Instabiler Balkan
Vorsicht vor Putins zweiter Front

In Bosnien und Herzegowina droht der Landesteil Republika Srpska mit der Abspaltung. Das ist brandgefährlich für Europa. Putin könnte dort ein neues Manöver starten.
Publiziert: 27.03.2022 um 12:45 Uhr
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Aktualisiert: 27.03.2022 um 13:51 Uhr
Tobias Marti

Bosnien und Herzegowina erlebt die grösste Krise seiner Geschichte. Milorad Dodik, Führer der bosnischen Serben, droht mit der Abspaltung des Landesteils Republika Srpska. Das würde den Zerfall des seit 1992 unabhängigen Vielvölkerstaats bedeuten.

Das Parlament des bosnisch-serbischen Landesteils stimmte bereits für einen eigenen Justizrat. Nun soll eine Steuerverwaltung, sogar eine eigene Armee folgen. Für viele nicht-serbische Bosnier, die in der Truppe die Schergen des Völkermords im Bürgerkrieg sehen, wäre das ein Hohn.

Das alles ist brandgefährlich für Europa. Denn der russische Aussenminister Sergei Lawrow hat kürzlich trotz seines vollen Kriegskalenders Zeit für Milorad Dodik gefunden. Russland unterstützt seit Jahren die serbischen Separatisten in Bosnien und Herzegowina.

In Bosnien und Herzegowina droht der Landesteil Republika Srpska mit der Abspaltung.
Foto: AP
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Die Republika Srpska und Serbien haben keine Sanktionen gegen Russland ausgesprochen. Lokale Medien in der Republika Srpska produzieren bereits kriegsähnliche Propaganda. Die Welt staunte jüngst über Pro-Putin-Demos in der Region.

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Die grosse Sorge ist nun, dass Putin den Konflikt anheizt, indem er die Republika Srpska als unabhängigen Staat anerkennt – wie er es auch mit den Separatisten in der Ost- ukraine getan hat.

In Bosnien geht die Angst um, dass paramilitärische Einheiten aus Russland, etwa die Wagner-Gruppe, schon bald auf dem Balkan ihr Unwesen treiben.

Mit einer neuen Front in Europa könnte der russische Präsident vom Angriff auf die Ukraine ablenken, strategisch mehr Kontrolle auf dem Westbalkan erreichen und mit einem weiteren Krieg in Europa die Flüchtlingsströme in Richtung Westen verstärken.

Die EU-Mission Eufor hat bereits reagiert und 500 zusätzliche Soldaten nach Bosnien und Herzegowina geschickt. Auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg warnte inzwischen vor der russischen Aggression.

Aber damit ist es noch nicht getan. Entscheidend wäre, dass Nato und EU gerade jetzt eine starke Präsenz in Bosnien und Herzegowina zeigen, um jede Eskalation des Konflikts zu unterbinden.

Weitere Eufor-Truppen könnten dabei helfen, auch über einen ständigen Stützpunkt muss nachgedacht werden.

Am wichtigsten aber ist, dass die EU-Beitrittsverhandlungen mit Bosnien und Herzegowina beschleunigt werden. Das Land hat bereits 2016 seinen Antrag gestellt. Jetzt muss es schnell und unbürokratisch gehen. Und sollte der Balkanstaat dies wünschen, gehört neu auch eine Nato-Mitgliedschaft auf den Verhandlungstisch.

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