Fix zur Gesellschaft
Meute-Meute im Verzatschkatal

Manchmal bürgern sich falsch ausgesprochene Worte im eigenen Wortschatz ein. Und irgendwann vergisst man, dass es anders heisst.
Publiziert: 06.06.2021 um 14:37 Uhr
Alexandra Fitz

Es hat doch jeder so Wörter, die er nicht richtig aussprechen kann. Nie. Und die selbst zusammengebastelten Versionen sind schon so tief verankert im Temporallappen, dass man sie munter weiter benutzt.

Ein Freund erzählte mir unlängst von seinem lettischen Vater, der vor 45 Jahren mit seiner Familie im Bündnerland unterwegs war und fragte, wo es nach «die Sentis» gehe. Mit dieser Betonung konnte ihm keiner weiterhelfen, wo der Säntis sei, wollte keiner sagen. Erst der Dritte verstand das Ziel «Disentis!».

Auch ich habe etliche solche Wörter, die ich nicht aussprechen kann. Und ich kann es partout nicht ändern. «Pak Tschnulli!», schrie ich, und der Freund und ich mussten lachen. Das ist ein Wermut, der eigentlich Noilly Prat heisst und mit dem er ein so herrliches Gemüse zaubert. Rüebli und Sellerie andünsten und bisschen Pak Tschnulli rein! Aber das ist längst nicht alles. Bei einem Fondue-Abend bestellte ich vor allen Gspänli «Meute-Meute» bei der Bedienung. Ich bin deswegen heute noch die Lachnummer.

Beim Bäcker bei uns ums Eck heisst ein feines Brot wie ein bekanntes Tessiner Tal, ohne Tal. Mein Freund packt es fast nicht, wenn ich ihn bitte: «Kaufst du das Verzatschka-Brot?» Genau so wie es mich vertätscht, wenn meine Schwester immer sagt, sie gehe noch in den «Orell Füsseli». Umgekehrt verbäset sie's fast, wenn ich wieder mal eins zu eins etwas Deutsches ins Englische übersetze. Meine Devise: Ich übersetze mal direkt und schaue, was passiert.

Kürzlich sagte ich in einer Runde über eine Person, die nicht anwesend war: «She is not the brightest candle on the cake.» Es brach Gelächter aus, die einzig englischsprachige Person schaute mich verwirrt an. Sie hatte aber so eine Ahnung und meinte, der Ausdruck im Englischen für jemanden, der nicht gerade intelligent ist, sei, «she is not the sharpest knife in the drawer». Aber sie fände das mit der Kerze viel besser und würde fortan das sagen. Als meine Schwester wieder einmal einwarf, ich könne nicht alles eins zu eins übersetzen, sagte ich: «I know me out.» Ich kenn mich aus.

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