Sydney Scherteinleib (16) und Emanuela Pfister (16) zeigen ihre WG in Zürich
Bessere Rahmenbedingungen für GC-Fussballerinnen dank gratis Wohnungen

Die beiden Teenager Emanuela Pfister (16) und Sydney Schertenleib (16) leben seit Juli 2023 in ihrer ersten eigenen Wohnung in Zürich. Ganz auf sich allein gestellt sind die beiden jungen GC-Fussballerinnen aber nicht.
Publiziert: 10.09.2023 um 10:33 Uhr
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Aktualisiert: 18.10.2023 um 14:40 Uhr

Vor dem Mehrfamilienhaus am Stadtrand von Zürich-Nord parken Elektro-Smarts mit dem Logo der GC-Frauen. Im ersten Stockwerk wohnen seit rund einem Monat Emanuela Pfister (16) und Sydney Schertenleib (16) in einer Zweieinhalbzimmer-Wohnung. Turn- und Fussballschuhe im Treppenhaus verraten schon, dass hier Fussballerinnen zu Hause sind.

Alles ist sauber und ordentlich im Haushalt der beiden Teenies. «Wir haben noch etwas aufgeräumt vorher», verrät Pfister beim Besuch von Blick lachend. Noch wirkt alles etwas unpersönlich in der fertig möblierten Wohnung.

Emanuela Pfister hätte gern noch ein paar Pflanzen in der Wohnung. Einziges Grün ist eine kleine Aloe Vera auf dem Balkon. Der helle Wohn- und Essbereich mit Essplatz und Küchenzeile mit modernen Geräten ist geräumig und pflegeleicht. Genügend Platz haben die zwei auch im einzigen Badezimmer mit Dusche. Das grosszügige Schlafzimmer teilen sich die GC-Youngster.

Dieses Mehrfamilienhaus in Zürich-Nord hat Heinz Spross für die GC-Frauen gebaut. Neben den sieben Wohnungen für Spielerinnen, lebt auch ein Hausmeister in einer Wohnung im Haus und unterstützt die Fussballerinnen, wo nötig.
Foto: CTF
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Ersatzfamilie im GC-Haus

Sydney Schertenleib ist auf die neue Saison vom FCZ zu GC gewechselt. Obwohl sich die beiden GC- und Nati-Fussballerinnen vorher nicht sehr gut kannten, bis auf die gemeinsam gespielte U17 EM, verstehen sie sich gut. Beide haben sich gefreut, gemeinsam eine Wohnung von GC beziehen zu können. Es sei «cool», eine eigene Wohnung zu haben, sind sie sich einig und es erleichtere vieles.

Schertenleib besucht in Zürich das Gymnasium und lebte bei ihrer Familie in Richterswil ZH. Emanuela und hat soeben ein Praktikum in einer Kita in Bülach gestartet und war mit ihrer Familie in Tuggen SZ zu Hause. Mit dem neuen Wohnort geht für die jungen Fussballtalente weniger Wegzeit zum Training, zur Schule und zur Arbeit verloren. «Die Eltern müssen uns nicht mehr zum Training fahren und abholen. Wir können mit Mitspielerinnen im Haus nach den Trainings abends nach Hause fahren und mit dem Elektro-Roller oder dem Zug sind es auch nur noch etwa 25 Minuten zum Campus in Niederhasli», sagt Pfister.

Heimweh sei manchmal schon ein Thema. Die beiden vermissen ihre Familie und das eigene Zimmer. «GC ist aber auch fast wie eine Familie. Hier ist alles sehr familiär», findet Emanuela Pfister und Sydney Schertenleib nickt zustimmend.

Mit kostenlosen Wohnmöglichkeiten Attraktivität für Fussballerinnen steigern

Im neu erstellten Mehrfamilienhaus in Zürich sind in die sechs fertig möblierten Wohnungen alles GC-Fussballerinnen als Erstbezügerinnen eingezogen. In einer weiteren Wohnung lebt der Hausmeister, der sich auch um Anliegen der Spielerinnen kümmert und sie unterstützt, wo nötig.

Möglich machte den Neubau für die GC-Fussballerinnen Heinz Spross, Verwaltungsratspräsident der neuen GC Frauenfussball AG und Sponsor der GC-Frauen. Es ist ein weiterer Schritt von GC in Richtung Professionalisierung des Frauenteams in der höchsten Schweizer Frauenliga. «Die Wohnungen für Spielerinnen ermöglichen uns, die Rahmenbedingungen und Konditionen für unsere Fussballerinnen zu verbessern», sagt Lara Dickenmann, langjährige Rekordnationalspielerin und -torschützin, die seit dem Ende ihrer Profi-Fussballkarriere und einem Wirtschaftsstudium als Generalmanagerin bei den Grasshoppers für die Frauenabteilung angestellt ist.

Die Löhne im Schweizer Frauenfussball sind noch immer auf bescheidenem Niveau. «Es macht uns als Klub attraktiver, wenn wir Spielerinnen jetzt kostenlose Wohnungen in der Nähe des Campus anbieten können. Das hebt uns von der Konkurrenz ab», erklärt Dickenmann.

Gerade für Spielerinnen aus dem Ausland sei es für die Integration zudem einfacher und es erleichtere auch ihren Job, wenn sie auf dem ausgetrockneten Wohnungsmarkt nicht Unterkünfte für junge Talente und erfahrene Spielerinnen aus dem In- und Ausland suchen müsse.

Aus ihrer Fussballerfahrung im Ausland, unter anderem als junge Spielerin in den USA und später bei Wolfsburg und Lyon, weiss Dickenmann, wie hilfreich es ist, wenn Spielerinnen aus dem Ausland und junge Fussballerinnen unter einem Dach wohnen und sich gegenseitig unterstützen können. «Wir hatten das bei Lyon. Das hat mir vieles erleichtert und ich konnte mich besser auf den Fussball fokussieren», sagt Dickenmann. Diesen positiven Effekt erhofft man sich bei GC jetzt auch mit den Spielerinnen, die im neuen Mehrfamilienhaus leben.

Schlafen und erholen statt Party feiern

Sydney Schertenleib und Emanuela Pfister legen den Fokus klar auf Fussball. Sie streben eine Profikarriere an und hoffen, an der Heim-EM 2025 im Nati-Kader von Inka Grings zu stehen. Für Partys haben die beiden jungen und ehrgeizigen Fussballerinnen daher weder Zeit noch Lust.

Bis auf Mittwoch haben sie täglich Training und an den Wochenenden sind Matchs. An zwei Tagen pro Woche stehen beim AWSL-Team von GC sogar zwei Trainings am Tag an. «Wenn wir abends nach Hause kommen, sind wir müde und am nächsten Tag müssen wir wieder fit sein. Wir achten auf genug Schlaf», sagt Sydney, die zudem für Prüfungen büffeln muss.

Mehr Verantwortung und Hausarbeiten

Nach der ersten Euphorie über die eigene Wohnung ist bei den jungen Fussballerinnen auch etwas Ernüchterung eingekehrt. «Es gibt Arbeit, wenn man allein wohnt und es bedeutet, mehr Verantwortung zu übernehmen», sagt Emanuela. Kein Essen mehr, das abends nach dem Training von den Eltern zubereitet und serviert wird. Jetzt heisst es für Sydney und Emanuela, selber einkaufen, Wäsche waschen, Wohnung putzen und kochen.

«Wenn etwas fehlt, helfen uns die anderen im Haus aus», erzählt Sydney. Beim Kochen achten sie auf eine ausgewogene und gesunde Ernährung mit Kohlenhydraten, Fleisch, Gemüse und Früchte und vor den Spielen gibt es Pasta. Emanuela: «Es gibt aber auch mal Fastfood oder Pizza. Wir sind noch jung, da kann man nicht alles immer perfekt machen.»

Wer besser kochen kann, da sind sie sich nicht ganz einig. Was ihre Ziele angeht aber schon: Sie möchten vom Fussball leben können und hoffen, später den Sprung ins Ausland zu schaffen. Dabei werden sie von GC auf und neben dem Platz unterstützt. Ihr nächstes Ziel ist jetzt aber Spielzeit im NLA-Team der GC-Frauen und mit GC Titel zu gewinnen.

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