Frank A. Meyer – die Kolumne
Zum besseren Verständnis

Publiziert: 12.01.2020 um 11:41 Uhr
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Aktualisiert: 12.01.2020 um 17:18 Uhr
Frank A. Meyer

Was war diese Woche nicht alles zu hören! Ein Weltkrieg stehe bevor. Donald Trump habe am iranischen Pulverfass «die Lunte wieder angesteckt», wie der frühere deutsche Aussenminister Sigmar Gabriel es in einer Talkshow formulierte. Und dies alles nur wegen der «Rivalität» zwischen USA und Iran – zwei Übeltäter auf der gleichen moralischen Ebene. Der iranische General und der amerikanische Präsident, der seinen Rivalen per Drohne liquidiert – Szenen aus einem transkontinentalen Western.

Längst können die Me­dien der linksliberalgrünen Szene den Namen Trump nicht mehr schreiben, ohne ihn mit negativen Attributen und Invektiven zu versehen.

Trump – das Böse der westlichen Welt. Trump – der Fluch der internationalen Politik. Trump – ein Qassem Soleimani des US-Imperialismus.

Teherans mächtigster General war Befehlshaber der Al-Quds-Brigaden, einer Eliteeinheit der Revolutionsgarden, Hauptdrahtzieher und ­Architekt des iranischen Terrornetzwerks. Er hatte Tausende Menschenleben auf dem Gewissen, wobei der Begriff Gewissen bei diesem kalten Berufsmörder völlig unangebracht ist. Soleimanis heiliges Ziel: die Auslöschung Israels.

Die Amerikaner – der schreckliche Präsident Trump – haben Soleimani aus dem internationalen Terrorverkehr gezogen. Hätten sie das nicht tun dürfen? Vielleicht verhilft den pazifistischen Schwadroneuren, die sich jetzt zu Wort melden, der Blick auf eine Figur der finstersten Vergangenheit zu Klarsicht:

Reinhard Heydrich, SS-Obergruppenführer, General der Polizei, Leiter des Sicherheitshauptamtes, verantwortlich für die Geheime Staatspolizei Gestapo, stellvertretender Reichsprotektor von Böhmen und Mähren, wie die Nazis die besetzte Tschechoslowakei nannten. 1941 wurde er von Reichsmarschall Hermann Göring mit der «Endlösung der Judenfrage» beauftragt. Heydrich leitete 1942 in Berlin die Wannseekonferenz, bei der die Vernichtung der Juden organisatorisch in die Wege geleitet wurde.

Frühmorgens am 29. Dezember 1941 sprangen zwei Soldaten der tschechoslowakischen Exil-Armee östlich von Pilsen am Fallschirm aus einem Halifax-Bomber. Der ­britische Geheimdienst hatte die «Operation ­An­thropoid» in Gang gesetzt – die Liquidation Heydrichs. Am 27. Mai 1942 wurde das Attentat ausgeführt. Hitlers Architekt des Holocaust ­erlag am 4. Juni seinen Verletzungen.

Es folgte die Staats­trauer samt Nazi-Totenkult. Adolf Hitler pries ­Heydrich als «Blutzeugen, gefallen für die ­Erhaltung und Sicherung des Reiches».

Thomas Mann nannte Heydrichs Tötung den «natürlichsten Tod», den ein «Bluthund wie er» habe sterben können, denn «wohin dieser Mordknecht kam, floss das Blut in Strömen».

Heydrich – Soleimani der Nazis.

Was war damals anders als heute? Alles? Vieles, wie so oft in der Geschichte.

Auch Drohnen gab es noch keine.

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