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Gorbatschows Tod, Putins Hass
Zurück in die Sowjet-Ära

Michail Gorbatschow, der letzte Präsident der Sowjetunion, verstarb am Dienstag, 30. August, im Alter von 91 Jahren. Wladimir Putins Gedenken an den Staatsmann verkommt dabei zur Farce.
Publiziert: 04.09.2022 um 11:13 Uhr
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Aktualisiert: 04.09.2022 um 11:14 Uhr
Valentin Rubin

Wladimir Putin legt einen Blumenstrauss neben den aufgebahrten Gorbatschow und schaut emotionslos in den Sarg. Ein kurzer Blick zum Foto des Verstorbenen, eine hölzerne Verneigung, eine Bekreuzigung. Dann zieht der Kreml-Herrscher davon. Zurück zum Tagesgeschäft, dem brutalen Krieg in der Ukraine.

Gorbatschow, der letzte Präsident der Sowjetunion, soll sich wenige Woche vor seinem Tod gegen diesen Krieg ausgesprochen haben. Die Mutter Ukrainerin, der Vater Russe, machte er sich stets stark für ein «gemeinsames Haus Europa».

1990 erhielt er den Friedensnobelpreis. «Gorbi» haftete nie das Image eines imperialen Gewaltherrschers an – auch wenn er selbst nicht davor zurückschreckte, Panzer in die Peripherie zu schicken, nach Georgien, Lettland oder Litauen.

Das Ende der UdSSR und des Kalten Krieges wäre ohne Gorbatschow undenkbar gewesen – für Europa eine Freude, für Putin eine Katastrophe. Dessen Krieg soll Russland nun zurück in die Sowjetzeit bringen, das wünschen auch viele Russinnen und Russen. Die belarussische Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch schrieb 2013 vom Verlangen vieler einstiger Sowjetbürger, weiter auf Gorbatschow zu schimpfen. «Weil er alles verändert hat. Das ganze 20. Jahrhundert. Nun würde hier alles so sein wie anderswo. Wie überall.»

Putin münzte den Hass auf Gorbatschow in knallharte Politik um. Und macht dessen Vermächtnis zunichte. Verbeugung und Blumen an Gorbatschows Sarg waren eine Farce. In Wahrheit hat er den Verstorbenen wohl ebenfalls beschimpft.

Am Donnerstag, 1. September, legt Wladimir Putin Blumen am offenen Sarg des verstorbenen Michail Gorbatschow nieder.
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