Kolumne «Alles wird gut» von Ursula von Arx
Wer Kunst braucht und wer Kohle

Corona trifft freischaffende Künstlerinnen und Künstler besonders hart. Wir können ihnen helfen, indem wir alle zu Mäzenen und Mäzeninnen werden.
Publiziert: 17.05.2021 um 06:00 Uhr
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Aktualisiert: 17.05.2021 um 06:51 Uhr
Ursula von Arx

Auch Geld ist eine Form von Liebe. Prima, dass wir diese jetzt wieder ausdrücken können, indem wir Tickets kaufen fürs Kino, für Konzerte, Museen, einen Match, für Lesungen, Festivals, indem wir rote Punkte unter ein Bild an einer Vernissage kleben – so erleben wir neue Räume, Träume, Schäume, so weiten wir unseren Blick, die Gefühle, Grenzen, den Genuss.

Ein Gewinn für alle, wenn alle nun, nachdem der kulturelle Corona-Stillstand gelockert wurde, rausgehen und zu radikal freigebigen Kunstmäzenen werden, wissend, dass das letzte Hemd eh keine Taschen hat und dass es am schönsten ist, seine Habe in sinnliche Herausforderungen und ewige Wahrheiten zu investieren, in das unbezahlbare Vergnügen eines verstörenden Gedichts, einer heiter rasenden Abfolge von Tönen, eines hinreissenden Goals, eines wahnwitzigen Einfalls.

Die Verklärung des Künstlerdaseins lassen wir besser bleiben

Der Terror des fehlenden Geldes hat die Freiheit des Geistes in den letzten Monaten arg beschränkt. Ohne Spielmöglichkeiten darbte sie, kämpft ums Überleben. Nicht nur, aber vor allem die freischaffenden Kunstschaffenden traf und trifft es besonders hart. Gerade zu ihnen müsste unsere Liebe deshalb besonders tief sein, wir sollten vor einer zweckmässigen Verklärung des Künstler- und Künstlerinnendaseins nicht zurückschrecken.

Kolumnistin Ursula von Arx warnt vor einer Verklärung des Künstlerdaseins.
Foto: Thomas Buchwalder
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Denn sie, die Freischaffenden, verkörpern ein Ideal von Freiheit. Lassen sie sich doch kaum vereinnahmen von Medienbedürfnissen, sich nicht anstellen als Gesellschaftsanimateure. Ein Freischaffender, so könnte man mit dem Lyriker Gottfried Benn sagen, «das ist wohl jemand, der etwas kühl im Menschlichen ist, der klare Worte liebt und zur Verteidigung Begriffe, scharf wie Brotmesser». Dafür bezahlt er, der Künstler, einen hohen Preis. «Sie werden allein sein», warnt Benn, «eine Nussschale auf dem Meer, eine Nussschale, auf der es zirpt mit merkwürdigen Lauten, klappert vor Kälte, zittert vor ihrem eigenen Schauern vor sich selber».

Dass ein Künstler wie eine Olive sei, die das Beste gebe, wenn sie zermalmt werde, das sagte der Schriftsteller James Joyce. Doch spätestens da sollte unsere Künstlersentimentalität gestoppt und in Neugier verwandelt werden. Ab ins Kino, Theater, Konzert, Museum, viel Spass. Alles wird gut.

Ursula von Arx freut sich auf ihren ersten Kinobesuch, sie freut sich darauf seit Monaten. Von Arx schreibt jeden zweiten Montag im Blick.

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