Frank A. Meyer – die Kolumne
Seufz

Publiziert: 17.03.2024 um 00:08 Uhr
Frank A. Meyer

Die «Neue Zürcher Zeitung», Gewährsblatt liberaler Rationalität, bezeichnet die Wortwahl der SVP in Bezug auf ein Rahmenabkommen der Schweiz mit der EU als «rustikal». Wieso rustikal, also ländlich? Eine solche Beleidigung der bäuerlichen Bevölkerung lässt sich nur mit Ratlosigkeit erklären.

«Unterwerfung», «Knebelung», «Kolonialvertrag»: Wie soll man das Begriffsgewitter interpretieren, das die Populisten-Partei auf einen künftigen Vertrag mit Brüssel niederprasseln lässt? Eigentlich kommt man nicht darum herum, das Gezeter «dumm» zu nennen – oder man quittiert es resigniert:

«Seufz!»

Versuchen wir es andersherum: Was bedeuten die SVP-Beschimpfungen eines Rahmenvertrages mit der Europäischen Union – in der Europäischen Union? Wie kann oder wird die Spatzenhirn-Rhetorik der grössten Partei der Schweiz ausserhalb der Schweiz empfunden, aufgenommen, interpretiert? Und zwar ganz konkret, zum Beispiel in Dänemark:

Die Dänen sind nach SVP-Lesart – Schreiart – Opfer einer «Knebelung», denn ihr Land zählt zur EU. Kann ein Volk überhaupt tiefer sinken, wenn bereits ein Rahmenabkommen mit Brüssel das Ende der Freiheit bedeutet? Die naiven Dänen müssen diesen schändlichen Umstand übersehen haben, als sie sich in die Fänge der EU begaben.

Aus dem gleichen Grund lebt Portugal unter einem «Kolonialvertrag», denn was kann die EU-Verfassung anderes sein als vertraglich festgeschriebene Unterdrückung? Dabei wissen die Portugiesen sogar, worum es geht, schliesslich haben sie einst selbst als Kolonialmacht Völker diktatorisch dominiert.

Desgleichen die Holländer, die trotz «Unterwerfung» unter EU-Recht noch immer auftreten, als seien sie ganz besonders frei – aus SVP-Sicht eine völlig unverständliche Attitüde, auf irrigen Annahmen gegründet, die der Schweiz hoffentlich erspart bleiben.

Der Name dieser Hoffnung lautet SVP!

Ja, man kann sich über das Anti-EU-Wüten der Schweizer Rechtspopulisten sarkastisch amüsieren. Allerdings dürften die Nachbarländer, die mit dem schwierigen Alpenland politisch-wirtschaftlich-kulturell umgehen müssen, nicht unbedingt gleichermassen amüsiert sein.

Die Schweizer Tellensöhne – umgeben von Untertanenvölkern? Von Deutschen, Österreichern, Italienern, Franzosen und so weiter – geknechtet-geknutet-geknebelt?

Die Schweizerische Volkspartei beleidigt Millionen Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union als demokratisch unreif.

Doch ist dies nicht gerade die angemessene Beschreibung – das Schlüsselwort für die Schweizerische Volkspartei?

Unreif.

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