Kolumne von Stefan Meierhans
KI optimiert Treibstoffpreise

Viele Menschen sind nach wie vor auf benzin- oder dieselbetriebene Fahrzeuge angewiesen. Deshalb sind die Treibstoffpreise für unsere Wohlfahrt von grosser Bedeutung. Es muss möglich sein, dass die Kundinnen und Kunden zuverlässig wissen, wo sie günstig tanken können.
Publiziert: 12.06.2023 um 16:06 Uhr
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Aktualisiert: 12.06.2023 um 16:30 Uhr
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Stefan MeierhansPreisüberwacher

Es ist Bewegung in der Sache: Heute vor einem Jahr war die einzige sichere Möglichkeit, seinen «Most» zu einem guten Preis zu kaufen: Tankstellen abfahren. Ein ökologischer und meist auch ökonomischer Unsinn. Nun sind wir einen Schritt weiter: Nachdem ich letztes Frühjahr eine Preisvergleichs-App zur Intensivierung des Wettbewerbs vorgeschlagen habe, dauerte es nur wenige Monate, bis der TCS seinen Benzin-Preis Radar lanciert hatte.

Der Bedarf war offensichtlich gross. Seitdem ist die App, die voraussetzt, dass Kundinnen und Kunden die Preise ihrer Tankstellen erfassen, im Einsatz. Hundertprozentig sicher sind die Angaben der App nicht, manche Daten sind Wochen oder sogar Monate alt, es sind auch nicht alle Tankstellen gelistet. Aber man kann Tendenzen sehen, welche Tankstellen im Verlauf der Zeit eher günstig sind. Das ist besser als nichts.

KI ist schon testweise im Einsatz

Die Frage ist: Sind wir auf diese Art gut für die Zukunft gerüstet? Ich bezweifle es. Denn im Tankstellen-Geschäft ist die künstliche Intelligenz (KI) angekommen. Das heisst: Die Tankstellenbetreiber optimieren ihre Verkaufspreise zunehmend mittels Preisalgorithmen, die auf KI beruhen. Da dürfen wir nicht blauäugig sein: Preisoptimierung heisst Gewinnmaximierung. Bei Migrol sind solche Systeme schon testweise im Einsatz. Wie lange wird es wohl dauern, bis der Rest der Branche nachzieht? Ich kann es ihnen nicht sagen, aber die Entwicklungen in anderen Ländern legen den Schluss nahe, dass es nicht lange dauern wird.

Der Einsatz von KI-gestützten Preisalgorithmen ist zumindest bisher nicht verboten. Deshalb ist es mir ein Anliegen, dass die Kundinnen und Kunden gute Werkzeuge zur Verfügung haben, dieser Entwicklung zu begegnen. Eine Preisvergleichs-App wäre sehr gut dafür geeignet, aber die Daten müssten vollständig und jederzeit verlässlich sein. Die Erfahrungen anderer Länder zeigen, dass sich die Preise mehrmals täglich ändern, wenn sie von Preisalgorithmen optimiert und festgesetzt werden.

Das «Kunden sammeln Preise für Kunden»-Modell wird diesem erhöhten Takt nicht standhalten können. Preisoptimierung mittels KI heisst, dass alle möglichen Daten über unser Verhalten gesammelt und ausgewertet werden. Ziel ist dabei die Gewinnmaximierung mittels Ausbeutung von unseren Informationsdefiziten und unserer beschränkten Rationalität. Für uns heisst das: Je besser wir informiert sind, desto besser sind wir geschützt.

Österreich macht es vor

In Österreich gibt es eine Vergleichsplattform, die alle Tankstellen des Landes erfasst. Alle Tankstellen sind verpflichtet, Preiserhöhungen und -senkungen unmittelbar zu melden. In der Preisvergleichs-App werden nur die mit den niedrigsten Preisen angezeigt, was verhindert, dass ein günstiger Anbieter seine Preise an die des teureren Nachbarn anpasst. In anderen Worten: Die österreichischen Konsumentinnen und Konsumenten haben jederzeit vollständige und korrekte Preisdaten in Echtzeit zur Verfügung. Damit sind sie vor Ausbeutung durch gewinnmaximierende Preisalgorithmen besser geschützt.

Es gibt noch einen weiteren Vorteil: Wenn es die Maschinen übertreiben würden und es zu problematischen Entwicklungen käme, dann könnte man das mit dieser Datenqualität viel besser erkennen und nötigenfalls intervenieren. Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn die Preisalgorithmen dazu übergingen, den Wettbewerb durch stillschweigende Abreden auszuhebeln. Im Ausland wurden derartige Fälle bereits beobachtet. Ich bin der Meinung, dass wir gut beraten wären, wenn wir unsere Instrumente ähnlich zukunftstauglich ausgestalten würden wie dies in Österreich der Fall ist.

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