Baustart der Pantanal-Voliere im Zoo Zürich
Warum es einen Flamingo-Shuttle-Service brauchte

Der Baustart der Pantanal-Voliere, eines grossen Feuchtgebiets, fordert nicht nur die Tiere im Zürcher Zoo, sondern auch die Mitarbeitenden. Zoodirektor Severin Dressen berichtet von kniffliger Organisation und schwierigen Entscheiden.
Publiziert: 27.03.2024 um 06:00 Uhr
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Aktualisiert: 27.03.2024 um 07:48 Uhr
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Severin DressenDirektor des Zoo Zürich

Die Bauarbeiten für unser nächstes Grossprojekt, die Pantanal-Voliere, haben begonnen. Damit geht eine stressige Phase für die Kuratorinnen und Kuratoren zu Ende. Sie mussten alle Tiere aus dem Baubereich schaffen. Das betraf Hunderte Tiere – von Vögeln über verschiedene Affenarten bis zu Capybaras, Hirschen und Tapiren. Wahrlich kein einfacher Job.

Grundsätzlich gilt es zu unterscheiden, ob eine Tierart in einem sogenannten Europäischen Erhaltungszuchtprogramm (EEP) organisiert ist oder nicht. Dieses hat den Zweck, eine gesunde, sich selbst erhaltende Population dieser Art sicherzustellen und so zum Erhalt der Tierart beizutragen.

Daher übernimmt pro EEP ein Mensch in einem der wissenschaftlichen Zoos in Europa die Verantwortung und koordiniert die Zucht. Dieser Mensch bestimmt, welcher Zoo welche Tiere dieser Art hält, welche Zoos züchten und wohin diese abgegeben werden.

Während des Baus müssen einige Tiere vorübergehend umziehen.
Foto: Enzo Franchini
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So haben wir die Abgabeplätze für unsere EEP-Tiere nicht selbst gesucht, sondern diese Verantwortung den jeweils zuständigen Koordinatorinnen übertragen.

Bei Tieren ohne Erhaltungszuchtprogramm ist dies Aufgabe unserer Kuratoren. Sobald ein passender Zoo gefunden ist, beginnt ein komplexer Prozess der Tiertransportorganisation. Die Tiere werden untersucht und notwendige Tests durchgeführt.

Nur wenige Firmen in Europa sind auf den Transport lebender Wildtiere spezialisiert. Bei internationalen Transporten und solchen von gefährdeten Tierarten sind zahlreiche Formulare und Bescheinigungen einzuholen. Ist der Papierkram erledigt, können die Tiere reisen.

In den letzten Wochen haben uns fast täglich Tiere in andere Zoos auf dem ganzen Kontinent verlassen. Bei einigen wenigen Tieren haben wir in Abstimmung mit dem EEP entschieden, das Tier einzuschläfern.

So zum Beispiel bei unserem Tapirmännchen. Seine Gene sind in der EEP-Population so stark vertreten, dass es in der Vergangenheit sterilisiert wurde. Zudem ist es mit 22 Jahren bereits ein altes Tier.

Es kann nicht mehr für den Fortbestand der Population in Zoos und somit für den Schutz der gefährdeten Tierart eingesetzt werden. In einem anderen Zoo würde es einen Platz für genetisch bedeutsamere Tiere besetzen. Daher der schwere, aber richtige Entschluss, das Tier einzuschläfern.

Deutlich erfreulicher waren die Umzüge der Tiere, die bei uns im Zoo geblieben sind. So zügelten die Gelbbrustkapuziner in ihre neue Anlage im Menschenaffenhaus, die Leierhirsche wurden mit unseren Asiatischen Elefanten vergesellschaftet, zahlreiche Wasservögel und unsere Chileflamingos zogen auf die Vogelwiese.

Damit sich der Stress für die Flamingos beim Umzug in Grenzen hielt, wurden sie jeweils einzeln von unseren Tierpflegerinnen und Tierpflegern gegriffen und von der alten in die neue Anlage getragen. Die schnellste und damit stressärmste Transportmöglichkeit, aber auch ein tolles Bild, 19 Mitarbeitende als Flamingo-Shuttle-Service beobachten zu dürfen.

Die Flamingos haben sich innert weniger Tage gut eingelebt und bereits die Nisthügel inspiziert. Von dort lässt sich aus sicherer Entfernung die Baustelle im Pantanal beobachten. Dort rollen nämlich jetzt die Bagger.

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