Rezept gegen Wasserverschwendung
Schweizer Erfindungen könnten das Ende des WCs bedeuten

ETH-Forscher denken unsere Toiletten und die Kanalisation neu. Denn die ist ineffizient und veraltet.
Publiziert: 13.07.2023 um 00:06 Uhr
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Aktualisiert: 13.07.2023 um 09:08 Uhr
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Silvia TschuiGesellschafts-Redaktorin

Mit verschwenderischen 9 bis 14 Litern bestem Trinkwasser verdünnen wir jedes Mal unseren Urin, wenn wir pinkeln. In Zeiten sich abzeichnender zukünftiger Wasserknappheit in der Schweiz ist dies eine nicht vertretbare Verschwendung. Oder, wie Max Maurer, Professor für Systeme in der Siedlungswasserwirtschaft an der ETH Zürich und der Eawag, sagt: «Unser konventionelles Wassermanagement ist nicht zukunftsfähig und stösst zusehends an seine Grenzen.»

Aber auch, dass unser Abwasch- und Duschwasser im gleichen «Topf» respektive Klärbecken wie unsere Ausscheidungen landet, ist ein wirtschaftlicher und ökologischer Unsinn: Wir scheiden wertvolle chemische Stoffe wie Phosphor (Urin) oder Stickstoff (Fäkalien) aus, die wir aktuell als Klärschlamm einfach verbrennen.

Diverse Forscher der ETH Zürich und der Eidgenössischen Anstalt für Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Gewässerschutz (Eawag) tüfteln deshalb unter seiner Leitung seit längerer Zeit an der Abwasserreinigung der Zukunft herum, die gleichzeitig eine Gewinnung und Weiterverwertung dieser Rohstoffe ermöglichen soll.

Bastian Etter hat die Firma Vuna gegründet. Er entwickelt dezentrale Abwasserlösungen.
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Das Zauberwort ist hierbei Dezentralisierung: Statt einzelnen grossen Klärwerken sollen Abwässer wie Grauwasser von Duschen, Waschen, Baden und Spülen, sowie Fäkalien gleich vor Ort aufbereitet werden.

Aus Urin wird Flüssigdünger

Über ein Projekt haben wir bereits einmal berichtet: «Vuna» ist eine Firma, die unter anderem dezentrale Abwasserlösungen anbietet – Gründer Bastian Etter (40) hat ein Verfahren entwickelt, das zum einen Grauwasser gleich dort, wo es entsteht, in mit Pflanzen bestückte kleine «Klärbecken» geleitet und so klärt, zum anderen werden Fäkalien mit eigens hierfür entwickelten, wasserlosen Trennklos getrennt, der Urin so gesammelt und in einer hauseigenen Anlage zu phosphorreichem Flüssigdünger weiterverarbeitet.

Fäkalien werden separat kompostiert, wobei er zu nährstoffreicher Erde wird. Natürlich ist diese Idee gewöhnungsbedürftig – es wird uns aber in Zukunft nichts anderes übrig bleiben, als unsere Wasserwirtschaft ökonomischer zu gestalten.

Nun stellt die ETH weitere Projekte vor, die bereits für wasserärmere Gegenden entwickelt wurden und die auch in der Schweiz bald Anwendung finden könnten – respektive sollten. So hat etwa Elizabeth Tilley, Professorin für Global Health Engineering (Globales Gesundheits-Ingenieurswesen) an der ETH ein Verfahren entwickelt, das Fäkalien nicht nur in Dünger, sondern auch in Biogas verwandelt.

In einer Art Gummiballon vergären darin Fäkalien, wobei methanreiches Gas entsteht, das zum Kochen und Heizen verwendbar ist – und dazu, den verbleibenden Klärschlamm so zu erwärmen, dass alle Krankheitserreger abgetötet werden und so hygienisch einwandfreier Dünger entsteht.

Dezentrale WCs für Wohnsiedlungen

Beide Konzepte wurden eigentlich für ärmere Länder entwickelt. Aber ETH-Professor Kai Udert, vom ETH-Institut für Umweltingenieurwesen, sieht auch hierzulande grosses Potenzial: «Die Konzepte, die wir vor 15 Jahren für ärmere Länder entwickelt hatten, werden nun zusehends auch für die Schweiz interessant.»

Maurer und Udert gehen davon aus, dass dezentralisierte Kleinst-Kläranlagen und Kleinanlagen für die Biogasproduktion zum Heizen und Kochen schon bald für einzelne Häuser und Siedlungen verfügbar werden. Früher oder später, je nach Gestaltungswillen und Entschlusskraft von Politik und Wirtschaft, wird also die klassische Klospülung ausgedient haben. Müssen.


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