Problematik unterschätzt
Plastikmüll überschwemmt Inselparadies

Nur rund 600 Menschen leben auf den entlegenen Kokosinseln. Trotzdem sollen sich dort rund 238 Tonnen Plastikmüll angesammelt haben.
Publiziert: 24.05.2019 um 14:30 Uhr
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Aktualisiert: 21.03.2021 um 10:22 Uhr
Vanessa Büchel

Rund 977'000 Schuhe und 373'000 Zahnbürsten liegen an einem der abgelegensten Orte der Welt. Die Kokosinseln versinken im Müll. Und das, obwohl nur wenige Menschen auf den Inseln im Indischen Ozean leben. Schuld daran ist der Rest der Welt.

Jennifer Lavers von der University of Tasmania in Battery Point und ihr Team machten während einer Forschung im Jahr 2017 schockierende Entdeckungen: Sie fanden schätzungsweise 414 Millionen Plastik-Teile, die die Küsten der Kokosinseln verschmutzen. Fast alle davon stammen aus unserer Konsumgesellschaft.

Das Team sammelte während der Zeit vor Ort rund 23'227 Müllteile ein, die auf ein Gewicht von 96,67 Kilogramm kamen. Das wurde hochgerechnet und so eine Gesamtschätzung des Gewichtes erstellt. Der grösste Teil des Abfalls – 95 Prozent –, den Lavers und ihr Team fanden, war Plastik. Holz, Glas oder Textilien fanden die Forscher nur wenig. Ein Viertel des Plastikmülls war Einwegplastik, das heisst Produkte wie Strohhalme, Tüten, Zahnbürsten, Trinkflaschen oder Lebensmittelverpackungen.

Die Strände der Kokosinseln sind bedeckt mit Müll.
Foto: AFP
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4000 Jahre für gleiche Müllmenge

Die Kokosinseln befinden sich rund 2100 Kilometer nordwestlich von Australien, weit weg also von städtischen Zentren und der Konsumgesellschaft. 4000 Jahre würde die Bevölkerung der entlegenen Eilande benötigen, um dieselbe Menge an Abfall zu produzieren Das berichtet die Studie, die im Fachblatt «Scientific Reports» vorgestellt wird. Eine schockierende Nachricht, die ein neues Licht auf die Plastikmüll-Problematik wirft und zeigt, dass das Ausmass bisher völlig unterschätzt wurde.

Die Wissenschaftler um Lavers rechnen hoch: Ganze 238 Tonnen Müll sollen auf den sieben untersuchten Inseln liegen. Dabei hat das Forscherteam nur den Unrat untersucht, der sich an den Stränden und bis zu zehn Zentimeter tief im Sand verbirgt. Was noch weiter unten liegt oder an den Riffen hängt, wurde in der Studie nicht berücksichtigt.

Das Ausmass könnte also noch viel schlimmer sein. Lavers fügt an: «Unsere Schätzungen von 414 Millionen Teilen mit einem Gewicht von 238 Tonnen auf den Kokosinseln sind eher konservativ, weil wir einige Strände nicht erreichen konnten, die als besonders stark verschmutzt bekannt sind.»

Das Problem liegt tief

Die Müllberge sind so gross, dass die Einwohner der Inseln gar nicht mehr wissen, wohin damit. Geeignete Deponien gibt es vor Ort keine.

Lavers hatte bereits zuvor eine Studie mit einer anderen isolierten Insel durchgeführt. Auch dort zeigte sich die Plastik-Problematik: Damals ging es um das Eiland Henderson im Pazifik, das als unbesiedelt gilt, aber dennoch enorm verschmutzt ist. Der grösste Teil der Abfälle dort stammt jedoch aus der Fischerei und besteht aus Bojen oder Netzen.

Plastikmüll ist mittlerweile in den entlegenen Stellen der Erde angekommen. Dem effektiv entgegenzuwirken bedeutet Arbeit und eine Umstellung für unsere Konsumgesellschaft. Durch Reinigungsaktionen von freiwilligen Helfern gelingt es lediglich, den Abfall oberflächlich aus dem Strand zu entfernen. Das Problem liegt aber viel tiefer.

Wie soll der Müll unter der Oberfläche weltweit verschwinden? «Die einzig praktikable Lösung ist es, Plastikproduktion und -konsum zu reduzieren und gleichzeitig die Müllentsorgung zu verbessern. Nur so kann verhindert werden, dass das Material überhaupt erst in unsere Ozeane gelangt», erklärt Annett Finger, eine an der Studie beteiligte Wissenschaftlerin, laut «Focus». Passiere nichts, so werde sich die Lage bis 2025 weiterhin drastisch verschlimmern und der Müll sich verzehnfachen.

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