in anderen Ländern bleiben die Kiffer-Touristen aus. Und die Auflagen für die Coffeeshops steigen: Gäste müssen sich seit 2012 ausweisen, und zuletzt schränkte die Stadtregierung die Öffnungszeiten im Umkreis von 250 Metern rund um Schulen ein. Und in Gegenden mit Spielplätzen will die Stadt den Cannabisverkauf völlig verbieten.

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Nur das THC bringt den Rausch

Seit 2011 ist Cannabis in der Schweiz legal, solange der Gehalt des berauschenden THC (Tetrahydrocannabinol) unter einem Prozent liegt. Legale Cannabisprodukte aus dem Hanfshop enthalten vor allem CBD (Cannabidiol). Dieser Stoff hat keine berauschende Wirkung. Allerdings: Die Produkte dürfen nicht als Heilmittel angepriesen werden. Je nachdem, ob das CBD in Zigaretten, Lebensmitteln oder Kosmetika enthalten ist, sind unterschiedliche Zulassungsstellen zuständig. Bisher ist in der Schweiz nur ein THC-haltiges und rezeptpflichtiges Medikament zugelassen: Sativex, ein Mundspray für MS- und Krebspatienten zur Linderung der Schmerzen. Und Cannaqix ist das einzige Cannabis-Produkt mit CBD, das in der Schweiz rezeptfrei in der Apotheke erhältlich ist. In Tablettenform soll es ähnlich wie Baldrian gegen Stress helfen.

BLICK Infografik

Seit 2011 ist Cannabis in der Schweiz legal, solange der Gehalt des berauschenden THC (Tetrahydrocannabinol) unter einem Prozent liegt. Legale Cannabisprodukte aus dem Hanfshop enthalten vor allem CBD (Cannabidiol). Dieser Stoff hat keine berauschende Wirkung. Allerdings: Die Produkte dürfen nicht als Heilmittel angepriesen werden. Je nachdem, ob das CBD in Zigaretten, Lebensmitteln oder Kosmetika enthalten ist, sind unterschiedliche Zulassungsstellen zuständig. Bisher ist in der Schweiz nur ein THC-haltiges und rezeptpflichtiges Medikament zugelassen: Sativex, ein Mundspray für MS- und Krebspatienten zur Linderung der Schmerzen. Und Cannaqix ist das einzige Cannabis-Produkt mit CBD, das in der Schweiz rezeptfrei in der Apotheke erhältlich ist. In Tablettenform soll es ähnlich wie Baldrian gegen Stress helfen.

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