So lebt es sich im Wohnwagen
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Dauercamper in Bad Zurzach AG:So lebt es sich auf dem Campingplatz

BLICK besucht Dauercamper im Aargau
So lebt es sich im Wohnwagen

Während einige auf dem Campingplatz nur ihre Ferien verbringen, ist er für die Dauercamper in Bad Zurzach AG noch bis Ende Oktober ein festes Zuhause. Entsprechend haben sie sich eingerichtet.
Publiziert: 07.08.2020 um 09:28 Uhr
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Aktualisiert: 18.09.2020 um 14:31 Uhr
Corine Turrini Flury

«Hey Chiara, kommst du auch mit auf den Spielplatz?», ruft ein Junge und flitzt am Wohnwagen der Familie Delli Castelli vorbei. Die achtjährige Chiara will später ihrem Gspänli auf den Spielplatz folgen. Vorher möchte sie BLICK vom Leben auf dem Campingplatz erzählen – und was ihr daran besonders gut gefällt. «Wir dürfen hier länger aufbleiben als zu Hause. Ich habe viele Spielkameraden hier und lerne immer neue Kinder kennen», erzählt die Zweitklässlerin.

Zusammen mit Mutter Sabrina Delli Castelli (39) und Schwester Melina (5) sitzt sie auf dem Gartensitzplatz vor dem Wohnwagen mit grossem Vorzelt und malt. «Mein Mann muss arbeiten und kommt erst am Wochenende wieder. Jetzt verbringe ich die letzte Ferienwoche allein mit den Mädchen hier», sagt die Mutter aus Baden-Dättwil AG. Sie hätten auch bei ihrer Wohnung zu Hause einen Gartensitzplatz, aber auf dem Campingplatz sei das Leben unkomplizierter und man helfe sich gegenseitig, erklärt die Mutter.

Leben findet an der frischen Luft statt

Seit vier Jahren hat Familie Delli Castelli einen geräumigen Wohnwagen mit Vorzelt und Sitzplatz auf dem Campingplatz in Bad Zurzach AG und verbringt vom Frühling bis Ende Oktober fast jedes Wochenende und einen grossen Teil der Ferien auf dem Campingplatz am Rheinufer.

Auf dem Campingplatz in Bad Zurzach AG leben viele Dauercamper.
Foto: CTF
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«Wir konnten den Wohnwagen mit dem Platz so von den Vorgängern übernehmen», sagt Sabrina Delli Castelli, während sie die Küche mit Essbereich und die Schlafplätze im Wohnwagen zeigt. Bei schlechtem Wetter dürfen die Mädchen auch mal einen Film im Fernsehen schauen. «Das sind aber Ausnahmen. Wir sind vor allem draussen, unternehmen oft Fahrradtouren am Rheinufer oder fahren nach Deutschland», sagt die Mutter.

An diesem Abend bleibt die Küche der Delli Castellis kalt. Die Mutter wird mit den beiden Töchtern und einer befreundeten Familie vom Campingplatz auswärts essen.

Erste Saison für Berner Camper im Aargau

Gegenüber steht der Wohnwagen von Familie Steck aus Lengnau BE. Sie waren ein paar Tage zu Hause und sind gerade erst wieder zurückgekehrt. Christine Steck (67) und Fritz Steck (69) sind seit Juni praktisch ununterbrochen auf dem Campingplatz.

Für das Rentnerpaar ist es die erste Saison in Bad Zurzach. Seit rund 40 Jahren sind sie begeisterte Camper. Bisher hatten sie ihren Wohnwagen in Gampelen am Neuenburgersee. «Dort wird in den nächsten Jahren der Campingbetrieb eingestellt, und wir wollten unseren Wohnwagen noch nicht aufgeben. So haben wir uns nach einem neuen Platz umgeschaut und wurden durch eine Bekannte hier fündig», sagt Fritz Steck.

Die Lage, die Ruhe und die freundlichen Nachbarn schätzt das Berner Ehepaar. «Man plaudert zusammen, hilft sich, wenn nötig, oder isst und trinkt auch mal etwas zusammen. Das gefällt uns», sagt die Christine Steck.

Von der Küche bis zur Dusche

Im Wohnwagen haben sich Stecks so eingerichtet, dass es ihnen an nichts fehlt. «Wir könnten auch hier bei uns duschen, aber wir nutzen die öffentlichen Duschen. Da ist mehr Platz, und es ist immer alles sauber», sagt Christine Steck, während sie BLICK durch ihren Wohnwagen und das Vorzelt führt.

«Von zu Hause nehmen wir zwischendurch frische Wäsche mit. Sonst haben wir alles hier.» Das Leben der Stecks spielt sich vor allem im Freien ab. Das fängt mit dem Frühstückskaffee auf dem Sitzplatz an und endet bei schönem Wetter gegen 23 Uhr. Küchen- und Grillchef ist auf der Parzelle der Stecks der Ehemann. «Meistens besprechen wir beim Frühstück, was wir essen wollen, machen mit unseren E-Bikes eine Tour und kaufen ein, was wir brauchen.»

Noch sitzt das Ehepaar gemütlich vor dem Zelt beim Kaffee. Bald wird sich Fritz Steck ans Kochen machen. Cervelats mit Teigwaren und Salat steht heute auf dem Menüplan.

Rentnerin mit spontanem Jobeinsatz als Platzwartin

Etwas weniger Zeit zum Entspannen hat momentan Susanne Bischoff (66), ebenfalls aus Lengnau BE. Ihr verdanken die Stecks ihren neuen Platz auf dem Areal. Weil der Platzwart des Camping- und Caravanning Club Bad Zurzach kurzfristig seine Stelle aufgab, ist die pensionierte Krankenschwester spontan eingesprungen und amtet vorübergehend als Platzwartin.

Mit Ehemann Heiri gehört sie seit fünf Jahren während der Saison zu den Dauercampern. Für rund 3000 Franken pro Jahr haben Bischoffs eine Parzelle mit zwei Sitzplätzen und Parkplatz zur Verfügung.

Im Lauf der Jahre haben sie am Wohnwagen und dem Vorzelt stetig Verbesserungen vorgenommen und ausgebaut, um sich heimisch zu fühlen. «Man hilft sich untereinander, wo man kann, und mir macht diese unerwartete neue Arbeit auf dem Campingplatz mit viel Kontakt zu allen Leuten auch Freude», erklärt die Rentnerin.

Neue Campingbesucher wegen Corona

In diesem aussergewöhnlichen Corona-Jahr seien auch viele jüngere Leute und Familien neu auf den Campingplatz gekommen. «Das gibt eine gute Durchmischung», sagt die Platzwartin ad interim. Wieder klingelt ihr Telefon, und es kündigen sich neue Camper für das Wochenende an. «Es läuft viel, aber dazwischen finde ich immer wieder Zeit, mit unserer Labradorhündin spazieren zu gehen und mich um meinen gesundheitlich stark angeschlagenen Mann zu kümmern.»

Die Natur und die Freiheit, die ihnen das unkomplizierte Leben auf dem Campingplatz mit dem nahen Schwimmbad bietet, sowie die schönen Begegnungen und das spontane Plaudern und Zusammensein mit den anderen Campern geniessen die Bischoffs ganz besonders. Da kommt auch Christine Steck kurz zum Wohnwagen der Bischoffs, erkundigt sich nach dem Gesundheitszustand von Heiri und bringt ihnen die Post von zu Hause vorbei.

Die Nachbarschaftshilfe funktioniert unter den Campern am Rheinufer. Und doch hat hier jeder sein eigenes kleines Paradies, das liebevoll gehegt und gepflegt wird. Fähnchen wehen im Wind, Wäsche wird im Garten getrocknet, ein Camper mäht seinen Rasen und giesst die Blumen in den Töpfen auf seinem Sitzplatz. Da und dort wird der Grill eingeheizt. Es riecht nach Essen.

Bei Christine Bischoff dauert die Arbeit noch etwas an. Sie macht sich wieder auf den Weg in ihr Büro, erteilt Neuankömmlingen Auskünfte an der Rezeption, gibt Tipps für Ausflüge und nimmt wieder telefonische Anfragen entgegen, bis auch sie mit ihrem Heiri und Hündin Ziva den Sommerabend auf dem Campingplatz geniessen kann.

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