Freibier am Festival
Auf den Kapitalismus!

Durstige Helferinnen und Helfer trinken das Gurtenfestival an den Rand des Ruins. Halb so schlimm, findet Blick-Redaktor Peter Aeschlimann. Die Jugendlichen machten nur, was auch die Open-Air-Veranstalter tun: Ans eigene Portemonnaie denken.
Publiziert: 08:41 Uhr

Kurz zusammengefasst

  • Wer sich die teuren Tickets nicht leisten kann, wird Helferin oder Helfer
  • Dafür gibts 140 Franken pro Tag – und ein paar Softgetränke
  • Dass die Bar so zum Selbstbedienungsladen wird, ist durchaus nachvollziehbar
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
«Uf die grüene Triebe.»
Foto: Keystone
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Gut möglich, dass die eine Helferin oder der andere Helfer den Barden Büne Huber ein wenig zu wörtlich nahm, als dieser sein Rotweinglas in den Gurtenhimmel streckte und auf Berndeutsch sang: «Auf die grünen Triebe, auf die süssen Früchte in den Bäumen, auf alle grossen Pläne und alle grossen Träume, auf alle, die feiern und noch singen, auf alle, die suchen und vielleicht sogar finden …»

Da kommt ganz schön was zusammen. Eine Million Franken soll die Barcrew im Jahr davor versoffen haben, fürs Gurtenfestival seien solche Exzesse längerfristig existenzbedrohend.

Das Problem mit der Jugend ist ja: Man möchte so viel – und hat so wenig auf dem Bankkonto. Die Tickets fürs Gurtenfestival werden von Jahr zu Jahr teurer, die Bands nicht unbedingt besser. Also lassen sich die, die sich das nicht leisten können, als sogenannte Helferinnen und Helfer anstellen, sprich: als billige Arbeitskräfte.

Woodstock war gestern

Für den Einsatz an der Bar gibts 140 Franken pro Tag, pro Schicht dürfen zwei bis vier Softgetränke konsumiert werden, nach Schichtende werden zwei Drinks mit Alkohol offeriert.

Früher schleppten die Besucher ihr eigenes Bier auf den Berner Hausberg. Kistenweise. Heute darf nur noch ein Pet-Fläschli mit anderthalb Liter Inhalt aufs Gelände mitgebracht werden. Sicherheitsbedenken, macht der Veranstalter gelten – und denkt dabei ans eigene Portemonnaie.

Weshalb sollten es die Jugendlichen nicht gleichtun? Woodstock war gestern, heute herrscht an den Festivals der Kapitalismus. Und der lehrt auch Helferinnen und Helfer, dass einem nichts geschenkt wird auf dieser Welt.

Oder wie es Büne Huber am Ende seiner Konzerte zu sagen pflegt: «Häbet nech Sorg, passet uf öich uf u löht öich nüt la gfaue – nie, nie, nie!»

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