Erfindung von Regula Ochsner (72) treibt den Klimaschutz voran
In Madagaskar kochen über 500'000 mit Schweizer Öfen

Wie eine kleine Schweizer Organisation in Madagaskar Regenwald rettet, das Klima schützt und der Bevölkerung hilft – dank einer kleinen, einfachen Erfindung der Schweizerin Regula Ochsner
Publiziert: 08.01.2024 um 20:32 Uhr
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Aktualisiert: 11.01.2024 um 08:42 Uhr
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Silvia TschuiGesellschafts-Redaktorin

Wer jemals in der Masoala-Halle des Zürcher Zoos war, weiss: Auf Madagaskar könnten paradiesische Zustände herrschen. Doch Madagaskar wird seit Jahrzehnten abgeholzt, bis zu einer halben Million Hektaren Wald verschwindet jährlich. Ein Grund dafür ist, dass die Einheimischen traditionell über offenem Feuer kochen – also Feuerholz zum Kochen benötigen. Bereits verlangsamen aber rund eine halbe Million Schweizer Produkte diesen Prozess.

Doch von Anfang an: Früh erkannt hat die erschreckende Entwicklung Madagaskars die Entwicklungshelferin Regula Ochsner (72). Zum ersten Mal besuchte sie Madagaskar in den 1970er-Jahren, um ein Frauenförderungsprojekt zu entwickeln. Als sie rund 25 Jahre später wiederkam, war sie schockiert über den Zustand des seither kahlgeholzten und deshalb verarmten Landes. So gründete Ochsner den Non-Profit-Verein Ades. Diese wirkt seither der Abholzung auf gleich drei Ebenen entgegen – mit einfachen Mitteln: Die hierzulande nahezu unbekannte Organisation, die in der Schweiz in Mettmenstetten ZH sechs Menschen beschäftigt, hat in Madagaskar über 250 Menschen fest angestellt und schafft zusätzlich via Wiederverkäufer, Partner und Zulieferer über 600 weitere Stellen. Und sie ist im ganzen Land bekannt.

Tonöfen sparen Brennholz ein – und CO2

Die Bekanntheit ist dem ersten, vielleicht wichtigsten Standbein geschuldet: Den von Ades in Zusammenarbeit mit den Entwicklungsspezialisten Otto und Lisa Frei entwickelten, kleinen, portablen Öfen aus lokal abgebautem und gebranntem Ton. Die Tongefässe in der sofort wiedererkennbaren grünen Metallhülle sparen gegenüber konventionellen Kochmethoden 50 bis 80 Prozent Brennholz ein. So schlägt der grün eingekleidete Brennofen gleich drei Fliegen mit einer Klappe: Eine Verminderung der Abholzungsgeschwindigkeit, Einsparungen für die Familien, die so an Brennholz sparen können, sowie, dank bislang über einer halben Million verkauften Öfen, eine Einsparung von jährlich rund einer halben Million Tonnen CO2. Diese Werte werden sich in Zukunft noch verbessern: Der Absatz, den die Kochöfen finden, bleibt unvermindert hoch. Letztes Jahr lag er bei rund 100'000 Stück, wie die «NZZ» berichtete. Die Nachfrage übersteigt aktuell die Produktionsfähigkeit von Ades: Der madagassische Staat hat sich zum Ziel gesetzt, dass bis im Jahr 2030 70 Prozent der Haushalte Sparkocher verwenden sollen – und immerhin beträgt die Bevölkerung Madagaskars rund 30 Millionen Menschen.

Luc Estapé ist Geschäftsführer Schweiz von Ades, einer Non-Profit-Organisation, die in Madagaskar ein Klimaschutzprogramm betreibt.
Foto: ADES
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Seit 2018 hat Ochsner die Geschäftsleitung abgegeben – der Geschäftsleiter Schweiz, Luc Estapé (57), und der Directeur National, Alain Wasserfallen (64), leiten seither auch die weiteren Aktionen auf Madagaskar. So etwa Schulungsprojekte zur Nachhaltigkeit, und, in einer separaten Abteilung der Firma, die sich ausschliesslich durch Spenden finanziert, Projekte zur Wiederaufforstung.

In Zeiten von halbausgegorenen Klimaschutzprogrammen könnte Ades sogar noch eine vierte Fliege mit einer Klappe schlagen: Als Vorzeigeprojekt für kleinere, auf die Bedürfnisse der Bevölkerung abgestimmte Interventionen, die grosse Wirkung zeigen.

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