Dorfbewohner bauen altes Schulhaus zu Traumhaus um
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Für bezahlbaren Wohnraum:Dorfbewohner bauen altes Schulhaus zu Traumhaus um

Gegen Abwanderung im Bergdorf
Dorfbewohner bauen altes Schulhaus zu Traumhaus um

Das leerstehende Schulhaus im Bergdorf Gimmelwald BE ist zum Zuhause von drei Familien geworden. Emil von Allmen (70) ist als Lehrersohn im Schulhaus aufgewachsen – und hat sich für den Umbau starkgemacht.
Publiziert: 19.06.2021 um 11:36 Uhr
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Aktualisiert: 21.06.2021 um 14:42 Uhr
Corine Turrini Flury

Schon seit 2010 findet kein Unterricht mehr im Schulhaus im autofreien Gimmelwald BE statt. Die Zukunft des über hundertjährigen Gebäudes war lange ungewiss. Zeitweise wurde die ehemalige Lehrerwohnung darin noch vermietet, meistens aber verwaiste das denkmalgeschützte Haus.

«Es gab verschiedene Projekte, die aber jedes Mal wieder verworfen wurden», erklärt Emil von Allmen (70), Präsident der Genossenschaft Schulhaus Gimmelwald. Damit die Liegenschaft nicht verloren geht, haben er und Gleichgesinnte die Genossenschaft gegründet und das Schulhaus gekauft.

Aufgewachsen im Schulhaus

Von Allmen ist pensionierter Bergbauer und Sohn eines Lehrers. Zusammen mit seinen fünf Geschwistern ist er im alten Schulhaus aufgewachsen. Den Unterricht besuchte er bei seinem Vater, der von 1956 bis 1985 Dorfschullehrer in Gimmelwald war.

Der pensionierte Bergbauer Emil von Allmen (70) ist als Sohn eines Lehrers in dem denkmalgeschützten Schulhaus in Gimmelwald BE aufgewachsen. Jahre später hat er es gemeinsam mit anderen umgebaut.
Foto: Fabio Schmid
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Später wurde die Schule mangels Schulkindern mehrmals umstrukturiert und die Wohnung wurde weitervermietet. Die letzten Jahre stand sie aber, bis auf eine kurze Zwischennutzung als Ferienwohnung, leer.

«Natürlich habe ich viele Kindheitserinnerungen, aber die Hauptmotivation, dass wir das Haus gekauft haben war, der Abwanderung im Bergdorf entgegenzuwirken und bezahlbaren Wohnraum zu schaffen», erzählt von Allmen im Gespräch mit Blick.

Seit November 2020 sind die drei frisch umgebauten modernen Wohnungen und das Studio vermietet. «Durch die Mieteinnahmen ist die langfristige finanzielle Tragbarkeit gewährleistet», sagt der Genossenschaftspräsident.

Wohnungen und öffentlicher Raum für die Dorfbewohner

Der Weg zum Mehrfamilienhaus war aber steinig und teuer. «Wir haben mit der Gemeinde hart verhandelt und konnten das Schulhaus für 300’000 Franken erwerben.»

Im Erdgeschoss entstand aus den beiden ehemaligen Klassenzimmern eine Wohnung und ein Studio. Darüber wurden zwei weitere Maisonette-Wohnungen erstellt. Der Raum im Untergeschoss des Schulhauses ist öffentlich und für Vereine und Anlässe der Einheimischen erhalten geblieben.

Um die Finanzierung des Umbauprojekts zu gewährleisten, hat die Genossenschaft unter anderem Stiftungen angeschrieben und ein Crowdfunding gestartet. Zudem haben viele Genossenschaftsmitglieder Anteilscheine erworben.

Damit die Kosten für das Bauvorhaben möglichst tief gehalten werden konnten, haben die Genossenschafter und viele Freiwillige auch selber kräftig angepackt.

Unerwartete Mehrkosten

Begleitet wurde der Umbau durch die Denkmalpflege. Das Untergeschoss und das Treppenhaus blieben in nahezu authentischer Form erhalten.

«Die Wärmedämmung im alten Haus war aber unzureichend und entsprach in keiner Weise den heutigen energetischen Anforderungen», so von Allmen. Fenster und Türen, sowie die Heizung und Isolierung wurden daher erneuert, sowie neue Wände und Decken gezogen.

Es war nicht die einzige Komplikation bei den Umbauarbeiten. Auch das alte Ziegeldach musste komplett erneuert werden. «Es zeigte sich, dass die ganze Statik ungenügend war, was unvorhergesehene hohe Zusatzkosten mit sich brachte.»

Auf insgesamt rund zwei Millionen Franken beliefen sich die Umbaukosten für das denkmalgeschützte Haus im Berner Oberland.

Trotz der hohen Investitionen sind von Allmen und die anderen Dorfbewohner von Gimmelwald zufrieden und auch etwas stolz auf das alte Schulhaus mit dem modernen Innenleben. «Es ist wieder ein schönes Haus und besonders freut mich, dass unter den elf Neuzuzüger auch zwei Familie mit vier Kindern als Mieter ins Haus gezogen sind.»

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